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Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Titel: Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur
Autoren: Robert Quint
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Prolog
    Ich weiß nicht, wie es ist, tot zu sein, nicht mehr zu denken, nicht mehr zu fühlen, nur dazuliegen, leblos wie Gestein. Ich weiß nicht, was es heißt, für sich selbst zu sterben und dennoch für andere weiterzuleben. Fragen Sie nicht mich, wenn Sie es wissen wollen. Fragen Sie den grauen Mann. Er kann es Ihnen sagen. Sein lamelliertes Gehirn schwimmt wie trübes Plankton in einem Becken aus Stahl, in flüssigem Helium, und er gibt elektrische Antworten auf elektrische Fragen.
    Ich stelle mir vor, daß es schwierig ist, Fragen zu hören und Antworten zu geben, nachdem einen der Tod schon aus dem Leben geholt hat, aber dies scheint kein Problem für den grauen Mann und den Computer von Ultima Thule zu sein. Vielleicht, weil beide tot sind. Vielleicht.
    Man fand den grauen Mann auf Coldgrave, auf einem jener unwirtlichen, menschenfeindlichen Planeten an der Peripherie des Sternenreiches, dort, wo die Helligkeit der Sonnen langsam in das Schwarz des intergalaktischen Weltraums übergeht, direkt am Rand der Milchstraße. Ich habe Bilder von Coldgrave gesehen. Satellitenfotos einer Orbitalkamera, und ich sage Ihnen, dies ist keine Welt, auf der Menschen leben sollten.
    Coldgrave ist wie einer von Dantes Höllenkreisen, ein arktisches Inferno, und wie die Splitter eines gefrorenen Regenbogens bedecken Mineralgletscher die Kontinente. Das Grün der Gletscher gleicht dem Grün der Erde, ihr Rot ähnelt der Glut der Feuerschale um Shondyke, und ihr Blau ist so hell und klar wie das Himmelblau eines Frühlingstages. Die Meere und Seen bestehen aus kondensiertem Stickstoff, und gelegentlich überragt eine Klippe aus steinhart gefrorenem Xenon die trägen Fluten. Die Sonne ist ein verglimmender Kerzendocht am schwarzen Firmament, und nur wenn sie sich hin und wieder mit der Behäbigkeit ihres hohen Alters aufbläht, fällt ein Schimmer Licht über die Gletscher, die Krater, die verschneiten Spitzen der Äquatorberge.
    Aber Coldgrave ist reich an Schwermetallen, reich genug, daß sich der mühsame Abbau und der dreitausend Lichtjahre lange Transportweg zu den industriellen Zentren des Reiches gelohnt haben – damals, als noch die Konzerne die Welten der Menschen beherrschten und ein Strom von Containerschleppern die Rohstoffversorgung des Sternenreiches aufrechterhielt.
    Doch die Herrschaft der Konzerne endete, und das Reich zerbrach, und der Containerstrom versiegte. Es gab keine Schiffe mehr, um die Schwermetallbeute nach Stormprime oder zur Erde zu bringen, und Coldgrave wurde von den Bergwerksingenieuren des Heavy Metal Trusts verlassen und danach vergessen, wie so viele abgelegene Welten und Sonnensysteme in den Dunklen Jahren vergessen wurden.
    Nur die grauen Menschen haben sich an Coldgrave und seine tiefgekühlten mineralischen Schätze erinnert.
    Irgendwann in der Zeit zwischen 2506 und 2509 A.D. müssen sie mit ihren Schiffen den einzigen Planeten der weißen Zwergsonne angeflogen und die automatischen Bergwerke wieder in Betrieb genommen haben.
    Vielleicht hat sich sogar Chan de Nouille, die Große Graue selbst, auf Coldgrave aufgehalten. Vielleicht hat sie von der transparenten Kuppel des Raumhafentowers aus die gefrorenen Regenbögen der Gletscher betrachtet und sich an die Regenbögen der Erde erinnert. Und daran, daß sie sich geschworen hat, die Erde wieder in den Besitz der Grauen Garden zu bringen.
    Aber wahrscheinlich hat sie nur eine ihrer Kommandeusen geschickt, um die Schürfarbeiten zu überwachen und sicherzustellen, daß kein neugieriges Treiberschiff die Grauen bei ihren verstohlenen Aktivitäten überraschte.
    Es bleibt sich gleich.
    Sie haben die leeren Bäuche ihrer Schiffe mit Tausenden Tonnen Metall gefüllt und sind wieder fortgeflogen, fort in das Nichts, aus dem sie kamen. Sie haben die Speicher der Bergwerkscomputer gelöscht und alle Spuren verwischt, die auf ihre Anwesenheit auf Coldgrave hindeuten konnten, alle Spuren – bis auf eine. Bis auf den grauen Mann in seinem Block aus purem Eis, in seinem Tiefkühlgrab am Fuß des himmelblauen Gletschers.
    Und jetzt befindet sich der graue Mann in Ultima Thule, und sein Körper ist verbrannt, und sein lamelliertes Gehirn schwimmt in einem Becken mit flüssigem Helium. Das Eis von Coldgrave hat ihn konserviert. Er ist auf jener fernen Welt gestorben, so schnell, wie die Menschen immer sterben, wenn sie Orte betreten, die nicht für Menschen gedacht sind, und im Tod ist das Echo seines Lebens eingefroren, und es hallt noch immer nach in
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