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Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
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Orangen
verkauft. »Ganz lausige Gewinnspannen«, erklärte mir Ganesh irgendwann einmal düster.
Es gab nicht genug Platz für ihn in High Wycombe, also
war er nach Camden gegangen, um seinem Onkel Hari mit
seinem Zeitungsladen zu helfen. Ich fragte ihn irgendwann
einmal, ob er je überlegt hätte, für jemand anderen zu arbeiten, der nicht zur Familie gehörte, doch Ganesh wurde zickig
und sagte nur, das würde ich nicht verstehen. »Das verstehst
du nicht« waren überhaupt Ganeshs Lieblingsworte, um einen Streit abzubrechen, bei dem er zu verlieren drohte.
Als wir in Rotherhithe lebten, war seine Familie mir gegenüber stets freundlich gewesen, und ich hatte hin und
wieder am Wochenende im Laden ausgeholfen, genau wie
ich es inzwischen hier in Camden in Onkel Haris Laden tue.
(Dieses Familiengeschäft breitet sich ungezügelt aus, wie Efeu.)
Das Blöde daran ist nur – ich habe keine Familie. Ich glaube, das ist es, was den alten Patels am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Es ist etwas, das sie einfach nicht begreifen
können. Ich bin jung, ledig, eine Frau und schlage mich auf
eigene Faust durchs Leben. Es schockiert und beunruhigt
sie. Sie denken, irgendjemand sollte sich um mich kümmern. Nur dass es nicht ausgerechnet ihr Sohn Ganesh sein
sollte. Sie haben ohne Zweifel ihre eigenen Pläne mit ihm,
auch wenn sie bislang nicht ein Wort darüber haben verlauten lassen, wie diese Pläne aussehen mögen. Was Ganesh
immer ganz nervös macht, wenn er darüber nachdenkt, und
froh, wenn er seinen Eltern aus dem Weg gehen kann.
Jedenfalls, am nächsten Morgen, nachdem ich aufgewacht war, hundemüde und unzufrieden, wurde mir bewusst, dass ich irgendetwas unternehmen musste, um den
Streit mit Ganesh beizulegen, und zwar auf der Stelle. Und
wenn es bedeutete, dass ich in den Laden gehen und die
weiße Flagge hissen musste, dann sollte es eben so sein. Ich
beschloss, bis ca. Viertel vor elf zu warten. Hari und Ganesh
machen um diese Zeit üblicherweise eine kurze Frühstückspause, nachdem das morgendliche Zeitungsgeschäft sich ein
wenig beruhigt hat. Doch weil Samstag war, würde den ganzen Tag über Betrieb herrschen, und sie wären wahrscheinlich dankbar, wenn jemand ihnen den Kaffee machte und
sich für sie hinter den Ladentresen stellte, während die beiden nacheinander ihren Muntermacher tranken.
Ich trat also durch die Hintertür meiner Garage und
durchquerte den mit allem möglichen Kram voll gestellten
Hof bis zu der Tür, hinter der sich der Lagerraum von Onkel Haris Laden befand.
Dieser Lagerraum ist eine wahre Schatzkammer, doch sie
sieht aus, als hätte darin ein Hurrikan gewütet. Auf den
staubigen Regalen stapeln sich Großpackungen mit Süßigkeiten, die ohne erkennbares System ineinander verkeilt
sind. Dosen mit Softdrinks bilden wacklige Türme. Und
zwischen alledem gibt es Schachteln mit anderen Eigentümlichkeiten wie beispielsweise Kugelschreiber und Tesafilm,
Kalender vom Vorjahr (fragen Sie mich nicht nach dem
Grund – möglicherweise hofft Onkel Hari, dass er sie verkaufen kann, wenn die Tage sich wiederholen … ) und liegen gebliebenes Weihnachtspapier, das Hari definitiv im
nächsten Winter zu verkaufen gedenkt. Es sieht absolut
chaotisch aus, doch glauben Sie mir, Hari weiß die Stückzahl und den Aufbewahrungsplatz von jedem Schokoriegel
und jedem einzelnen Einwegfeuerzeug.
Ich bahnte mir einen Weg zwischen alledem hindurch
und betrat den Laden.
Ich fing eine kurze Unterhaltung zwischen zwei Kunden
auf. Hari und Ganesh standen vor der Registrierkasse in der
Ecke und stritten offensichtlich wegen irgendetwas, und ich
war fast bei ihnen, bevor sie mich bemerkten. Onkel Hari
sah mich als Erster. Er bedeutete Ganesh mit einer hastigen
Handbewegung, den Mund zu halten, und begrüßte mich.
»Fran, meine Liebe!«
Ganesh blickte mich ausweichend an. Aha, dachte ich. Sie
haben also wegen mir gestritten. Ganesh hatte am Abend
zuvor gejammert, warum ich in der Garage wohnte, wo ich
doch als Untermieterin in die Wohnung ziehen könnte.
Und Hari fing wohl allmählich an, sich darüber zu sorgen,
wie lange ich noch in der Garage wohnen würde – und sich
noch mehr darüber zu sorgen, was wohl die Familie sagen
würde, wenn er mich in seiner Wohnung aufnahm.
Ich ärgerte mich ziemlich, weil ich das Gefühl hatte, dass
sie über mich geredet hatten wie über eine streunende Katze, die sie vielleicht, vielleicht aber auch nicht bei sich aufnehmen würden.
Wie sich
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