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023 - Die Vampir-Klinik

023 - Die Vampir-Klinik

Titel: 023 - Die Vampir-Klinik
Autoren: A.F.Morland
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Melusine verschwand im schwarzen Schatten einer alten, hoch aufragenden Baumgruppe. Charlton Dodd hatte Mühe, seine Frau nicht aus den Augen zu verlieren.
    Er mußte wissen, wohin sie sich begab, und wenn ein Mensch dran glauben sollte, war es seine Pflicht, dies zu verhindern. Erschüttert fragte er sich, wie vielen Menschen Melusine schon das Blut ausgesogen hatte.
    Und warum hatte sie ihn bisher verschont? Wie lange führte sie dieses Leben als Schattenwesen schon? Dodd erinnerte sich an einen Abend vor zwei Monaten.
    Melusine hatte ihre Schwester in London besucht. Da Dodd seine Schwägerin nicht ausstehen konnte, hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, Melusine dorthin niemals zu begleiten.
    Er genoß die Abwesenheit seiner Frau, trank guten alten Sherry und schmökerte in seinen zahlreichen Büchern, wozu er ohnedies niemals kam, wenn seine Frau daheim war.
    Ziemlich bleich war Melusine nach Hause gekommen. Da der Wagen eine Meile vor dem Ziel den Geist aufgegeben hatte, hatte Melusine den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen müssen.
    Dodd führte die Müdigkeit seiner Frau darauf zurück. Er ließ den Wagen anderntags von der Werkstatt abholen und in Ordnung bringen. Es bereitete ihm Kummer, daß sich seine Frau selbst 24 Stunden später immer noch nicht erholt hatte.
    Fahl saß sie im Wohnzimmer, aß nichts, trank nichts, starrte nur zum Fenster, und es hatte den Anschein, als sehnte sie die Nacht herbei. Von einem Arztbesuch wollte sie nichts wissen.
    Sobald die Dämmerung einsetzte, schien sie sich etwas wohler zu fühlen, und Dodd bemerkte eine gewisse Unruhe bei ihr, die sie vor ihm zu verbergen versuchte.
    Mehr und mehr machte sie die Nacht zum Tage. Natürlich störte Dodd das, aber er wußte nicht, was dahintersteckte. Oft ging er schlafen, während Melusine noch lange aufblieb.
    Dafür zog sie sich am Tage dann ins Schlafzimmer zurück, zog die dicken Übergardinen zu und wollte nicht gestört werden. In letzter Zeit bekam Dodd sie fast nur noch zu Gesicht, wenn es dunkel geworden war.
    Jedem diesbezüglichen Gespräch ging Melusine aus dem Weg, und Dodd konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sich seine Frau nachts, wenn er schlief, mit irgend jemandem traf.
    Vor zwei Tagen erwachte er früher als sonst. Der Morgen war noch düster, und Dodd hörte seine Frau das Haus betreten. Sie schien es sehr eilig zu haben, in das schützende Gebäude zu gelangen.
    Heute wußte er, daß sie damals vor dem anbrechenden Tageslicht geflohen war. Sie hatte das Bad aufgesucht, und er war der Meinung gewesen, Blut auf ihren Lippen gesehen zu haben.
    Als sie eine Stunde später im Bett lag und tief schlief, vermeinte er, unter ihrer Oberlippe die dolchartigen Spitzen der Eckzähne hervorlugen zu sehen.
    Erschüttert begriff er das Schreckliche. Melusine war kein Mensch mehr. Sie sah nur noch so aus. In Wirklichkeit aber war sie eine gefährliche Bestie.
    Das Grauen mußte in jener Nacht vor zwei Monaten zugeschlagen haben, als der Wagen streikte und Melusine den Heimweg zu Fuß fortsetzen mußte. Wem war sie auf ihrem Weg damals begegnet? Was hatte sich in jener schicksalsträchtigen Nacht abgespielt?
    Dodd zweifelte daran, daß er das jemals herausfinden würde.
    Melusine würde es ihm bestimmt nicht erzählen, und von wem sonst sollte er es erfahren? Er wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.
    Er hatte seine Frau verloren. Sie lebte mit ihm zwar noch unter einem Dach, war jetzt aber ein gefährliches Ungeheuer, das irgendwann auch über ihn herfallen würde.
    Dodd wußte, daß er in Melusines Nähe seines Lebens nicht mehr sicher war. Die Situation wurde von Tag zu Tag unhaltbarer. Es mußte etwas geschehen. Aber was?
    Eigentlich war das gar keine Frage. Man hätte die Vampirin töten müssen, aber bei dem Gedenken krampfte sich Dodds Herz zusammen. Die eigene Frau… O Gott, dazu konnte er sich einfach nicht überwinden.
    Dabei wußte er, daß kein Weg daran vorbeiführte, und je länger Melusine als Schattenwesen am Leben blieb, um so größer war die Gefahr, daß sie den schrecklichen Vampirkeim an andere Menschen weitergab.
    Sie war ein grausames Ungeheuer, das keine Gnade kannte, und so durfte man auch ihr gegenüber nicht gnädig sein. Sie mußte sterben, je eher, desto besser.
    Es war kein Mord, den Charlton Dodd begehen würde, das war ihm klar, denn umgebracht hatte jemand anders seine Frau. Wenn er sich dazu aufraffte, ihr das unselige Leben zu nehmen, dann tat er nichts
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