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Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)

Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
Autoren: Erica O'Rourke
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Kapitel 1
    Das Problem an schrecklichen Ideen ist, dass die Leute, denen sie kommen, nie erkennen, wie fürchterlich sie wirklich sind, bis es zu spät ist. Schließlich entscheidet sich niemand bewusst für die schlimmstmögliche Handlungsweise. Alle haben große Pläne und die besten Absichten, lassen sich vom Überschwang des Augenblicks mitreißen, sehen die Welt ganz ihren Wunschvorstellungen gemäß und sind blind für jeden Hinweis auf mögliche Schwierigkeiten. Man kann jemanden davor warnen, dass er geradewegs auf eine Katastrophe zusteuert, ihn bitten, stehen zu bleiben und sich ihm in den Weg stellen. Aber letztendlich muss jeder selbst eine Entscheidung treffen.
    Auch, wenn es eine schreckliche ist.
    Die Willkommensparty für meinen Vater war ein perfektes Beispiel für gute Absichten mit schlimmen Folgen.
    » Das ist lächerlich«, sagte ich zu Colin. » Wer schmeißt schon eine Riesenparty für jemanden, der gerade aus dem Gefängnis entlassen worden ist?«
    Meine Mutter, wer sonst? Ich hatte versucht, es ihr auszureden– mir war beim Gedanken an die Heimkehr meines Vaters nicht zum Feiern zumute–, aber sie hatte darauf bestanden. Dann hatte ich eingewandt, dass eine kleine Familienzusammenkunft zu Hause vielleicht angemessener wäre. Aber dieses eine Mal war es meiner Mutter gleichgültig, was sich gehörte.
    Also saß ich mit allen Leuten, die wir kannten, und sei es auch nur flüchtig, in der Bar meines Onkels und wartete darauf, dass mein Vater zum ersten Mal seit zwölf Jahren zur Tür hereinkommen würde.
    Um mich herum wurde die Menge ungeduldig, und das höfliche Geplauder nahm einen gereizten Unterton an. Ich hätte Schalen mit Erdnüssen und Salzbrezeln aufstellen sollen, aber stattdessen stand ich an die Rückwand gelehnt und sah einem Dartspiel zu. » Sie hofft auf eine dieser großen Wiedersehensszenen. Als ob wir uns alle in die Arme fallen, weinen und wieder eine glückliche Familie werden könnten!«
    Colins Hand fand meine und drückte sie, aber er ließ den Blick über das Meer aus Menschen schweifen und hielt selbst im schwachen Licht der Bar wachsam Ausschau. » Halt einfach noch ein bisschen durch.«
    » Ich weiß nicht, warum ich mich überhaupt bereit erklärt habe zu kommen«, sagte ich.
    » Weil es deiner Mutter wichtig ist«, sagte mein Onkel und stellte sich neben uns. Verärgerung huschte über sein Gesicht, als er sah, dass ich die Finger mit Colins verschränkt hatte. » Sei dankbar, dass ich ihr gesagt habe, dass du arbeiten musst, sonst hättest du mit ihr nach Indiana fahren müssen. Sie sollten jeden Moment da sein, also übe schon einmal dein Lächeln.«
    Ich bleckte die Zähne. » Wie wär’s damit?«
    » Ich lasse nicht zu, dass du ihr den Tag verdirbst, Mo. Sie hat lange darauf gewartet.«
    » Länger als nötig, stimmt’s?«
    Billys Augen verengten sich, und neben mir stieß Colin leise einen warnenden Laut aus. » Reiz den Bären nicht«, wollte er mir damit sagen, und an jedem anderen Tag hätte ich auf ihn gehört. Aber heute waren meine Nerven bis zum Zerreißen gespannt.
    Ich ignorierte die Anspannung, die Colins Arm durchlief, hob das Kinn und starrte meinen Onkel an. Ein Augenblick verging, und am Ende sah Billy sich betont im Schankraum um. » Sorg dafür, dass alle etwas zum Anstoßen haben, und danach hast du für heute Abend frei. Ich brauche dich erst am Montag wieder.«
    Damit ging er, um sich unter die Leute zu mischen. Ich lehnte den Kopf an Colins Schulter, und er murmelte: » Je eher das Slice wieder steht und eröffnet, desto besser. Es gefällt mir nicht, dass du für Billy arbeitest.«
    Ich war von der Regelung auch nicht allzu begeistert, aber ich hatte keine Wahl. Solange ich für Billy arbeitete, war Colin in Sicherheit. Er wusste nicht, was für einen Handel ich mit meinem Onkel geschlossen hatte, und hatte nicht die geringste Ahnung, dass mein Job nicht nur darin bestand, Tische abzuwischen und Leergut zu den Recyclingcontainern hinter dem Haus zu karren. Er nahm wie fast jeder andere, den ich kannte, an, dass ich nur in der Bar arbeitete, bis das Restaurant meiner Mutter wiederaufgebaut war und das normale Leben weitergehen würde.
    Ich hatte auf die harte Tour gelernt, dass » normal« nicht mehr infrage kam.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Seine Hand umfasste meine Taille einen Moment lang fester, bevor er zurücktrat.
    » Was ist denn? Es wissen doch alle, dass wir zusammen sind.«
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