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Hände weg vom Abendschatten!

Hände weg vom Abendschatten!

Titel: Hände weg vom Abendschatten!
Autoren: Lene Mayer-Skumanz
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Gabeln auf dem Tisch. „Der Hans braucht nicht alles zu wissen.“
    Marie-Theres zog Markus zum Händewaschen ins Badezimmer. „Lass mich der Tante Mona die Neuigkeiten erzählen“, wisperte sie. „Ich schaff es vielleicht schonender als du.“
    So erfuhr Tante Mona, als sie kurze Zeit später mit den Kindern beim Essen saß, dass man von einem bestimmten Punkt der Bornheimer Höhe aus gewaltig große Betonrohre sehen könne, die auf dem Gelände des Zementwerks gelagert seien. Dass es außerhalb des Steinbruchs neue Erdbewegungen und Zäune gebe, die von Hundeführern überwacht würden, und dass die Firma Morthand den blödesten Jungen rheinaufwärts und — abwärts dafür bezahle, die Spaziergänger auf der Höhe zu zählen. Von irgendwelchen Rettungsaktionen am Rand des Trockentals und anderen kniffligen Situationen erfuhr Tante Mona nichts.
    „Von der Zählung hab ich der Frau Veith schon berichtet!“, warf Michi ein. „Ich hab auf dem Rückweg noch fünf andere Leute getroffen, die ebenfalls gezählt haben.“
    „Eine Zählung am heutigen Tag ist allerdings sehr schlau“, sagte Tante Mona grimmig. „So will die Firma beweisen, dass unser Landschafts-Schutzgebiet keinesfalls so häufig besucht und genützt wird, wie es die Bürgerinitiative behauptet. — Was aber nun diese Rohre betrifft —“
    „Rohre von mindestens zwei Metern Durchmesser, schätzomativ “, murmelte Marie-Theres.
    „Bisher brauchte man für das ablaufende Wasser nur 70cm-Rohre! Wenn deine Angaben stimmen, Marie-Theres, dann wollen die Burschen das aus dem geplanten Erweiterungsbruch zulaufende Grundwasser in diesen riesigen Rohren in den Rhein leiten! Dabei ist die Genehmigung für diese Erweiterung ja noch gar nicht erteilt! — Hm, wenn ich das alles nur nachprüfen könnte!“ Nachdenklich zerstampfte Tante Mona das köstliche Gemüse auf ihrem Teller zu einem unansehnlichen Brei. „Wenn ich alle Daten beisammen habe, will ich ganz offiziell, als Bürgerin dieser Stadt, als Monika Veith, einen Bericht an die Stadtverwaltung schicken — genauer: an unser Stadtplanungsamt — und Einspruch erheben gegen die massiven Eingriffe in den Bornheimer Höhenzug. Ich werde staatliche Bohrungen, Nachuntersuchungen und Kontrollen fordern. Huch! Mein Tag müsste sechzig Stunden lang sein, und ich brauchte die Kraft einer Zwanzig- bis Dreißigjährigen!“
    Theodor erhob sich von Michis Turnschuhen und wechselte zu Tante Monas roten Pantoffeln. „Ja, ja, Theodor, du willst mich trösten...“
    „Und ein bisschen haben Sie doch auch uns!“, flüsterte Michi. „Stimmt“, murmelte Tante Mona. „Das sag ich mir dauernd vor, wenn ich verzagt bin. Ich will verhüten, dass man euch eine zerstörte Umwelt hinterlässt... Aber jetzt probiert diesen Pudding mit meiner Apfel-Holler-Soße!“
    In das Klirren und Schaben der Kompottlöffel hinein fragte Markus: „Du kennst diesen dünnen Blonden, den Hans mit seiner Stricherl -Liste, Tante Mona?“
    „Och, ja... Der ist hier in eine Integrationsklasse gegangen. Ab und zu hab ich ihm ein wenig bei den Hausaufgaben geholfen. Er hat’s nicht leicht. Auch zu Hause nicht. Ich kann mir vorstellen, dass er stolz ist, einen Ferienjob zu haben. — So. Und was habt ihr für den Nachmittag vor? Stadtfest? Schwimmen?“
    „Ruderclub“, sagte Michi, warf einen Blick auf seine Armbanduhr und gickste vor Schreck. „Tschüss rundherum. Danke, Frau Veith. Bis morgen dann. Ich bin eine Staubwolke.“
    Theodor erhob sich gähnend und begleitete Michi bis zur Tür.
    Marie-Theres betrachtete sich im Spiegel und entschied, dass ein T-Shirt mit Gras- und Lehmflecken nicht stadtfestreif sei. „Leihst du mir einen Bademantel, Tante Mona, und hältst du mich noch zwei Stunden bei dir aus? Markus, ich nehme an, dass heute du beim Tischabräumen hilfst...“ Damit verschwand sie im Badezimmer, wo man sie prusten und pritscheln hörte. Als sie wieder erschien, trug sie einen mohnroten Frotteemantel, der dreimal um ihre zarte Gestalt gewickelt war. „Ich häng mein nasses Zeug schnell in die Sonne, Tante Mona, ja? Und dann zeig ich dir auf deiner Karte, wo diese neue Absperrung ist, ja?“ Tante Mona breitete Pläne und Karten auf dem Teppich aus. Mit einem gewissen Respekt beobachtete Markus, wie zielsicher Marie-Theres ihren Zeigefinger auf eine schraffierte Fläche stupste. „ Flier , hier führt die Schneise durch den Weingarten...“
    Tante Mona verglich den Plan mit ihren Aufzeichnungen. „In meiner
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