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Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Titel: Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
Autoren: Johanna Marthens
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I
     
     
    BERLIN, 2014
     
     
    Kiara Jonas eine Schönheit zu nennen, wäre sicherlich etwas übertrieben. Sie selbst fand ihre Nase eine Spur zu spitz, ihre Ohren einen Hauch zu sehr vom Kopf abstehend, ihre Wangen etwas zu prall, ihre Augen nicht strahlend genug, ihr Haar zu widerspenstig, ihre Figur zu langweilig und ihre Oberarme zu kräftig. – Was junge Frauen eben an sich zu bemängeln haben.
    In den Augen von Holger Zinnleben war sie jedoch die schönste Frau der Welt. Er bewunderte ihre schlanken Hände, die jedes ihrer Worte zu unterstreichen schienen. Ihre perfekten Rundungen an den richtigen Stellen ihres Körpers versetzten ihn jedes Mal, wenn er die Kollegin erblickte, in einen Zustand heimlicher Verzückung. Ihre langen, welligen, dunkelblonden Haare ließen ihn träumen. Und wenn er sie lächeln sah, setzte sein Herz für einen Moment aus. Aber nicht nur ihre Lippen mit dem zarten Lächeln übernahmen regelmäßig die Kontrolle über die Frequenz seines Herzschlags, auch Kiaras sanfter Blick und ihre Stimme verzauberten ihn, so dass er nicht mehr Herr über sich selbst schien. Wann immer er sie hörte, konnte er an nichts anderes mehr denken als an sie und musste unbedingt in ihrer Nähe sein. Wie an jenem Freitagnachmittag im St.-Philips-Krankenhaus in Berlin. Draußen peitschte ein trüber Märztag mit windigen Böen große Regentropfen an die Fenster. Die Sonne versteckte sich hinter riesigen Wolkenbergen und weckte nur mühsam die von der Winterkälte erstarrte Natur auf. Obwohl in diesem Teil Berlins von Natur nicht viel zu sehen war. Betonklötze dominierten die Aussicht aus den Fenstern des Krankenhauses. In den Wohntürmen, die bis zum Horizont zu reichen schienen, hielten es auf den Balkons gerade mal ein paar verzottelte Geranien aus, mehr Natur war weit und breit nicht zu sehen.
    „Also dann bis Montag“, hörte Holger Kiaras Stimme aus dem Krankenhausflur in das Krankenzimmer schallen, in dem er gerade mit der Essensverteilung beschäftigt war. Sie unterhielt sich mit einer Kollegin zu, die etwas erwiderte, das Holger jedoch nicht verstehen konnte, weil wieder einmal sein Herz so laut zu klopfen begann, so dass es alle anderen Klänge und Geräusche übertönte. Dann erklang Kiaras Lachen und kam dabei sogar immer näher! Sie war auf dem Weg in seine Richtung.
    Hastig stellte Holger das Essen des Patienten auf dessen Betttisch, dann eilte er hinaus in den Flur.
    „Hi Kiara“, sagte er und bemühte sich dabei, ganz lässig zu wirken.
    „Hallo Holger“, lächelte sie. „Hast du auch gleich Feierabend?“
    „Ja, zum Glück“, seufzte er und wischte sich demonstrativ ein paar imaginäre Schweißtropfen von der Stirn. „War ein langer Arbeitstag.“
    Kiara nickte. „Zum Glück hat Lea gestern kein Theater gemacht und ist früh schlafen gegangen. Heute Abend wird es spät.“
    „Hast du ein Date?“, fragte Holger, noch bemühter als zuvor, ganz lässig zu wirken, als würde es ihn nicht im Geringsten interessieren, mit wem sich Kiara am Abend traf. Doch in Wirklichkeit schlug sein Herz so heftig, dass er das Gefühl hatte, es würde gleich aus seinem Brustkorb springen.
    „Nein, kein Date, ganz im Gegenteil“, lachte Kiara. „Meine Freundin will unbedingt an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen und braucht mich als moralische Unterstützung.“
    Erleichtert atmete er auf. „Na dann viel Spaß. Ich hoffe, sie gewinnt.“
    „Das hoffe ich auch. Ich würde es ihr gönnen, sie ist wirklich traumhaft schön. Obwohl sie als Siegerin für ein Jahr nach Amerika ginge. Dann müsste ich sehr lange auf sie verzichten.“
    „Wenn du dann jemanden zum Ausgehen brauchst, kannst du ja mich fragen.“ Er versuchte ein lockeres Grinsen.
    Es schien gelungen zu sein, denn Kiara lächelte. „In Ordnung. Ich werde es mir merken.“ Sie wandte sich zum Gehen. „Jetzt muss ich aber schnell los, ich will noch etwas Zeit mit Lea verbringen, bevor die Veranstaltung beginnt.“
    „Klar, grüß Lea und deine Mutter von mir. Wir sehen uns am Montag wieder.“
    Kiara nickte. „Ganz sicher. Welche Schicht hast du?“
    Holger zuckte scheinbar unwissend mit den Schultern. „Keine Ahnung, wie ich eingetragen wurde. Kann sein, dass wir wieder zusammen arbeiten.“
    „Das wäre schön“, gestand sie. Und wieder setzte sein Herzschlag aus.
    „Klar. Bis dann“, sagte er und wandte sich schnell ab, damit sie seine Verlegenheit nicht bemerkte.
    „Bis dann! Und dir wünsche ich auch ein schönes
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