Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hände weg vom Abendschatten!

Hände weg vom Abendschatten!

Titel: Hände weg vom Abendschatten!
Autoren: Lene Mayer-Skumanz
Vom Netzwerk:
schlecht“, antwortete Michi. „Sie können sich ja denken, was für einen Krach es gegeben hat. Der Hans hat herausbekommen, dass ich bei Ihnen ein- und ausgehe, und dann gab es einen anonymen Anruf beim Vorgesetzten meines Vaters.“ Tante Mona nickte bekümmert, Theodor winselte kurz und legte sich quer über Michis Turnschuhe.
    „Aber mein Bruder versteht mich“, sagte Michi. „Er hält zu mir und hat mir geholfen... ich habe nämlich... sie liegen draußen vor der Tür, und sie sind ziemlich schwer...“ Sein Gesicht rötete sich so stark, dass die Sommersprossen völlig verschwanden.
    „Mensch, du willst doch nicht sagen, dass du —“
    „Doch, Frau Veith. Es sind Stücke von zwei Bohrkernen. Wissbegierigen Kindern gegenüber sind die Arbeiter nicht so misstrauisch...“
    Tante Mona holte die Bohrkerne herein. Sie klopfte Michi auf die Schulter. „Danke“, sagte sie. „Danke! Die untersuche ich noch heute Nacht, damit ich die Erkenntnisse einarbeiten kann.“ Schnell legte sie einen Plan auf den Tisch. „Zeigst du mir die Stellen, wo gebohrt wurde? Und du, Markus, gießt du Tee auf? Das Wasser wird schon brodeln wie verrückt.“
    Markus hängte drei Beutel Hagebuttentee in die Kanne und goss das kochend heiße Wasser darüber. Er fühlte sich flau im Magen. Irgendetwas musste er Michi nun sagen, aber was und wie?
    Er trug das Tablett mit Kanne und Tassen ins Zimmer.
    „Ist es ein beruhigender Tee?“, fragte Michi. „Es gibt da nämlich noch etwas zu berichten, Frau Veith, aber das wird Ihnen nicht gefallen.“
    „Los!“
    „Mein Bruder, dem hab ich alles erzählt... Und er hat zu grübeln angefangen. Er hat sich vorsichtig umgehört. Die großen Betonrohre, die derzeit zur Ableitung des Bruchwassers verlegt werden, stammen aus Luxemburg und haben einen Durchmesser von 2 Metern und 14 Zentimetern, und mein Bruder —“
    „Moment“, sagte Tante Mona. „Die Rohre werden schon verlegt?“
    „Ein Großteil ist schon unter der Erde. Und mein Bruder, der trainiert nicht nur die Ruderer, er ist überhaupt ein guter Sportler. Er hat auch eine Tauchausrüstung. Und er ist auf einen ganz abwegigen Gedanken gekommen... Also: Er und sein Freund haben das Rheinufer abgesucht, dort, wo das neue Bootshaus steht, das die Morthand dem Verein gebaut hat. — Mögen Sie nicht doch noch eine Tasse Tee, Frau Veith?“
    „Ja, schenk mir ein“, keuchte Tante Mona.
    „Genau unter dem Bootssteg mündet ein Luxemburger Rohr mit dem Abbruchwasser in den Rhein. Ein schönes Versteck, nicht?“
    „Sie haben alles für die Erweiterung des Steinbruchs vorbereitet, heimlich“, sagte Tante Mona überraschend ruhig, doch ihre Hände zitterten, und Tee schwappte über den Rand ihrer Tasse. „Und sie sind sich völlig sicher, dass sie von den Politikern die Bewilligung bekommen. Es existiert eine geheime Absprache. Für sie ist die Sache gelaufen. — Ich werde mich mit meinem Einspruch beeilen. Und wenn unsere Politiker nicht hören wollen, schicken wir die Unterlagen an den Europäischen Gerichtshof in Den Haag!“
    „Und dann gibt’s ein Happyend für die Bornheimer Höhe?“, fragte Markus.
    „Das kann ich euch nicht versprechen“, sagte Tante Mona. „Nur in Kriminalromanen werden alle Täter gefasst und alle Fälle gelöst.“
    Theodor knurrte.
    Markus bückte sich, streichelte den Dackel, der noch immer auf Michis Turnschuhen ruhte, und murmelte: „Bist ein ganz gescheiter Hund. Hast die ganze Zeit gewusst, dass der Michi kein Verräter, sondern ein anständiger Kerl ist und ein guter Detektiv!“
    Michi grinste. Tante Mona lächelte. Theodor wedelte knapp. Markus dachte an Marie-Theres. „Morgen erzähle ich ihr alles. Ich — ich meine natürlich Marie-Theres. Ihr wird bestimmt etwas Schlaues für dich einfallen“, sagte er zu Michi. „Zum Beispiel, dass wir ab morgen jeden Nachmittag in dein Brombeerversteck kommen und mit dir wiederholen, was wir am Vormittag bei Tante Mona geübt haben. So umgehst du das Verbot deiner Eltern, mit der so genannten Arbeitsplatzvernichterin zu verkehren, und Tante Mona kann in Ruhe ihren Einspruch ausarbeiten.“
    „Allein die Plage, das ganze Zeug sauber abzutippen“, stöhnte Tante Mona. „Sauberes Tippen ist leider gar nicht mein Fall.“ Markus nickte mitfühlend. Im Stillen nahm er sich vor, gleich am nächsten Morgen mit seinen Eltern zu telefonieren. Wenn sie den Elsass-Urlaub vielleicht um zwei Tage abkürzten, konnte die Mutter auf ihre rasante und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher