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Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Titel: Guten Tag, ich bin das Hausgespenst
Autoren: Marie Louise Fischer
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jenseits des Teiches. Breit und behäbig lag es auf einer weiten Lichtung, geduckt unter einem überstehenden Dach. Die weiße Außenmauer führte fensterlos fast bis zum Gewässer herab. Etwa zwei Meter höher lag ein vorgebauter Erker, der mit vielen kleinen Scheiben verglast war, darüber noch eine Reihe von Fenstern, die in der Sonne blitzten.
    Monika war hingerissen. „Hübscher Blick ist wohl leicht untertrieben!“ rief sie. „Das ist das süßeste Haus, das ich je gesehen habe! Aber wo ist der Stall?“
    „Auf der anderen Seite“, antwortete Herr Graunke.
    Auch Frau Schmidt war begeistert, aber sie meldete Bedenken an. „Wenn es da nur keine Ratten gibt.“
    „Pah!“ Liane warf ihr langes blondes Haar in den Nacken. „Wer stört sich schon an ein paar Ratten! Mir gefällt’s.“
    „Mir auch.“ Herr Schmidt sagte es zögernd, als wollte er noch etwas hinzufügen, preßte dann aber die Lippen zusammen.
    „Laufen wir doch hin und sehen es uns richtig an!“ schlug Monika vor. „Sie haben doch einen Schlüssel, Herr Graunke?“
    „Aber sicher. Ich werde doch das Wichtigste nicht vergessen!“

Zu schön, um wahr zu sein

    Von vom wirkte das Haus wie ein großes Bauernhaus. Es hatte einen hölzernen Balkon, der sich an der ganzen Front entlangzog, die Mauern waren sehr dick, und die Fenster klein.
    Aber Herr Graunke hatte recht, es war nicht gebaut wie ein Bauernhaus, zumindest nicht wie ein bayerisches. Das sah man schon daran, daß der Stall, ein langgestrecktes, niedriges Gebäude, nicht an das Haus anschloß, sondern seitwärts daneben lag. Auch die Scheune war ein Gebäude für sich.
    „Da hast du deinen Stall!“ sagte Herr Graunke zu Monika.
    „Mannometer, ist der aber groß! Da gehen ja vierundzwanzig Pferde rein!“
    „Er ist wohl eher ein Kuhstall gewesen, aber jetzt ist eine Garage eingebaut, groß genug für zwei Autos und für mehrere Räder. Ich schließ auf, wenn du willst.“
    „Nein, erst das Haus“, entschied Herr Schmidt.
    „Was für ein wunderschöner Balkon!“ sagte seine Frau.
    „Vor dem muß ich Sie warnen.“ Herr Graunke hatte einen großen Schlüssel aus seiner Aktentasche geholt. „Es ist ratsam, ihn nicht zu betreten. Das Haus ist, wie schon gesagt, gründlich renoviert. Aber wir konnten uns nicht entschließen, den Balkon abzureißen, wie es eigentlich notwendig gewesen wäre. Er stellt ja ein Stück Volkskunst dar.“
    „Ein bißchen gefährlich.“
    „Sie brauchen nur die Balkontüren verschlossen zu halten. Jedes Zimmer hat ein Fenster, durch das sich lüften läßt.“
    „Habt ihr gehört, was Herr Graunke gesagt hat?“ mahnte der Vater. „Versucht euch auf keinen Fall in irgendwelchen Kunststücken!“
    „Wir doch nicht!“ beteuerten Monika und Liane in schöner Einmütigkeit.
    Herr Graunke hatte die Tür geöffnet und ließ sie eintreten. Ein sehr großer Raum tat sich vor ihnen auf, von dem einige Türen links und rechts seitwärts führten. Im Hintergrund war der Erker' den sie schon über den Teich weg gesehen hatten: er lag höher als das übrige Zimmer. Der Boden und die Wände waren holzgetäfelt. Das Holz hatte einen warmen Ton, wie es ihn nur das Alter bringen kann.
    Alle waren beeindruckt.
    „Ein schönes Zimmer“, sagte Liane, „wenn auch nicht gerade gemütlich mit soviel Türen. Aber hier könnte man Partys feiern.“
    „Es ist ein richtiges Familienzimmer“, behauptete Monika.
    „Ein merkwürdiger Raum“, gab auch Herr Graunke zu, „ein Mittelding zwischen guter Stube und Diele.“
    „Wie erklären Sie sich, daß das Haus so ausgefallen gebaut ist?“ wollte der Vater wissen.
    „Nun, ich denke, daß der Erbauer sich in den Kopf gesetzt hatte, daß es gleich am Teich liegen sollte. Dadurch fiel der Platz für Stall und Scheune ganz von selber weg, und daraus kann sich alles andere ergeben haben, zum Beispiel statt des üblichen langen Ganges von der Haustür zum Stall diese Diele. Möglicherweise kam er aber auch aus einer ganz anderen Gegend Deutschlands oder sogar aus einem anderen Land.“ Herr Graunke zuckte die Achseln. „Man weiß nichts Genaues.“
    Monika war in den Erker gelaufen und hatte eines der Fenster geöffnet, um frische Luft hereinzulassen. Von hier aus hatte man einen schönen Blick auf den Teich mit dem Kahn vor dem Hintergrund des Waldes.
    „Herrlich!“ stellte sie fest und fragte gleich darauf: „Was ist denn das?“
    Sie hatte ein Bild entdeckt, ein altes Ölgemälde, dessen Farben so verdunkelt waren,
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