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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See
Autoren: G Wollenhaupt
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Tablet. »Guck mal.« Er schob mir den PC hin.
    »Hier ist Stresa. Diese Straße da führt am See entlang und bei Meina – das liegt hier – geht es rechts nach Pisano. Also muss es in dem Wald hier passiert sein. Von Stresa aus gibt es keine andere Piste nach Pisano. Zumindest nicht für Touristen, die die Gegend nicht kennen.«
    Wir bestellten noch einen Krug Wein, betrachteten die beleuchtete Burgruine der Burg Staufen und beschlossen schließlich, ins Bett zu gehen.
    Auf dem Weg zum Zimmer stieß Pöppelbaum mit einer Küchenhilfe zusammen, die den Abfall wegbrachte. Leere Konservendosen kullerten auf den Boden. Auf dem Etikett war zu lesen: Waldkauz-Pfifferlinge, unsortiert, Herkunftsland: Tschechien.
    »Es geht doch nichts über Pilze, die direkt aus dem Wald kommen«, grinste Wayne.
    Hirn in der Leberwurst und Oldtimer in den Bergen
    Natürlich schnarchte der Bluthund doch. Mal hörte er sich an wie eine gequälte Katze, dann wieder wie ein grunzendes Wildschwein, um schließlich – im Morgengrauen – das Pfeifen eines lungenkranken Esels zu imitieren. Es geht doch nichts über Brehms Tierleben im Nachbarbett!
    Der Handy-Alarm signalisierte, dass die Nacht vorbei war. Ich duschte als Erste und vermied es, vorher in den Spiegel zu schauen. Der örtliche Weißwein war arg süffig gewesen – und ich hatte wohl mindestens einen Liter davon vernichtet.
    Murrend torkelte anschließend Wayne ins Bad. Er hielt sich den Schädel, warf mir einen bösen Blick zu und murmelte Unverständliches. Der Tag begann sehr vielversprechend.
    Im rustikalen Frühstücksraum erwartete uns eine mitteilsame Kellnerin. Bevor der erste Kaffee kam, kannte ich ihr halbes Leben. Ich hasste es, vor dem Frühstück zugetextet zu werden. Doch Wayne hatte anscheinend Interesse an der Geschichte. Die ging so: Die Frau hatte studiert und war Inhaberin einer eigenen Firma gewesen, dann wurde sie ganz bös krank, verlor alles und jobbte jetzt als Frühstückskraft. Immerhin hatte ihr neuer Freund einen »großen Laden« in Hamburg und wollte sie bald heiraten.
    »Ich kann mir denken, was der Kerl für einen Laden hat«, flüsterte ich.
    »Sei nicht so böse, Grappa«, nörgelte Wayne.
    »Ich bin wie immer«, muffelte ich.
    »Eben.«
    Ich griff zu einer liegen gelassenen Blöd-Zeitung. Schimpansen erkennen sich am Hintern – titelte das Blatt. Das Wort Arschgesicht bekam schlagartig eine neue Bedeutung.
    Die Frühstückskraft brachte den Teller mit den Delikatessen, die als Brotbelag im Angebot waren: Marmeladetöpfchen, Schmelzkäseecken und Feine Delikatess-Leberwurst. Beherzt griff ich nach Letzterer und verteilte die cremige Pampe auf der Schnittfläche des Brötchens.
    »Weißt du eigentlich, was in Leberwurst so alles drin ist?«, fragte Wayne.
    »Leber?«, mutmaßte ich.
    »Kaum. Muskelfleisch, Speck, Innereien, ein bisschen Leber und die Dinge, die keiner will: Lunge, Herz, Hirn – vor allem Hirn!«
    Ich schob ihm meinen Teller hin. »Hirn? Iss!«
    Die Fahrt über den Gotthardpass bot atemberaubende Ausblicke. Ich mochte die Berge sehr – selbstverständlich nur zum Angucken und wenn ich sie mit dem Cabrio befahren konnte. In der ersten Haarnadelkurve würgte ich den Motor des alten Golf ab, doch bald hatte ich den Bogen raus. Störend waren allerdings die vielen Radfahrer, die sich die Berge hochmühten.
    »Ist dir schon mal aufgefallen, dass auf den schönsten Straßen dieser Welt immer Rudel von Radlern unterwegs sind? Du denkst an nichts Böses, und schon kommen sie dir in einer Kurve entgegen und meckern auch noch, wenn sie geschnitten werden. Und meist sind es ältere Kerle mit verbissenen Gesichtern und Klobrillenbart.«
    »Sei nicht so hart, Grappa! Die haben alle den Herzinfarkt überlebt und befinden sich im Aufbautraining«, erklärte Pöppelbaum.
    »Da finde ich diese Art, die Alpen zu bereisen, schon cooler«, meinte ich und deutete auf einen Konvoi von Oldtimern. »Hätte ich nicht gedacht, dass diese alten Möhrchen noch solche Steigungen schaffen.«
    »Die Autos oder die Männer?«
    »In dem Fall die Autos.«
    Nachdem wir den Gotthardpass überwunden hatten, änderte sich das Klima. Es wurde noch milder und bald entdeckten wir auf einem Dorfplatz die ersten Palmen.
    Am Nachmittag erreichten wir die italienische Grenze. Zollbeamte standen in der Sonne und winkten uns lächelnd durch.
    Kurz vor Stresa tankte ich den Wagen auf. Es ist immer gut, in fremder Umgebung über reichlich Benzin zu verfügen. Beim Bezahlen
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