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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion
Autoren: Wolfgang Metzner
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Frau einen Menschen getötet hatte. Als Alleintäterin kam sie wegen ihrer zierlichen Statur jedenfalls kaum in Frage. Aber konnte sie Mittäterin oder Mitwisserin sein? Oder empfand sie bloß auf furchtbare Art Genugtuung am Tod des Manns?
    Sein Handy summte. Die Mailbox. Der Cop hatte daraufgesprochen.
    »Besser, du kommst gleich mal zurück. Wir haben eben Post gekriegt. So was wie einen Bekennerbrief.«

6
    »magazine«, Hamburg
     
    »Bitte gleich in den Showroom.«
    Mondrian fuhr mit dem Lift in den sechzehnten Stock. Als die verchromte Tür aufglitt, fiel sein Blick auf das überdimensionale Gemälde von Gerhard Richter, das an der Wand gegenüber dem Fahrstuhl hing. Spötter behaupteten hartnäckig, dass der Verlagschef den grauen Ozean bloß erstanden hatte, um seinen teuren Kunstverstand zu dokumentieren. Mit schnellen Schritten ging Mondrian an den knallbunten Warhols vorbei zum Raum mit den Monitoren, der schon abgedunkelt war.
    Im Restlicht erkannte er die Kontur von Chefredakteur Grosser, der sich gerade zu Rolfes hinüberbeugte. Neben dem Cop mit dem blanken Boxerschädel saßen noch andere Kollegen aus seinem Ressort. Während sich Nadja Polanski mit ihrer Frisur beschäftigte, kramte Bruno Wunder in seinen Taschen, um einen Notizblock herauszuholen. Weiter hinten saß ein älterer Rollstuhlfahrer aus der Dokumentation, der im Verlag als Terrorismus-Spezialist galt.
    Marc Rolfes zog eine CD aus einem Umschlag und schob sie in einen der Laptops. »Diese Scheibe haben wir heute mit der Post bekommen, in einem adressierten Umschlag, allerdings ohne Absender«, sagte er in einem Tonfall, der wie immer etwas Sarkastisches hatte, »verständlicherweise, wie man gleich sehen wird.« Mit einem Mausklick öffnete er eine Datei.
    Der Beamer warf ein Bild an die Projektionswand. Darauf war eine Art Emblem zu sehen: ein sattgrünes Pflanzenblatt, auf das die Kontur einer Schusswaffe montiert war. Rolfes wies mit einem Leuchtpfeil auf die Waffe und drehte sich zu dem Dokumentar um.
    »Kennen wir das Teil?«
    »Eine Maschinenpistole, würde ich sagen.« Der Rollstuhlfahrer räusperte sich und rückte seine Brille zurecht. »Wahrscheinlich eine MP 5 von Heckler & Koch. Ähnelt stark der Waffe, die in den siebziger Jahren von der RAF als Symbol in ihren Botschaften verwendet wurde.« Der Dokumentar hauchte die Gläser seiner Brille an und polierte sie mit einem Taschentuch. »Die war damals allerdings auf einen anderen Hintergrund gezeichnet. Auf einen fünfzackigen roten Stern.«
    »Aber hier ist kein Stern, sondern dieses Gemüse.« Der Cop fuhr mit dem Leuchtmarker um das gefächerte Blatt.
    »Ist das nicht das Kraut, das jemand hier besonders gut kennt?«, fragte Grosser mit breitem Grinsen, während er sich zu Mondrian umdrehte. Er genoss es immer wieder, Anspielungen auf die Zeit zu machen, in der Mondrian mit dem Rucksack durch Indien und Nordthailand gezogen war.
    Mondrian hatte es aufgegeben, gegen seinen Ruf als Ex-Hippie zu kämpfen, den er bei Grosser lebenslänglich behalten würde.
    »Kein Zweifel, Marihuana«, antwortete er. Es gelang ihm, seine Stimme besonders cool klingen zu lassen. »Meine Lieblingspflanze.«
    Leises Gelächter.
    Es erstarb, als Rolfes die nächste Datei aufmachte und die Frauen und Männer im Halbdunkel den Text lasen, der an die Wand projiziert war:
     
    THE TIMES THEY ARE CHANGING. UNSERE GEDULD IST ZU ENDE. GESTERN HABEN WIR EIN MITGLIED DER ATOMMAFIA ABGESCHALTET. DER GKSS-MANN MUSSTE INS GRAS BEISSEN, WEIL ER EIN RÄDCHEN IN DER MÖRDERISCHEN NUKLEARMASCHINE WAR. FUKUSHIMA IST ÜBERALL, UND AUCH DIE GKSS HAT MIT IHREN EXPERIMENTEN EINE GANZE REGION VERSEUCHT. SCHLUSS MIT DEM ATOMAREN WAHNSINN! ALLE REAKTOREN VOM NETZ, NICHT IN X JAHREN, SONDERN SOFORT! DIESE AKTION WAR NICHT DIE LETZTE GEGEN DIE KILLER UNSERES PLANETEN. NIEMAND SOLL MEHR RUHIG SCHLAFEN, DER UNSERE ERDE VERSTRAHLT, UNSERE NAHRUNG VERGIFTET UND DIE NATUR ZERSTÖRT. ES GAB GENUG WARNUNGEN. WIR HABEN VON DER RAF GELERNT.
    GRÜNE ARMEE FRAKTION
    KOMMANDO FERNANDO PEREIRA
    HIGH UND FREI
     
    »Na also, Baader und Meinhof lassen grüßen.« Rolfes war der Erste, der die Stille unterbrach. »Der Text ist genauso zynisch und anmaßend wie die Botschaften der Roten Armee Fraktion, aber wenigstens verständlich. Diese RAF-Sprüche waren doch immer gequirlte Scheiße. Dagegen ist das hier ja geradezu straight.«
    »Zu geradlinig vielleicht sogar«, warf Mondrian ein, »jedenfalls für Leute, die ein Marihuanablatt als
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