Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams
Autoren: L Rosen
Vom Netzwerk:
Prolog
    D ie beiden Männer saßen schweigend in der stehen gebliebenen Kutsche. Obwohl die Hitze drückend war, hatten sie die Fenster geschlossen. Der jüngere Mann scharrte nervös mit den Füßen und sah vorsichtig auf. Er spürte, wie ihm der Schweiß in den Nacken lief. »Was Ihr für meinen Sohn getan habt, war sehr freundlich von Euch, Sir.«
    »Nicht der Rede wert«, erwiderte der ältere Mann. Er umklammerte den Griff seines Stocks und starrte das Fenster der Kutsche an, obwohl die Vorhänge zugezogen waren. »Nur eine Kleinigkeit, um ihn und Eure Gemahlin zu zerstreuen, während ich Euch für eine kleine Weile entführt habe. Ich habe den Schlüssel seit Jahren nicht mehr benutzt. Er dient mir lediglich als Sicherheit, falls ich die anderen verliere.« Er betrachtete den großen, bronzenen Ring an seinem Finger und drehte daran. Der jüngere Mann blickte auf seine eigene Hand, die ein gleicher Ring zierte.
    »Die Schlösser sind so oft ausgewechselt worden, dass ich mir nicht einmal sicher bin, ob er noch passt.«
    »Er wird trotzdem seine Freude daran haben, Sir, da bin ich mir sicher.«
    Der ältere Mann seufzte. »Er ist ein schlauer Junge. Wenn die Dinge … Es geht alles dem Ende zu, Volio. Bonne ist auf seine Insel zurückgekehrt und verschwunden. Canterville ist tot, vermutlich hat Rastail ihn ermordet. Von Voukil hat man seit Jahren nichts gehört. Und Knox … « Der ältere Mann hob den Blick und starrte erneut das geschlossene Fenster an. »Ich musste Knox letzte Nacht töten.«
    »Sir?« Volio hielt den Atem an.
    »Ich habe ihm Gift in den Tee getan. Die Symptome sind die gleichen wie bei einem Herzanfall. Er wollte den vermaledeiten Plan um jeden Preis in die Tat umsetzen. Nichts war dafür vorbereitet, keiner von uns hatte zugestimmt. Er wäre gescheitert, spektakulär gescheitert. Er hätte uns allen die Königin und ihre Wachen auf den Hals gehetzt. Uns allen, allen Wissenschaftlern, und Illyria. Das konnte ich nicht zulassen.«
    »Ich … verstehe«, sagte Volio und blickte zu Boden.
    »Es spielt keine Rolle, ob Ihr es versteht oder nicht«, erwiderte der ältere Mann. »Das Ende ist nahe. Es sind nur noch wenige von uns übrig, und meine Tage sind gezählt. In ein oder zwei Jahren wird es mich nicht mehr geben … «
    »Aber, Sir … «
    Der ältere Mann fuhr auf. »Unterbrecht mich nicht.« Er klopfte mit seinem Stock auf den Boden. Einen kurzen Moment schien ein Hauch durch die Kutsche zu wehen.
    »In ein oder zwei Jahren wird es mich nicht mehr geben, dann wird mein Sohn Illyria übernehmen. Er weiß nichts von uns. Und ich möchte, dass das so bleibt. Mit mir wird auch unsere Gesellschaft sterben. Ihr könnt versuchen zusammenzuhalten, was noch davon übrig ist. Unterweist Eure Söhne, falls sie die nötige Stärke besitzen.« Der ältere Mann hustete und betrachtete seine Hände. »Mein Sohn besitzt diese nicht. Doch sorgt für Geheimhaltung. Unsere Ziele … Es sind gute Ziele, gerecht und richtig.« Er sah Volio direkt in die Augen. »Aber sie müssen im Verborgenen verfolgt werden. Unsere Gesellschaft hat versagt. Für den Moment jedenfalls. Vielleicht wird sie irgendwann in der Zukunft jemand realisieren.«
    Volio nickte.
    »Mehr habe ich nicht zu sagen. Geht jetzt.«
    Erleichtert sprang Volio aus der Kutsche in die warme, frische Luft. Er wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und drehte sich zur Kutsche um, die er nun in ihrer Gänze betrachten konnte. Sie war groß und aus Bronze, vollständig geschlossen, mit schwarzen Vorhängen und abgedunkelten Fenstern. Die Rückwand zierte das Siegel von Illyria: ein Schild mit einem Zahnrad darauf.
    Der ältere Mann hatte die Kutsche entworfen. Pferde waren nicht mehr erforderlich, lediglich ein Mann, der den Kessel mit Kohle befüllte und die Kutsche mit einem Rad lenkte. Er nickte dem Heizer knapp zu, der daraufhin zu schaufeln begann. Dann fuhr die Kutsche ohne Pferde in einer Wolke aus Dampf und mit dem Geräusch von knirschendem Metall davon. Volio seufzte und ging ins Haus, um den Geburtstag seines Sohnes zu feiern.
    In der Kutsche lehnte sich der Mann mit dem Stock in die samtenen Polster zurück. Obwohl es heiß war, fror er aufgrund seines Alters ständig. Die Kutsche fuhr schnell und ruhig zurück nach London, wo sie vor der Illyria-Akademie zum Stehen kam. Doch statt durch das Hauptportal einzutreten, wandte er sich in Richtung Garten und öffnete einen engen und versteckten Durchgang in der Außenmauer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher