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Gut reicht voellig

Gut reicht voellig

Titel: Gut reicht voellig
Autoren: Bettina Stackelberg
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meine Schwächen. Ich bin im Frieden mit mir. Ich entwickle mich gerne weiter, lerne und arbeite an mir, muss jedoch mir und der Welt nichts mehr beweisen.
    Diese Sichtweise von Selbstbewusstsein passt also nicht wirklich mit Perfektionismus zusammen. Wie meine ich das?
    Wenn ich selbstbewusst, also mir meiner selbst bewusst bin, dann suche ich nicht das Perfekte, sondern das für mich Richtige. Dann möchte ich nicht der Beste sein, sondern mein Bestes geben. Ich selbst setze dafür die Maßstäbe und lasse sie nicht von außen bestimmen. Was kann das konkret bedeuten?
    Yoga – Hochleistungssport oder Achtsamkeitsübung?
    Ich mache seit einigen Jahren Yoga – der eine oder die andere von Ihnen vielleicht auch, gerade in den letzten Jahren boomt Yoga sehr. Ich war in verschiedenen Kursen, hatte unterschiedliche Lehrer und bemerke immer wieder, wie unterschiedlich man Yoga sehen und leben kann.
    Wie in anderen Sportarten (wenn man Yoga überhaupt Sport nennen will, ist es doch so viel mehr als reine Körperertüchtigung) gibt es auch hier die scheinbar Perfekten. Die Lehrer, die ultrabeweglich sind, die Haltungen wunderschön und kraftvoll ausüben können und dabei leicht und mühelos wirken. Die Perfektionisten unter den Schülern möchten möglichst an dieses Ideal herankommen, sie haben den Ehrgeiz, auch so kraftvoll, ästhetisch und leicht Yoga praktizieren zu können. Und dafür muss in ihrem Verständnis Yoga auch unbedingt ordentlich anstrengend sein – von nix kommt schließlich nix. Erfolg muss hart erarbeitet sein.
    Deshalb gelingt es diesen Schülern auch nicht unbedingt, bei den Übungen die Augen kontemplativ geschlossen zu halten. Die Versuchung ist zu groß, hin und wieder zu schauen, wie es die anderen machen: Ob die Frau links neben mir tiefer in die Beuge kommt oder der Mann rechts neben mir eine geradere Kerze schafft.
    Auch mir geht es zwischendurch immer mal wieder so, ich nehme mich da gar nicht aus. Ich möchte diese Sicht des Übens auch nicht abwerten – jeder wird schließlich nach seiner eigenen Fasson glücklich. Meines Erachtens ist Yoga, so praktiziert, einfach ziemlich anstrengend, körperlich wie emotional: Schließlich strebe ich das Perfektean, orientiere mich an den Besten als Maßstab und treibe mich immer mehr und weiter an. Dabei gehe ich dann sicherlich das eine oder andere Mal über meine Grenzen. Wenn ich mich aber im Yoga z. B. zu weit beuge, kann der Rücken nicht mehr gerade bleiben und wenn ich mich zu sehr anstrenge, fließt der Atem nicht mehr frei und leicht – beides ist dann wieder kontraproduktiv.
    Wenn ich wirklich selbstbewusst bin, dann sehe ich Yoga für mich anders: Ich setze mir meine eigenen Maßstäbe, bestimme selbst meine Grenzen und meinen Ehrgeiz und vor allem: Ich habe ein feines und klares Gespür dafür, was mir guttut und was nicht.
    Es geht mir dann darum, die Vorwärtsbeuge möglichst gut zu machen – so, dass sie mich schon herausfordert, ich aber trotzdem noch frei atmen kann und entspannte Gesichtszüge habe. Mein Ziel ist dann nie und nimmer die Perfektion, sondern der für mich bestmögliche und besonders effektiv und angenehm wirkende Zustand. Und das bestimme ich ganz für mich allein, indem ich sehr achtsam in mich hineinhöre und mich spüre. Ich bin in meiner Mitte, ich bin mir meiner selbst bewusst und in diesem Augenblick auch völlig uninteressiert am außen. Mir ist es in diesem Moment egal, ob jemand den Schulterstand höher hinkriegt oder das Bein weiter streckt. Deshalb kann ich dann auch die Augen geschlossen halten und muss nicht nach links und rechts schielen.
    Kraftvoll, stabil und gleichzeitig leicht – das ist Yoga.
    Sie sehen an diesem Beispiel: Selbstbewusstsein und Perfektionismus passen nicht so recht zusammen.
    Der Perfektionist fürchtet stets, nicht zu genügen – all die Mühe und Anstrengung reichen nicht wirklich, immer noch fehlt ein letztes Quäntchen. Wie der Hamster im Rad, der rennt und rennt und rennt.
    Der Selbstbewusste hat durchaus auch Ehrgeiz, möchte besser werden und seine Grenzen verschieben. Er merkt allerdings auch, wann es – zumindest für den Augenblick – genug ist, wann er sein Bestes gegeben hat. Und er hat ein gesundes Gespür dafür, wann es auch mal wichtig ist, seine Grenzen zu akzeptieren und innezuhalten. Wann es wichtiger ist, auszuruhen und loszulassen.
    Meines Erachtens hat Selbstbewusstsein auch viel mit Selbstfürsorge oder gar Selbstliebe zu tun. Wenn ich mir meiner selbst
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