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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See
Autoren: G Wollenhaupt
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freilich nicht für Pöppelbaum. Er jammerte nach Schnitzel und Pommes, wann immer eine Autobahnraststätte angezeigt wurde.
    Kurz vor Darmstadt signalisierte die Benzinuhr Alarm und ich ließ mich breitschlagen. Die Sonne schien. Die Raststätte verfügte sogar über eine Außenterrasse, die einen aufregenden Blick auf Parkplatz, Tanke und die sechsspurige Fahrbahn zuließ.
    Selbstbedienung. Wir schnappten uns jeweils ein schmieriges Tablett und begaben uns zur Essenstheke. Als die Mitarbeiterin des Gourmettempels uns kommen sah, zerstörte sie mit einer Kelle den Trockenfilm auf einer rotbraunen Soße und holte die darin befindlichen Dinge an die Oberfläche. Roulade vom Biorind – war auf einer Schiefertafel zu lesen. Mit Kartoffeln oder Pommes: 11,99 Euro.
    Bevor er bestellen konnte, entdeckte Wayne den Preis. Stumm zogen wir an dem Tresen vorbei. Die Thekenkraft drückte die daumengroßen Fleischrollen in die Soße zurück.
    Ich begnügte mich mit einem Kännchen Kaffee zu acht Euro, Wayne holte sich ein Baguettebrötchen zum Dumpingpreis von sieben Euro, musste dafür aber in Kauf nehmen, dass die Käseränder hochgebogen waren und das Salatblatt eine braune Färbung angenommen hatte. Er aß seine Mahlzeit nicht auf.
    »Heute Abend gibt es was Gutes«, versprach ich. »Dann haben wir die Hälfte der Strecke geschafft. Wir suchen uns einen kleinen Gasthof zum Übernachten. Am besten kurz vor der Schweiz. Möchtest du nicht doch ein hart gekochtes Ei?«
    Ein paar Stunden später verließen wir die Autobahn. Mein Kopf brummte von den Fahrgeräuschen und in meinem Magen lärmten die harten Eier nun doch.
    »Soll ich nicht mal fahren?«, fragte Wayne.
    »Nee, lass mal. Die letzte halbe Stunde schaffe ich noch.«
    »Ich hätte dich ja schon längst abgelöst«, sagte Wayne, »aber du bist ja ziemlich komisch mit deinem Wagen.«
    »Der Golf ist alt und hat Macken. Und die kenne nur ich.«
    »Schlimmer als deine können die nicht sein.«
    »Mit denen kommst du ja auch nicht klar.«
    Je weiter wir nach Süden kamen, desto schöner wurde die Landschaft. Alles wirkte extrem sauber. Nirgends eine alte Zeitung oder eine Plastiktüte – wie staubgesaugt. Weinberge wechselten sich mit tiefgrünen Wäldern ab. Auf den Feldern wuchsen Mais, Hirse, Tabak und Obst. An fast jeder Straßenkreuzung deutete eine Tafel den Weg zu einer Herzklinik oder einem Reha-Zentrum. Es war Nachsaison und viele Gasthäuser hatten ihre Zimmer-frei -Schilder nach draußen gestellt. Trotzdem erwies es sich als schwierig, zwei Einzelzimmer zu bekommen. Die Hotellerie schien Paare als Gäste zu bevorzugen.
    Als es dunkelte, gaben wir auf und nahmen ein Doppelzimmer mit zwei einzelnen Betten.
    »Schnarchst du?«, hoffte ich.
    »Nein. Du?«
    »Ja.«
    Wayne schüttelte ungläubig den Kopf.
    Wir trugen unser weniges Gepäck nach oben und statteten der Gaststube einen Besuch ab. Es gab nur noch Semmelknödel mit frisch gepflückten Pfifferlingen aus dem Schwarzwald.
    Doch das Essen war üppig und lecker. »Es geht nichts über Pilze, die direkt aus dem Wald kommen«, schwärmte ich. Der Hauswein passte gut dazu: unauffällig, aber angenehm.
    Am Nebentisch saß eine einheimische Familie mit einem kleinen Mädchen im Prinzessinnenlook. Das Kind bewarf die Gäste mit Brotstücken und die Getroffenen mussten das niedlich finden. Lilli – so der Name der Kleinen – stand schließlich mit wurfbereitem Arm auch vor mir.
    »Bleib cool, Grappa«, raunte Wayne. »Die will nur spielen.«
    Ich griff ebenfalls nach einem Stück Brot und hob die Hand. Lilli schaute mich empört an, drehte sich zu ihren Eltern um und schrie wütend los.
    So wurde ich zwar nicht zur Zielscheibe für eine Brotattacke, musste mir aber die bösen Blicke der übrigen Gäste gefallen lassen.
    »Lass uns noch einen Schoppen Wein bestellen«, schlug ich vor. »Und den trinken wir im Garten.«
    Draußen legte Wayne seinen Tablet-PC auf den Tisch. »Der Gotthardpass ist frei«, stellte er fest. »Wir fahren über die Berge. Das wird klasse! Bis Stresa sind es nur noch so vierhundert Kilometer.«
    Die Bedienung brachte den Wein. Das Licht der Lampen, die in den Kastanien hingen, spiegelte sich milchig in den beschlagenen Gläsern.
    »Grappa, du bist so still! Was ist los?«
    »Ich überlege gerade, wie wir vorgehen sollen«, sagte ich. »Wir mieten uns im Hotel Milan du Lac ein. Und dann?«
    »Erst mal zum Tatort, ist doch klar. Ich brauch doch etwas zum Fotografieren.« Wayne tippte auf sein
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