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Gute Beziehungen

Gute Beziehungen

Titel: Gute Beziehungen
Autoren: Thomas Gordon
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Zunächst musste ich den Impuls unterdrücken, »in Ordnung zu bringen«, womit der andere ein Problem hatte. Doch dieser Wunsch bedeutet, dass ich dem anderen nur halb zuhöre, während er mir von seinem Problem berichtet, weil ich nach einer Lösung suche. Über dieses Stadium bin ich inzwischen hinaus, jetzt höre ich wirklich nur noch zu. Doch nun bin ich so damit beschäftigt, das, was er mir erzählt, zu paraphrasieren, dass ich beim Zuhören den Kopf immer noch nicht frei habe. Doch mit jedem Mal wird es besser.«
    Hören Sie die Verwirrung und das Unbehagen aus dieser Botschaft heraus? Der junge Mann schlägt sich mit seinem schlimmsten Feind herum: seinen konditionierten Reaktionen. Allerdings ist er sich dessen durchaus bewusst und gibt nicht auf. Zweifellos wird er bald die nächste und endgültige Ebene erreichen: die der unbewusstenKompetenz , auf der die Fertigkeiten ausgeblendet werden, das heißt, unbewusst kompetente Menschen stellen sich einfach auf die Probleme anderer ein und teilen, ohne darüber nachzudenken, ihre eigenen inneren Zustände als Ich-Botschaften mit. Treten Konflikte auf, vergegenwärtigen unbewusst kompetente Menschen sich die Situation augenblicklich unter dem Gesichtspunkt unbefriedigter Bedürfnisse und überlegen sich, wie sie jeden an der Bedürfnisbefriedigung beteiligen können. Diese Menschen haben einfach ein neues Repertoire an konditionierten Reaktionen, die genauso automatisch sind wie ihre früheren: Der Unterschied liegt darin, dass ihre neuen Reaktionen die Beteiligten näher zusammenführen, Beziehungen knüpfen, Freundschaften entstehen lassen, Liebe und Frieden stiften.

    F: Ich kann meine Tochter nicht dazu bringen, vernünftig und gesund zu essen. Sie hat zwei kleine Kinder, und ich befürchte, deren Gesundheit wird darunter leiden, wenn sie sich weiterhin von Pommes und Süßigkeiten ernähren. Wie kann ich meine Tochter dazu bringen, auf mich zu hören?
    A: Wahrscheinlich hat Ihre Tochter Ihnen zugehört. Sie hat lediglich Ihre Ratschläge nicht befolgt. In Situationen wie der Ihren gibt es drei Variablen, drei Faktoren, die Sie möglicherweise ändern können:

    1. andere,
    2. den Kontext und
    3. sich selbst.

    Andere Menschen zu verändern ist außerordentlich schwierig. Wenn Sie Ihre Tochter trotzdem verändern, sie weiterhin zu einer »gesünderen Ernährung« ihrer Kinder veranlassen möchten, müssen Sie sich zunächst an die Regeln guter Beratung halten, die im letzten Kapitel genanntwurden. Sie könnten mit einer Ich-Botschaft wie der folgenden beginnen: »Ich habe gerade ein faszinierendes ernährungswissenschaftliches Buch gelesen, davon würde ich dir gern erzählen. Bist du interessiert?« Schalten Sie dann auf Zuhören um.
    Ist Ihre Tochter immer noch nicht bereit, ihr Verhalten zu ändern, dann verfügen Sie über zwei weitere Möglichkeiten: Sie können den Kontext verändern. Sorgen Sie dafür, dass Sie nicht da sind, wenn Ihre Tochter mit ihren Kindern isst. Oder, was wahrscheinlich noch besser ist, verändern Sie sich selbst. Sehen Sie ein, dass Ihre Tochter das Recht hat, sich und ihre Familie so zu ernähren, wie es ihr gefällt, und bemühen Sie sich um die innere Ruhe, die Sie brauchen, um die Tochter so zu akzeptieren, wie sie ist.

    F: Finden Sie nicht, dass Kinder manchmal mehr Disziplin brauchen, zum Beispiel einen Klaps auf den Po, damit sie kapieren, dass man es ernst meint, wenn man ihnen etwas sagt?
    A: Wir sind nicht der Meinung, dass ein Klaps auf den Po der Beziehung zu Ihrem Kind schadet. Es liegt in der Natur von Kindern, dass sie ihre Eltern lieben, daher vergeben sie in der Regel solche gelegentlichen Verstöße gegen effektives Elternverhalten. Doch als Methode zum Lehren, Erziehen und Lenken müssen Schläge und andere Formen körperlicher Bestrafung zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung Ihrer Beziehung führen.
    Diesem Thema widmet sich mein Buch Die neue Familienkonferenz, Kinder erziehen ohne zu strafen. Darin gebe ich die Daten aus Hunderten von Forschungsberichten und Untersuchungen wieder, die allesamt zeigen, dass Belohnungen und Strafen ihr erklärtes Ziel verfehlen, nämlich Verhalten zu kontrollieren, zu verändern und zu beeinflussen. Eines der besten Bücher zum Thema der Belohnungen veröffentlichte Alfie Kohn 1993: Punished byRewards (»Durch Belohnungen bestraft«). Der interessierte Leser kann sich über zahlreiche Forschungsarbeiten und Untersuchungen informieren. Es folgt ein kleiner Abschnitt aus
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