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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See
Autoren: G Wollenhaupt
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nicht aus wie ein harmloser Tourist«, beharrte Wayne. »Eher wie ein amerikanischer Geheimagent oder Auftragskiller.«
    »Das ist ein neugieriger Opa aus Deutschland, der auf seine alten Tage Anschluss sucht«, meinte ich.
    »Das könnte sein! Als du dich umgedreht hast, ist er ganz schnell im Fahrstuhl verschwunden.«
    »Vermutlich bin ich nicht sein Typ«, grinste ich. »Wir werden ihn morgen bestimmt beim Frühstück sehen. Lass uns an die Bar gehen. Wir sind in Italien und haben noch keinen Wein getrunken.«
    »Ein Skandal«, nickte Pöppelbaum. »Wenn dein Kerl anrückt, bist du wenigstens in guter Stimmung.«
    »Er ist nicht mein Kerl«, widersprach ich. »Wir sind nur gute Freunde.«
    »Ja, und die Erde ist eine Scheibe.«
    Wir platzierten uns so, dass wir den Eingang im Blick hatten. Der Verkehr auf der Straße ließ nach, die letzten Touristenbusse luden ihre Gäste aus und die Schiffe lagen leer im Wasser.
    »Ich hab einen Riesenhunger«, stellte Wayne fest.
    »Ich auch.«
    »Nebenan ist ein schönes Restaurant.«
    »Kleist müsste jeden Augenblick hier sein.«
    Ich hatte recht. Im nächsten Moment stoppte ein Polizeiwagen direkt vor dem Hoteleingang. Kleist entstieg ihm, redete noch ein paar Worte mit dem Fahrer und trat durch die Tür ins Foyer. Das Mädel an der Rezeption fiel aus seinem Phlegma und reichte Kleist einen Schlüssel.
    »Der wohnt ja auch hier«, wunderte sich Wayne.
    »Warum soll er nicht so schlau sein wie wir«, gab ich zurück und rutschte vom Barhocker.
    »Maria!« Kleist hatte mich entdeckt.
    Ich spürte eine jähe Freude. Er küsste mich auf die Wange und begrüßte Pöppelbaum.
    Italienisches Essen und Hunger am langen Arm
    Auf unserem kleinen Erkundungsgang durch die Straßen musterte ich die Speisekarten diverser Restaurants und Trattorien. Hoffentlich kannten sich die Betreiber mit dem Würzen ihrer Speisen so gut aus wie mit dem Pfeffern der Preise. Eine halbe Stunde später saßen wir vor einem Restaurant auf harten Stühlen und studierten die mehrsprachig angebotenen Gerichte. Eine Liveband machte sich spielbereit. Auf Plakaten war zu lesen, dass in Stresa gerade ein Musikfestival stattfand. Die ersten Klänge irischer Volksmusik waren zu hören.
    Kleist wirkte heiter und entspannt. Panamahut und Leinenhemd standen ihm gut und manch wohlwollender weiblicher Blick blieb an ihm haften.
    Wir bestellten Pasta-Variationen, Salat und Vino de la Casa. Eine Unterhaltung war nicht möglich. Die Musik übertönte jeden Satz. Kleist und ich kommunizierten mit Blicken, Wayne verdrehte die Augen, widmete sich dem Rotwein und der Begutachtung der weiblichen Touristenschaft. Endlich packte die Band ihre Instrumente wieder ein.
    »Ich möchte gern etwas mit euch besprechen«, kam Kleist schnell zum Punkt. »Hört mir einfach zu und sagt dann eure Meinung.«
    Das ist ja eine ganz neue Taktik, dachte ich und nahm einen Schluck Wein.
    »Ich bin nach Italien abgeordnet worden, um die hiesigen Kollegen zu unterstützen. Ich informiere sie über die Ermittlungen in Deutschland. Umgekehrt sollen mir die Italiener Einblick geben in das, was sie herausfinden, damit wir in Deutschland weiterkommen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die mich am langen Arm verhungern lassen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Sie haben mir eine Dolmetscherin zur Verfügung gestellt, die gleichzeitig Polizistin ist. Zuerst klappte es ganz gut mit uns. Ich war dabei, als die Hotelzimmer der Opfer untersucht wurden, man stellte mir die Unterlagen der Spurensicherung zur Verfügung und zeigte mir den Tatort. Alle waren freundlich und zuvorkommend. Seit heute Morgen ist das anders.«
    »Wie meinst du das?«
    »Die Dolmetscherin übersetzt nicht mehr korrekt. Man hat mir ein sehr wichtiges Detail vorenthalten, das für die Aufklärung des Falles von erheblicher Bedeutung sein könnte.«
    »Wie kannst du beurteilen, dass die Übersetzerin schlampt?«, wollte ich wissen.
    »Ich kann Italienisch.«
    »Das hast du nicht gesagt?«
    »Wenn man der Wahrheit auf der Spur ist, sollte man nicht zu viel von sich selbst preisgeben«, grinste der Hauptkommissar. »So kann man seine Gegner in Sicherheit wiegen.«
    »Du siehst die italienischen Kollegen als Gegner?«
    »Anfangs nicht, jetzt schon. Bei David Cohn, einem der Opfer, wurde bei der Obduktion ein USB-Stick gefunden. Er hat ihn kurz vor seiner Ermordung verschluckt. Ich bekam mit, wie die Dolmetscherin angewiesen wurde, mir davon nichts zu sagen.«
    »Das ist ja ein
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