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Gute Beziehungen

Gute Beziehungen

Titel: Gute Beziehungen
Autoren: Thomas Gordon
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von mir verabschiedet. Später erfuhr ich, dass er sich auf dem Flughafen sogar mit meiner Frau gestritten hatte.
    Am selben Tag musste ich nach Seoul. Das Herz war mir schwer. Zufällig begegnete ich dort Professor Rose-Inza Kim von der Universität Sogang und berichtete ihr, wie sehr mich die Beziehung zu meinem Sohn belastete. Sie schlug mir vor, an einem Eltern-Effektivitätskurs teilzunehmen. Ich folgte ihrem Rat, und mein Leben veränderte sich. Nach dem ersten Kurs nahm ich noch an zweiweiteren Eltern-Effektivitätsgruppen teil. Mir wurde klar, dass alle Eltern neue Kommunikationsfertigkeiten für den Umgang mit ihren Kindern entwickeln müssen. Ich hatte alle nur denkbaren Kommunikationssperren verwendet – Befehlen, Fordern und Kritisieren. Hätte ich früher an einem solchen Kurs teilgenommen, wäre ich ein sehr viel besserer Vater, ein guter Vater, geworden und wäre auch anders mit unserer Berufstätigkeit umgegangen. Meine Frau und ich arbeiteten beide, daher mussten wir unseren Sohn, der sechs Jahre alt war, jeden Tag in einer Kinderkrippe abliefern. Wir zwangen ihn, in den Kindergarten zu gehen. Aber dort gefiel es ihm nicht. Als er in die siebte oder achte Klasse ging, habe ich einmal gesagt: ›Was ist bloß los mit dir? Geh mir aus den Augen. Ich kann dich nicht ertragen.‹ Darauf lief er von zu Hause fort. Zwar kam er nach ein paar Tagen wieder, aber fortan begegnete er mir mit Feindseligkeit und Auflehnung. Er sagte: ›Warte nur, wenn ich groß bin, schlage ich dich, wie du mich geschlagen hast.‹ Ich war schockiert, überrascht und fühlte mich elend. Mein Sohn begann, mit Freunden zu rauchen und zu trinken. Ich verstand ihn nicht. So wurde ich immer unglücklicher. ›Ich weiß nicht, was ich tun soll‹, rief ich aus. ›Was zum Teufel ist nur los?‹
    Das Eltern-Effektivitätstraining war eine Offenbarung für mich. Ich verwendete im Alltag Ich-Botschaften und übte Aktives Zuhören, auch im Umgang mit meiner Frau und unserem Sohn. Einmal sprach ich mit ihm am Telefon und sagte: ›Es tut mir leid, dass ich früher so viel Zwang ausgeübt und mich überhaupt so unnachgiebig verhalten habe. Es war mein Fehler. Du musst dich lange Zeit sehr einsam gefühlt haben.‹
    Zu meiner Überraschung brach mein Sohn bei diesen Worten in Tränen aus. Er weinte noch eine Zeit lang am Telefon und sagte dann: ›Noch nie im Leben bin ich so glücklich gewesen wie in diesem Augenblick, Vater. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass das einmal passiert.‹
    Heute teilen wir uns in der Familie unsere Gedanken und Gefühle rückhaltlos mit und helfen einander. Ich bin wirklich glücklich.«
    Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum ich so optimistisch bin und fest daran glaube, dass wir etwas für den Frieden in der Welt tun können. Ich bitte Sie von Herzen: praktizieren Sie, was Sie auf diesen Seiten gelernt haben, und fördern und bewahren Sie dadurch friedliche Beziehungen.

12. KAPITEL
Fragen und Antworten
    Im Lauf der Jahre habe ich die meisten Fragen gehört und die meisten Probleme behandelt, mit denen sich Menschen auseinandersetzen, wenn sie die Konzepte und Fertigkeiten erproben, die Sie in diesem Buch kennengelernt haben. Lassen Sie mich auf einige Fragen (F) eingehen, die relativ klar und einfach sind.

    F: Sie haben gesagt, Befehle und Anordnungen sind Kommunikationssperren. Meinen Sie damit, dass ich niemandem sagen darf, was er zu tun hat? Das gehört doch wohl zu meinen Aufgaben als Manager.
    A: Sie haben Recht. Ein Teil Ihrer Aufgabe ist es, Menschen zu führen, ihnen zu sagen, was sie zu tun haben. Als Manager gehört das zu Ihrer Arbeitsplatzbeschreibung, und Ihre Mitarbeiter erwarten das wohl auch von Ihnen. Befehle, Anordnungen und andere Kommunikationssperren werden nur dann zu Barrieren, wenn die Menschen, mit denen Sie sprechen, aufgeregt oder ablehnend sind. Dann müssen Sie sich zurücknehmen und sich die Probleme der anderen anhören oder sie mit Ich-Botschaften konfrontieren, wenn Sie ärgerlich sind.
    Als Beispiel eine »typische« Szene zwischen Vorgesetztem und Untergebenem:
    Vorgesetzter 1: »Ich möchte, dass alle diese Akten heute abend weggeheftet und in den Schrank eingeordnet sind. Noch Fragen?«
    Untergebener: »Das wird nicht gehen. Wir brauchen diese Akten, bis das Projekt fertig ist. Wenn wir sie in den Schrank einordnen, verzögert das die Sache.«
    Vorgesetzter 1: »Ich habe gesagt, packen Sie sie weg. Ich entscheide, was die Sache verzögert und was nicht. Um fünf
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