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Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Titel: Guten Tag, ich bin das Hausgespenst
Autoren: Marie Louise Fischer
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Wahrscheinlichkeit bestünde, daß die Geräusche dann aufhören.“
    „Aber Sie sagten doch vorhin, daß es nur das Holz wäre“, erinnerte Liane.
    „Da steckt wohl doch mehr dahinter“, meinte der Vater. „Nein. Was die Mieter behaupten, ist einfach Unsinn. Kein vernünftiger Mensch kann ihnen das abnehmen.“
    „Was denn?“ drängte Monika.
    „Es soll spuken!“
    „Unmöglich!“ — „Das war was!“ — „So was gibt’s doch nicht!“ riefen die Mutter und die Töchter gleichzeitig.
    Herr Schmidt wartete, bis der erste Sturm vorüber war.
    „Alle?“ fragte er dann. „Behaupten es alle?“
    „Nein, nicht alle!“ berichtete Herr Graunke. „Der erste Mieter war ein prominenter Politiker, Sie werden verstehen, daß ich seinen Namen nicht nennen kann. Er zog mit seiner jungen Frau dort ein. Sie erwartete ein Baby. Nach wenigen Wochen kam er zu mir, um den Mietvertrag zu lösen. Er behauptete, seine Frau bekäme ,Zustände‘ in diesem Haus. Mehr äußerte er nicht. Wir nahmen an, daß es der jungen Frau da draußen einfach zu einsam wäre und lösten den Vertrag. Ich war ja sicher, das Haus mit Kußhand wieder loswerden zu können, und das wurde ich auch.“
    „Aber die nächsten Mieter blieben auch nicht?“ fragte Monika aufgeregt.
    „Du sagst es. Einer war Schriftsteller. Er gab als erster an, daß es in dem Haus spuke. Ich nahm das natürlich nicht ernst. Ich dachte, daß seine Phantasie mit ihm durchgegangen wäre. Aber kein Mieter nach ihm hat es, um die Wahrheit zu sagen, länger als sechs Wochen ausgehalten, manche noch kürzer.“
    „Könnte es sein“, fragte die Mutter, „daß irgendwelche Leute... vielleicht die Heidholzner oder sonst jemand... ein Interesse daran haben könnten, daß das Haus unbewohnt bleibt? Daß man den Mietern irgendwelche Streiche spielt?“
    „Auch das haben wir untersucht. Wir haben das Haus nächtelang bewachen lassen. Kein Mensch konnte sich ihm nähern, aber drinnen kam es zu Spukerscheinungen.“
    „Gibt es vielleicht einen unterirdischen Gang?“ schlug Monika als Möglichkeit vor.
    „Nichts dergleichen. Wir haben alle Mauern von einem Experten abklopfen lassen.“
    „Spukerscheinungen, was heißt denn das?“ fragte der Vater. „Haben Sie sich denn nicht ganz konkret berichten lassen, was passiert ist?“
    „Versucht schon, aber die Leute konnten oder wollten nichts Genaues berichten. Sie sagten: ,Es ist unheimlich1 oder: ,Man kann nachts kein Auge zutun!1, und wenn ich näher in sie drang, dann hieß es immer: ,Wozu soll ich Ihnen das erzählen? Sie würden mir ja doch nicht glauben. Neben all dem Ärger will ich mich nicht auch noch lächerlich machen!1“
    Monika schöpfte neue Hoffnung. „Also muß es gar nicht stimmen, daß es spukt!“
    Herr Graunke wandte kurz den Blick nach hinten. „Du bist gut! Natürlich spukt es nicht! Wie sollte es denn! So was kann es doch gar nicht geben.“
    „Warum erzählen Sie es uns dann?“
    „Weil dein Vater es ganz genau wissen wollte. Ich persönlich glaube, daß das Ganze sowieso nur auf Einbildung beruht. Nachdem unser Schriftsteller die Sache mit dem Spuk in die Welt gesetzt hatte, konnten, ja, mußten die anderen über kurz oder lang erfahren, daß sie in einem Spukhaus wohnten. Das Knarren des alten Holzes, ihre Phantasie, die Abgelegenheit des Hauses taten das ihre dazu.“
    „Das würde ich auch für die vernünftigste Erklärung halten“, stimmte Herr Schmidt ihm zu.
    „Du glaubst also nicht an den Spuk?“ Monika schöpfte neue Hoffnung.
    „Natürlich nicht. Ich bin doch nicht verrückt.“
    „Haben Sie auch mal darin übernachtet?“ fragte die Mutter. „Sie oder Herr Gröbner?“
    „Ja, das haben wir getan, und ich kann Ihnen versichern, daß wir beide völlig ungestört geschlafen haben.“
    „Na also“, sagte der Vater.
    Aber Frau Schmidt gab sich noch nicht zufrieden. „Sie erzählen immer nur von den letzten beiden Jahren, Herr Graunke! Aber was war denn vorher in dem Haus? Wer hat darin gewohnt? Und warum sind diese Leute ausgezogen?“
    „Das kann ich Ihnen ganz genau berichten. Das Haus war über fünfzig Jahre im Besitz eines Ehepaars namens Stiegelmann. Stiegelmanns haben auch darin gewohnt.“
    „Also haben sie keine Geräusche gehört?“ fragte Monika wieder zuversichtlich.
    „Wenn, dann hat es sie jedenfalls nicht gestört. Wir haben natürlich versucht, Erkundigungen einzuziehen. Aber Stiegelmanns leben nicht mehr. Beide sind im hohen Alter von über neunzig Jahren
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