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Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Titel: Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Sonnenlicht und Sommermorgen
    Seit er die schöne Fremde im Park des benachbarten Schlosses gesehen hatte, war Gero Graf Greiffenclau wie verzaubert. Jeden Morgen ritt er durch den Wald zu dem Hügel, von dem aus er den Park überblicken konnte, um mit klopfendem Herzen auf das Erscheinen der Schönen zu warten.
    Graf Gero band sein Pferd fest und verbarg sich hinter einem dicken Baumstamm. Im selben Augenblick trat eine zierliche Gestalt durch die Terrassentür des Schlosses. Das Sonnenlicht ließ das blonde Haar wie gesponnene Seide schimmern. Das schlichte weiße Kleid betonte die Schönheit, das Mädchen sah aus wie eine Prinzessin. Graf Gero hob sein Fernglas an die Augen. Sein Herz pochte in einem unregelmäßigen Rhythmus. Die junge Frau lief die Treppe hinunter zum Park. Ihr Gang war leicht und sie schien zu schweben.
    Graf Gero atmete tief durch und in seinem Herzen tanzte die Freude.
    »Mir wird übel«, sagte ich und ließ das Buch sinken. » In seinem Herzen tanzte die Freude ... Ich lach mich schlapp. Wer zum Teufel liest denn so einen Mist?«
    »Die Frau hat Millionenauflagen«, meinte Peter Jansen. »Sie verdient eine Menge Geld mit dem Mist und sie hat sich vor ein paar Monaten am Rand von Bierstadt ein Haus gekauft.«
    »Was kann ich dafür?«, maulte ich.
    »Grappa«, sagte mein Chef, »auch wenn es dir nicht passt: Ich habe für die Wochenendausgabe einen Bericht eingeplant. Von dir. Über Lilo von Berghofen, die Königin des Groschenromans. Ganz nah dran und ganz warm geschrieben. Sozusagen von Frau zu Frau.«
    »Schick die Kultur-Tussi hin«, schlug ich vor. »Die glaubt noch an Märchenprinzen auf dem Schimmel.«
    »Du etwa nicht?« Peter Jansen griff sich das Buch, das aufgeschlagen auf meinem Schreibtisch lag. »Ich weiß gar nicht, was du hast«, grinste er. »Ist doch wunderbar geschrieben. Hör mal zu: Rosalind trug ein verspieltes Sommerkleid aus weißer Seide mit großen blassblauen Blumen. Ihre Füße steckten in zierlichen weißen Schuhen. Ihr langes Haar war am Hinterkopf mit einem kornblumenblauen Samtband zusammengefasst und fiel in weichen Locken auf ihre Schultern. Sie war so reizend anzusehen, dass Graf Gero regungslos dasaß und den Blick nicht von ihr wenden konnte. Das ist doch großes Kino!«
    »Die Kerle fallen auch immer auf den gleichen Typ rein«, stellte ich fest. »Blond, blauäugig und elfenhaft.«
    »Wieso? Ist doch schön. Warum trägst du im Sommer nicht mal so ein schönes Kleid, Grappa? Mit blassblauen Blumen drauf. Würde dir bestimmt prima stehen – genauso wie die Schleife im Haar.«
    »Mach ich gern«, entgegnete ich. »Aber erst, wenn du als Gero mit einem Gaul um die Ecke biegst.«
    War ich wirklich schon so tief gesunken, Artikel für die bunten Seiten des Bierstädter Tageblattes produzieren zu müssen? Mit einer warm formulierten Homestory über eine Frau, die Bücher schrieb, von denen ich mich stets ferngehalten hatte: Groschenromanen. Die meisten glaubten ja, dass Groschenromane so hießen, weil sie – billig zusammengeheftet – nur ein paar Groschen kosteten. Doch die Erklärung war eine andere: Sie waren für die geschrieben, bei denen die Groschen normalerweise langsamer fielen.
    Er sah die Tränen, die wie weiße Perlen über ihr Gesicht liefen und im Mieder versickerten. Graf Gero zog mit dem Finger die Spur der Tränen nach. »Nicht weinen«, sagte er, »bitte nicht weinen.«
    »Also?«, hakte mein Chef nach.
    Ich sagte nichts und schmollte.
    Jansens Wunsch war klar und ich hatte keine andere Geschichte in Arbeit. Also ran, dachte ich, kein Job ist zu schmutzig und du kriegst schließlich Geld dafür. Reiße ich Lilo von Berghofen die hässliche Maske der Profitgier vom Gesicht und öffne den Leserinnen unserer Zeitung die Augen für die Wirklichkeiten dieser Welt, in der Graf Gero genauso wenig herumgaloppiert wie Rosalind schmachtet. Zeige ich der Menschheit, dass Bierstadt keine Ähnlichkeit mit benebelten Hügeln im schottischen Hochmoor hat.
    Grimmig gab ich den Namen der Autorin in die Suchmaschine ein und erntete etwa hunderttausend Verweise auf Dokumente. Erschrocken klickte ich zurück auf die Homepage unserer Zeitung und ging in die Redaktionsküche, um mir erst mal einen Kaffee zu holen.
    Dort brannte gerade ein Kaffeerest an der Glaskanne fest. Ich entschloss mich, das Verlagshaus vor einem verheerenden Großbrand zu retten, und schuf mit einem Lappen Ordnung.
    »Grappa, du bist ja eine richtige Super-Hausfrau!«
    Simon Harras, der
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