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H2O

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Titel: H2O
Autoren: Patric Nottret
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Schirmmütze stand in weißen Lettern »Abyss Foundation«. Er blieb vor dem Besucher stehen und musterte ihn unbeeindruckt.
    »Die Polizei ... Na, so was! Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
    »Den würde ich bekommen.«
    »Und Sie sind Monsieur ...«
    »Sénéchal. Inspektor Sénéchal.«
    Der Mann streckte ihm die gebräunte Hand entgegen. Der Druck war fest. Ein wettergegerbtes Gesicht, die Nase gerade, die Augen hell. Sénéchal schätzte ihn auf gut vierzig.
    »Ich bin Hans Ziegler. Willkommen an Bord, Monsieur Sénéchal. Entschuldigen Sie meine Förmlichkeit.« Er schmunzelte. »Aber das ist normal, ich bin schließlich Schweizer. Förmlichkeiten sind sozusagen in unserer Verfassung verankert.«
    Sénéchal reichte ihm seinen Ausweis. Der Mann hielt ihn mit ausgestrecktem Arm von sich, was auf starke Weitsichtigkeit schließen ließ.
    »Abteilung zur Verfolgung von Umweltdelikten. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf ... Wie interessant. Eigentlich sind wir ja in derselben Branche tätig ... Auch wir kümmern uns um die Umwelt.«
    Der Mann hatte einen stark ausgeprägten deutschen Akzent und stockte leicht bei den Nasallauten. Er gab dem Umweltinspektor seinen Ausweis zurück.
    »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Ach, reine Routinesache. Ich sammle Informationen für das Ministerium.« Sénéchal machte eine vage Handbewegung. »Nichts Besonderes. Sie sind also eine Art private Forschungsgesellschaft?«
    »Unsere Arbeit geht etwas weiter. Eines der Ziele der Abyss Foundation ist es, neue Tier- und Pflanzenarten zu entdecken, zu klassifizieren und zu studieren.«
    »Und finden Sie oft welche?«
    »Ich würde sagen ... immer mal wieder.«
    Plötzlich schien Sénéchal jegliches Interesse an dem Gespräch verloren zu haben.
    »Darf ich mir mal Ihr Tauchboot ansehen? Diese Dinger haben mich schon immer fasziniert.«
    »Aber bitte sehr. Snoop macht alle Besucher neugierig.«
    »Snoop?«
    »Das ist sein Spitzname.«
    Das Tauchboot schwankte im Wind, der die Wasseroberfläche kräuselte. Es war mit Scheinwerfern, Sonden und Bogenlampen gespickt.
    Sénéchal setzte seine Halbbrille auf, beugte sich vor und betrachtete aufmerksam das Gefährt. Er studierte die vorderen und hinteren Steuerhebel. Auf dem Armaturenbrett bemerkte er ein diskretes Symbol in Form einer roten vierflügeligen Schraube. Die schwarzen hydraulischen Greifarme, die bei Unterwassereinsätzen ausgefahren wurden, waren jetzt friedlich unter dem Gefährt gefaltet wie die Beine eines schlafenden Skorpions.
    Der Schweizer, stets in der Rolle des leutseligen Führers, trat einen Schritt näher. An seinem Handgelenk bemerkte Sénéchal, wie bei einem begüterten helvetischen Staatsbürger nicht anders zu erwarten, eine wasserdichte goldene Uhr.
    »In solchen Tauchbooten gibt es vorne eine Fischfalle und einen biologischen Behälter, um Kleintiere oder Plankton aufzunehmen. Momentan testen wir neue Lampen ... eigentlich Filmscheinwerfer, um die Sicht in der Tiefe zu verbessern. Die Ergebnisse sind noch nicht berauschend. Und diese niedlichen Zangen hier könnten Ihnen durchaus den Arm abzwicken.«
    Eine am Bug befestigte, etwa drei Meter lange Stange weckte die Aufmerksamkeit des Umweltinspektors. An ihrem Ende befand sich eine Art Miniaturfernsehantenne. Er wandte sich zu dem Schweizer um.
    »Und dieses Ding da?«
    Ziegler zögerte.
    »Mit ihrer Hilfe können wir verschiedene Parameter des Wassers messen.«
    »Des Wassers?«
    »Ja, zum Beispiel die Salzkonzentration und, ähm ... den Trübungsgrad. Um ehrlich zu sein, ich bin kein Fachmann ...«
    »Ich dachte, Sie wären Forscher?«
    Der Schweizer verzog den Mund zu einem breiten Grinsen.
    »Mein Forschungsdrang beschränkt sich auf das Streben nach Profit. Ich bin eher Geschäftsmann ... Gewissermaßen erblich belastet. Ich glaube, dass eine Menge Gene automatisch weitergegeben werden und dass daher alle Zieglers von Geburt an über einen ausgeprägten Geschäftssinn verfügen.«
    »Und wie äußert sich das in diesem Zusammenhang?«
    »Das Schiff und ein Großteil der Instrumente an Bord gehören mir. Ich stelle sie der Abyss Foundation zur Verfügung.«
    »Eine Art Sponsoring, Monsieur Ziegler?«
    Der Schweizer kicherte.
    »Euch Franzosen fällt es immer schwer zu glauben, dass beide Konzepte zusammenpassen.«
    »Welche Konzepte?«
    »Nun, die Forschung und das Geld ... Wir Schweizer schämen uns nicht dafür. Zweifellos eine Frage der Kultur.
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