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TS 38: Planet der Amazonen

TS 38: Planet der Amazonen

Titel: TS 38: Planet der Amazonen
Autoren: Poul Anderson
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1. Kapitel
     
    Korporal Barbara Whitley von Freetoon, erbliche Jägerin, Staffelführerin der Reiterei und Novizin in den Mysterien, hielt ihren Orsper an und spähte durch das Gestrüpp.
    Sie war den bewaldeten Bergabhang auf einem Weg hinuntergekommen, der sich südlich an der Stadt vorbeiwand. Der Wald endete vor ihr, so sauber wie von einer Axt abgeschnitten. Hinter ihr und auf den beiden Seiten erhob sich der Bergkamm. Voraus, beinahe am Horizont, befand sich eine Baumreihe, und ein metallisches Glitzern unter tiefstehenden Sonnen verriet, wo sich der Heilige Fluß seinen Weg zum Meer suchte.
    Große, weiße Wolken wanderten über einen windbewegten Himmel. Zu dieser Tages- und Jahreszeit waren beide Sonnen sichtbar. Die erste, Ay, war ein so heller Lichtfleck, daß sie in den Augen schmerzte; sie ging im westlichen Himmel unter. Die zweite, Bee, ein mächtiger goldener Schimmer, stand etwas vor Ay, nahe am Rande der Welt. Minos, groß und mächtig, wuchs allmählich etwas südlich vom Zenith an. Der Mond Ariadne war eine bleiche Halbscheibe, die sich rasch vom Planeten entfernte. Bei Tageslicht war der innerste Mond Ägäus, ein kleiner eiliger Sternenpunkt, nicht sichtbar, aber die sechs kommenden Nachtstunden würden dafür in seinem Licht stehen.
    Es war das Ding im Tal, fünf Kilometer vom Ende des Vorgebirges entfernt, auf das Barbara Whitley ihren Blick richtete.
    Es stand aufrecht, in stählernem Glanz flimmernd, wie ein schlanker Kriegspfeil. Sie schätzte seine Höhe auf vierzig Meter. Das war viel kleiner als das Schiff des Vaters, aber es besaß annähernd die gleiche Form, wenn die Erzählungen der Eingeweihten der Wahrheit entsprachen. Und es mußte vom Himmel gekommen sein.
    Ein Schauer durchfuhr sie. Barbara war nicht besonders gottesfürchtig, keine der Whitleys war es, aber dies war ein Mysterium. Sie hatten es immer vorausgesagt; sie sangen es in ihren Ritualen und sie erzählten es den Kindern in Regennächten, wenn die Herdfeuer hoch aufloderten.
    Eines Tages werden die Männer kommen, um uns zu holen!
    Der Orsper scharrte mit den Krallen und gluckste ungeduldig. Das Krachen von Leder und das Klirren von Stahl erschienen Barbara Whitley wie Donnern. „Vater verdamme dich, steh still!“ murmelte sie.
    Sie vermochte keinerlei Bewegung auszumachen bei dem Pfeildings. Es verharrte ruhig im Tal, und die Lautlosigkeit war das Entnervendste von allem. Als ein Windhauch in den Blättern über ihr raschelte, ritt sie los. Sie fühlte kalten Schweiß unter dem Lederharnisch.
    Ihre Hand tastete nach dem Horn, das um ihre Taille geschlungen war. Sie konnte die anderen herbeirufen. Als man den glänzenden Gegenstand an diesem Morgen hatte landen sehen, ohne daß jemand sagen konnte, wo er niedergegangen war, hatte Claudia, die alte Udall, die ganze Armee auf die Suche geschickt. Sie, Barbara, hatte das Glück, diejenige zu sein, die ihn fand.
    Die alte Udall hatte keine bestimmten Befehle erteilt – nur die Anordnung, daß die erste Späherin, die das Unbekannte entdeckte, die Nachricht unverzüglich zurückbringen sollte, aber …
    Vielleicht war dies auch ein Raumschiff der Monster. Die Monster waren eine halbe Volkssage; es hieß, daß sie auf den Sternen lebten und daß die Männer mit ihnen verkehrten – manchmal freundschaftlich, manchmal auch anders.
    Eine verirrte Locke von rostrotem Haar quoll unter Barbaras Helm hervor und kitzelte ihre Nase. Sie mußte niesen. Es schien etwas in ihr zu lösen.
    Jetzt, da sie darüber nachdachte, mußte es Monster in jenem Schiff geben, wenn es ein Schiff war. Die Männer würden viel eindrucksvoller ankommen, zuerst beim Schiff des Vaters landen und dann in den verschiedenen Städten. Und es würden Glorienscheine und Ähnliches um sie herum sein und Diener aus Metall … nun, so sollte es sein. Und sagte nicht das Lied von ,Barbara Einaug’: „Und Minos wird am Himmel stehen, wenn die Männer niedergehen?“
    Barbara hatte nie viel Zeit benötigt, um ihre Entschlüsse zu fassen. Sie nahm ihre Ausrüstung mit rascher, berufsmäßiger Sorgfalt zusammen. Der Harnisch saß fest, und die Streifen ihres Röckchens bedeckten ihre Schenkel bis zu den Knien. Ihre Sturmhaube war sicher auf ihrem Kopf und die blaue Decke gut befestigt. Die Streitaxt an ihrem Sattel war erst gestern geschliffen worden, ihr Dolch war spitz und das Lasso geölt. Sie richtete die automatische Armbrust auf und klemmte sie in die Beuge ihres linken Armes. Ihre rechte Hand hob die
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