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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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Suspendier-
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ter leisten kann. Ihr Lippenstift paßt gut zu Ihren roten Haaren.«
    Er schleppte die Sachen ins Wohnzimmer. Ich ging hinter ihm her. Sein Hintern zeichnete sich deutlich unter dem dünnen Leinenstoff ab. Er hatte Ähnlichkeit mit dem, den ich in der Mordnacht gesehen hatte, als Rosi Ritzenbaum in eindeutiger Käferstellung auf dem Rücken gelegen hatte. Doch die Hinterteile von Männern auseinanderzuhalten ist noch viel schwieriger, als sich an die Gesichter zu erinnern.
    Im Wohnzimmer schritt Zech zu der Stereoanlage und legte spanische Gitarrenmusik auf. Irgendein Konzert von Rodrigo. Die Töne perlten durch den Raum. Ich kam mir vor, als hätte ich dieselbe Szene schon mehrmals erlebt. Essen, Musik, ein gepflegter Dialog. Warum lief im Mann-Frau-Spiel immer die gleiche Nummer ab? Normierte Rituale vermitteln zwar Geborgenheit, doch sie bescheren auch Langeweile.
    Ich betrachtete ihn. Selbstzufrieden lag er zurückgelehnt auf dem zweisitzigen Sofa, das ich bereits kannte. Er schob sich ein Lachsbrötchen mit Dillmayonaise in den Mund. Ein bißchen davon blieb an seiner Oberlippe haften. Er bemerkte es und fuhr mit der Zungenspitze darüber. Dann nippte er am Glas, an dem Spuren des Happens zurückblieben.
    »Was ist mit Ihnen? Sie gucken so traurig.«
    Er meinte es gut und wollte sich und mir nur einen netten Abend bereiten. Ich fing langsam an, kompliziert zu werden.
    Der Wein war kühl und trinkbar. Rodrigo zupfte, was die Saiten hergaben. In dem kleinen Raum machte sich die Schwüle spanischer Gärten breit. Es wurde Zeit durchzustarten.
    »Klassische Gitarre in allen Ehren. Ich möchte aber lieber hören, was Brokkoli mit Wüsten besprochen hat. Sind Sie gar nicht neugierig?«
    »Ich habe schon mal reingehört. Als ich draußen stand und auf Sie gewartet habe. Ein wirklich interessantes Gespräch.«
    »Dann lassen Sie mich bitte an Ihrem Erkenntnisprozeß teilhaben«, forderte ich kühl.
    Er stand auf und drehte Rodrigo den Saft ab. Sofort sank die
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Wärme im Raum um zwei Grad nach unten. Ich atmete freier. Er spulte die kleine Kassette zurück, drückte auf »play«. Brokkolis hessischer Akzent und Elster-Elvis‘ krächzende Laute waren trotz vieler Hintergrundgeräusche gut auseinanderzuhalten.
    »Was ist mit dem Film? Hast du ihn endlich?«
    »Wir haben alles durchsucht. Ohne Erfolg.«
    »Ihr wißt, was das bedeutet? Ich habe die Filme nur verkauft. Und selbst das ist nicht beweisbar. Ihr seid doch verdammte Flaschen!«
    »Was sollen wir tun? Der Kerl war cleverer, als wir dachten.«
    »Wie ist er überhaupt an die Kassette gekommen? Ihr habt euch den Streifen wohl im Büro angeguckt, ihr verdammten Pfeifen. Um euch aufzugeilen, oder?«
    »Masul hat meinen Schrank aufgebrochen und durchwühlt. Er suchte den Porno mit seiner Kleinen. Dabei hat er den anderen Film gefunden und ihn mitgenommen.«
    »Ihr seid vielleicht dämlich. Laßt einen solchen Film im Büro liegen.«
    »Wieso? Gerade da war er sicher! Da liegen jede Menge Kassetten herum. Das wäre niemals jemandem aufgefallen!«
    »Hat euch Masul damit erpreßt?«
    »Der doch nicht. Dazu hatte er überhaupt nicht den Mut. Der war schon halbtot. Krebs oder sowas. Nein, er wollte den Film den Bullen geben.«
    »Habt ihr ihn deshalb vom Dach geworfen?«
    »Ohne den Film zu haben? Du hältst uns zwar für dämlich, Brokkoli, doch so blöd sind wir nun wirklich nicht. Er sprang vorher.«
    »Und woher hatte er den Schlüssel, um aufs Dach zu kommen?«
    »Wir haben ein Duplikat. Das haben wir ihm gegeben, nachdem wir ihn verprügelt hatten. Eigentlich war‘s nur ein Spaß. Wir haben ihm gesagt, daß er so alle seine Probleme lösen kann. Keiner von uns hat daran geglaubt, daß er wirklich springt. Ehrlich! Wir konnten nur noch den Schlüssel aus der Stahltür ziehen, als es vorbei war. Er sollte nur einen kleinen Schrecken kriegen, ehrlich!«
    »Und die Prügel haben wirklich nichts genutzt?«
    »Nicht die Spur. Wir haben es mit allen Mitteln versucht. Er hat nur gesagt, daß der Film in Sicherheit ist. Und daß wir bezahlen müßten. Und
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damit hat er kein Geld gemeint. Mensch, Alfons! Der wollte uns alle drei in den Knast bringen!«
    »Alle drei? Wohl eher euch beide. Ich hätte mich da schon rausgewurstelt.«
    »Was sollen wir tun? Der Tod dieser Sekretärin hat die Sache noch verschärft. Die Bullen haben diesen Zech inzwischen laufenlassen.«
    »Hör endlich auf mit deinem Gejammer. Ihr wart ja so sicher, daß
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