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H2O

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Titel: H2O
Autoren: Patric Nottret
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lediglich den Schluss ziehen, dass man mit einer Kriegswaffe ein kleines Schiff in die Luft gesprengt hat, das mit Totenköpfen versehene Kanister beförderte. Eine verabscheuungswürdige Manie ... Und dass es mindestens ein Opfer gab.«

7
 
 
 
    »Mich ziehen Kanister mit Totenkopf geradezu magisch an. Das ist, wie soll ich sagen, ein Relikt meiner kindlichen Leidenschaft für Piratenfilme.«
    Vannier, Dienststellenleiter der Gendarmerie, warf einen verärgerten Blick auf Sénéchal, der ihm gegenüber am Schreibtisch saß. Er drehte und wendete noch einmal die mit der Trikolore versehene Karte, auf der »Fraudes et Délits sur l'Environnement« zu lesen war, dazu die offensichtlich echten Stempel der drei übergeordneten Ministerien: Gesundheit, Inneres und Umwelt. Selbst das daraufgeklebte Foto des Inspektors reizte ihn. Erneut musterte er den Hünen mit den Hosenträgern. Dann legte er langsam die Karte neben sich, ohne Anstalten zu machen, sie ihrem Besitzer zurückzugeben.
    »FREDE ... kenne ich nicht. Ihre Dienststelle ist wohl mehr oder weniger geheim, Monsieur ähm ...«
    Er beugte seine kantige Technokraten-Visage über die Karte, als suche er aus dieser Perspektive eine mit Geheimtinte geschriebene Beleidigung zu entziffern. Mit verkniffenem Mund las er:
    »Monsieur Sénéchal ...«
    Sénéchal strich zerstreut eine Falte in seiner beigefarbenen Hose glatt und hob dann mit leicht belehrender Geste seine große Pranke.
    »Oh, wir sind in gewisser Hinsicht Ordensritter, verschanzt hinter uneinnehmbaren Mauern.«
    »Ach ja?«
    »Und sicherlich auch zu schlecht bezahlt, um auf hilfsbereite Kollegen hoffen zu dürfen. Tapfere Männer von echtem Schrot und Korn, wie in der guten alten Zeit. Und natürlich sind wir allzeit bereit, verstehen Sie, Monsieur Vannier?«
    »Und Ihre Aufgabe ist tatsächlich der Umweltschutz? Aber diese Frage ist vielleicht indiskret.«
    »Wussten Sie, dass tagtäglich zwischen fünfzig und dreihundert Pflanzen- und Tierarten aussterben? Dass die Menschen an den Tieren einen wahren Genozid verüben? Haben Sie nicht manchmal den Eindruck, die Menschheit hätte beschlossen, der Natur ein für alle Mal den Garaus zu machen?«
    »Sicher, sicher. Aber mir ist nicht ganz klar, warum sich Ihre Abteilung, ähm, für die Verfolgung von Umweltdelikten für dieses gesunkene Boot interessiert. Bestimmt handelt es sich um eine Schmugglergeschichte, hier gibt es etliche Typen, die mit Barkassen aus Madagaskar kommen und ...«
    »Dieses Boot, das Kanister geladen hatte, die a priori Toxine enthielten, ist genau in jenem Sektor explodiert, der mich außerordentlich interessiert.«
    »Ach ja?«
    Der Umweltinspektor bedachte sein Gegenüber mit dem durchdringenden Blick eines Nachtvogels.
    »Monsieur Vannier, mir wurde berichtet, dass in Ihrem Hoheitsgebiet eine äußerst seltene und streng geschützte Tierart vorkommt, die all unsere wohlwollende Aufmerksamkeit verdient. Noch dazu soll unlängst in demselben Sektor, in der Nähe von Puits des Français, ein privates Laborschiff unter helvetischer Flagge gesichtet worden sein, das verdächtigt wird, besagtes Tier zu jagen. Das beunruhigt mich, verstehen Sie? Also werde ich weiterhin diese wunderschöne Insel durchstreifen, ob Ihnen das nun passt oder nicht. Mit oder ohne Ihrer polizeilichen Unterstützung. Je mehr Bullen, desto größer der Spaßfaktor, ist doch so?«

8
 
 
 
    Das Laborschiff der Abyss Foundation war eine dreimastige Luxusjacht von über dreißig Meter Länge. Sénéchal bewunderte den langgestreckten Rumpf, das prächtige Deck aus Teakholz, die kupfergefassten Bullaugen, die eindrucksvolle Takelage mit den weißen Segeln, die von Möwen umkreist wurde. An einer chromblitzenden Fahnenstange wehte über dem Heck die Schweizer Flagge. Auf der kaiabgewandten Seite des Schiffs hing an einem doppelten weißen Galgen ein Tauchboot. Am Heck stand ein schlanker Mann und stützte sich auf die Reling. Er trug eine Schirmmütze, die weiße Hose schien maßgeschneidert. Sein Gesicht war gebräunt, und er strich mit dem Finger seinen schwarzen Schnurrbart à la Clark Gable glatt.
    Sénéchal pirschte sich im Schutz einiger am Kai aufgestapelter Kisten heran und beobachtete ihn eine Weile. Dann ging er über die Gangway direkt auf den Mann zu, in der Hand seinen Dienstausweis mit der Trikolore. Das perfekt lackierte Deck unter seinen Füßen bewegte sich kaum.
    Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, kam der Mann ihm entgegen. Auf seiner
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