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Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
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herausstellte, hatte ich beides: Recht und Unrecht. Die beiden hatten über mich geredet, allerdings nicht
über die Frage, ob meine Unterbringung geeignet war oder
nicht.
»Ich steck den Wasserkocher ein«, murmelte Ganesh leise.
»Nein, ich mache den Kaffee«, sagte ich. »Und dann können wir drei uns hinsetzen und in zivilisierter Weise miteinander reden.«
»Worüber denn reden?« Er sah mich mit finsteren Blicken an.
»Darüber, dass ich in der Garage wohne. Oder geht es
nicht um dieses Thema? Ihr müsst euch wegen mir keine
Gedanken machen. Ich finde auch irgendwo anders einen
Platz zum Schlafen.«
Ein Kunde betrat den Laden, und Hari wandte sich mit
einem zutiefst misstrauischen Ausdruck im Gesicht zu dem
Kunden um – jenem Ausdruck, der für Leute reserviert ist,
die er noch nie zuvor in seinem Laden gesehen hat. Einem
Ausdruck im Übrigen, der nur ein bisschen weniger misstrauisch ist als jener, mit dem Onkel Hari Stammkunden
bedient. Ganesh folgte mir ins Badezimmer, wo ich den
Wasserkocher aus dem Wasserhahn füllte. Okay, ich weiß,
das klingt vielleicht nicht besonders hygienisch, aber weil
Ganesh das ganze Bad vollständig hat renovieren lassen, als
Onkel Hari kurz vor Weihnachten zu Hause in Indien war,
ist alles sehr hübsch und sauber. Es gibt sogar einen Luftverbesserer aus Plastik, und man wird vom Duft nach Waldfarn überwältigt, sobald man das Badezimmer betritt.
»Wir haben rein zufällig nicht darüber geredet«, sagte
Ganesh auf eine Weise, die er an den Tag zu legen pflegt,
wenn er immer noch sauer auf mich ist, irgendwie kritisch
und vorwurfsvoll zugleich. Was in der Regel bedeutet, dass
er mir irgendetwas sagen will, zu meinem eigenen Besten,
das ich nicht hören will.
Ich drückte den Stecker für den Wasserkocher in die
Steckdose an der Wand. »Ach, tatsächlich?«, fragte ich.
»Ja, tatsächlich!« Er zögerte, dann fuhr er fast ein wenig
verlegen und viel freundlicher fort: »Fran, du steckst doch
nicht in irgendwelchen Schwierigkeiten, oder?«
»Was denn, ich?« Der Wasserkocher zischte leise, als der
Inhalt den Siedepunkt erreichte. Ich nahm die Becher aus
dem Regal, die eigens zu diesem Zweck dort aufbewahrt
werden, und löffelte Nescafé hinein.
»Ganz im Ernst, Fran. Ein Typ war hier und hat sich nach
dir erkundigt.«
Das rüttelte mich endlich auf. Ich stand dort mit dem
Teelöffel in der einen und dem Nescaféglas in der anderen
Hand und starrte Ganesh an. »Wer?«
»Keine Ahnung. Hab ihn noch nie vorher gesehen.«
»Vielleicht das DSS?« Das DSS ist das Amt für Sozialwesen, und es erschien mir als die naheliegendste Möglichkeit.
»Vielleicht denken sie, ich würde unberechtigt Sozialhilfe
beziehen und insgeheim hier im Laden arbeiten.«
»Du kannst deinen Job jederzeit wieder haben, sobald die
Geschäfte ein wenig besser laufen«, erwiderte Ganesh. »Aber
nein. Es war nicht das Sozialamt. Diese Leute erkennt man
doch auf den ersten Blick.«
»Nicht die Cops?« Ich wurde allmählich ein klein wenig
nervös.
»Jedenfalls nicht die gewöhnlichen Cops. Hier, er hat seine Visitenkarte dagelassen.« Ganesh kramte in seiner Gesäßtasche und zog ein zerknittertes Stück weißen Karton
hervor, das er mir entgegenhielt, obwohl ich keine Hand frei
hatte, es zu nehmen. Der Wasserkocher brodelte.
»Warte, einen Augenblick, ja?«, sagte ich. Ich schüttete
das Wasser über das Kaffeepulver in den Bechern, legte den
Löffel beiseite und nahm die Karte.
»Das ist ein Hochstapler«, sagte ich, als ich die Karte
überflogen hatte.
»Aber Fran, wie kann das sein? Er hat gedruckte Visitenkarten! Er muss der Druckerei sagen, wer er ist und so weiter!«
»Gan«, sagte ich geduldig. »Niemand, wirklich niemand
auf der Welt läuft mit dem Namen Clarence Duke durch die
Gegend.«
»Aber wieso denn nicht?«, fragte Ganesh aufrichtig verwirrt.
»Weil das der Typ ist, der in einem Fass Malmsey ertrunken ist. Der Duke of Clarence, meine ich. Ich kenne mich
mit Shakespeare aus. Es ist aus Richard III.«
Mein Ehrgeiz ist es – obwohl noch unerfüllt –, Schauspielerin zu werden. Zugegeben, ich habe den Kursus in Dramaturgie nicht abgeschlossen, den ich besucht habe, nachdem
man mich von der Schule geworfen hatte, doch das aus
Gründen, die ich, wie man so schön sagt, nicht zu verantworten hatte.
»Was ist denn Malmsey ?«, fragte Ganesh.
Ich erwiderte, dass es sich wohl um irgendeinen süßen Wein
handeln müsse. Worauf Ganesh meinte, er hätte bei Oddbins
noch nie einen
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