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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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Wahrheit
    Als ich Betty Blasius im Sender traf, lud ich sie zu mir zum Abendessen ein. Daß Mike Zech auch da sein würde, verschwieg ich. Ich war wild entschlossen, an dem Abend ein großes Stück weiterzukommen.
    Sie kam pünktlich und war ahnungslos. Eine gute Voraussetzung. Um ihre Zunge zu lockern, gab‘s zur Begrüßung einen Grappa. Immerhin 50 Prozent Alkoholgehalt. Sie trank gleich zwei.
    Dann kam Mike Zech. Sie machte große Augen, er spielte den Charmeur. Sie merkte noch immer nichts. Wie auch?
    Ihr draller Körper steckte in den gewöhnlichen superengen Sachen. Als sich Zech neben sie platzierte, schmiegte sie den halb bedeckten Oberschenkel an sein Bein. Bei jedem Lacher rutschte der Rock ein Stückchen weiter nach oben.
    Hoffentlich vergißt er seine Rolle nicht, dachte ich grimmig. Meine Rolle hieß zunächst: »Zuvorkommende Gastgeberin«. Ich ließ die beiden allein und tummelte mich in der Küche.
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Mürrisch knallte ich die Oliven in den Salat und stieß dabei den Balsamessig um.
    Ich blickte wie gebannt auf das Malheur. Die dunkle Flüssigkeit tropfte wie eine Blutspur vom Tisch auf den Boden. Mein Magen krampfte sich plötzlich zusammen, so daß ich leise aufstöhnte. Es wurde höchste Zeit, die Sache zu Ende zu bringen, sonst würde ich auf der Couch eines Psychiaters landen oder John Masul auf seinem Weg nach ganz unten folgen, schoß es durch meinen Kopf.
    Ich riß mich zusammen. Übte im Flur ein neutrales Lächeln im Garderobenspiegel. Im Wohnzimmer war Mike Zech ein gutes Stückchen weitergekommen. Betty Blasius hatte die Schuhe ausgezogen und ihre Beine über seine gelegt. Er warf mir heimlich einen hilfesuchenden Blick zu.
    Lügner, dachte ich.
    »Wir können essen!« flötete ich dann. »Können Sie Ihre Hände mal an den Korkenzieher legen und die Weinflasche öffnen?«
    Zech riß sich los und machte sich an der Flasche zu schaffen. Dabei schaute er mich an. Ich schüttelte unmerklich den Kopf. Nein, es war noch viel zu früh.
    »Habe ich einen Hunger!« sagte Betty und sah ihn dabei an. Er spitzte die Lippen zu einem Küßchen.
    »Ihr beide seid wohl sehr verliebt!« sagte ich gönnerhaft und quälte mir ein sonniges Lächeln ab.
    »Ich bin‘s jedenfalls!« plapperte sie.
    Eigentlich wäre er jetzt dran gewesen, Ähnliches kundzutun. Doch er hielt den Mund.
    Der Salat war schnell verputzt. Ich trug die Teller in die Küche. Zech folgte mir. »Wann sollen wir beginnen?« flüsterte er.
    Ich goß die Pasta durch ein Sieb ab. Das kochende Wasser verbrannte mir die Hand. Meine Nerven lagen blank. »Wir fangen an, nachdem wir den zweiten Gang hinter uns haben!«
    »Gut. Kann ich etwas helfen?«
    »Reiben Sie bitte den Käse!« bat ich. In der rechten Hand hatte ich die Reibe, in der linken einen Brocken Parmesankäse. Er
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umfaßte meine Hüften, zog mich zu sich heran und küßte mich.
    »Bleib ganz ruhig! Ich merke, daß du angeschlagen bist. Dabei siehst du so schön aus mit deiner Schürze und der finsteren Miene«, flüsterte er in mein Ohr, »wie eine Mischung aus Hexe und Hausmütterchen. Auch die Spaghetti in deinem roten Haar stehen dir gut. Das macht mich richtig an!«
    »Das sind keine Spaghetti, sondern >Penne rigate« al dente. Reibst du nun endlich den Käse?«
    Er grinste. Der Eisberg in mir fing an zu schmelzen.
    »Mache ich das alles richtig?« kokettierte er mit dem Blick auf den geriebenen Käse.
    »Das wird sich noch zeigen«, antwortete ich zweideutig, »manche Tätigkeiten, die auf den ersten Blick ganz einfach sind, entpuppen sich später als unüberwindliche Barrieren.«
    »Kein Problem für einen Mann, der die Herausforderung liebt!«
    »Wo bleibt ihr zwei?« krähte Betty Blasius ziemlich ungehalten zu uns herüber.
    »Du kommst noch früh genug dran!« zischte ich leise. Und dann laut: »Wir kommen sofort.«
    Am Tisch sorgte ich dafür, daß Betty ordentlich aß und vor allem trank. Dann nickte ich Mike unmerklich zu.
    »Sag mal, Betty«, begann ich, »John Masul hat dir doch einen Film gegeben, bevor er starb. Hast du ihn dir mal angesehen?«
    Sie war plötzlich die Aufmerksamkeit in Person. »Welchen Film? Wie kommst du darauf? Er hat mir nichts gegeben!«
    »Das verstehe ich nicht«, meinte Mike, »Alfons Brokkoli weiß, daß du diesen Film hast. Er hat es mir erzählt. Er wollte Kontakt zu dir aufnehmen. Hat er sich noch nicht bei dir gemeldet?«
    Die Attacke hatte sie zum richtigen Zeitpunkt getroffen. Eingelullt in Liebeserwartung Promille
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