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Gottessoehne

Gottessoehne

Titel: Gottessoehne
Autoren: Tyra Reeves
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beobachtet wurde. Die Katzen konnten sich nie an dem merkwürdigen Schauspiel satt sehen, das ihre geliebte Dosenöffnerin unter dem herab rieselnden Nass veranstaltete. Endlich wurde das allmorgendliche Badezimmerritual beendet, und ihr menschlicher Mitbewohner machte sich auf den Weg in die kleine Küche. Liebevolles Streichen um die Beine sollte ihrem Menschen nun eindeutig zu verstehen geben, dass es höchste Zeit für ihr Frühstück war.
    »Hier, Bangla«, Kate schob einen vollen Futternapf unter des Kätzchens Nase »und dieser Napf ist für dich, Desh«. Zufriedenes Schnurren erfüllte den Raum. Kate streckte sich und schaltete die Kaffeemaschine ein. Dann begab sie sich ins Schlafzimmer, zog sich Jeans, weiße Bluse und einen blauen Blazer an, strich ihr Bett glatt und trat dabei auf etwas Weiches, Nachgiebiges. »Oh, nein. Der Morgen fängt ja gut an.« Auf dem dunklen Holzparkett prangte ein grüner, öliger Farbfleck, während sich Kates dicker Zeh langsam von der daneben liegenden Farbtube hob. Fluchend griff sie nach einem alten Lappen, der von Farbe nur so strotzte und wischte den Farbklecks auf. Die Tube flog im hohen Bogen in eine Schachtel, in der weitere Malutensilien lagen. Dabei fiel ihr Blick auf die bemalten Leinwände, die gestapelt an der Wand lehnten. Das oberste zeigte eine Tänzerin in rot und schwarz gekleidet, die anscheinend schwerelos durch eine Menschenmenge kreiste. Doch irgendwie fehlte dem Bild noch der letzte Schliff. Ihre innere Version von dem Gemälde wollte einfach keine Gestalt annehmen. Dieses Wochenende würde sie sich endlich wieder einmal der Malerei widmen.
    Köstlicher Kaffeeduft lockte sie in die Küche, in der die beiden Katzen genüsslich ihr Mahl kauten. Kate trank die Tasse Kaffee im Stehen, wischte die Küchenzeile sauber, gab Bangla und Desh einen Abschiedskuss und machte sich auf den Weg zur Arbeit. »Ein Tag, wie jeder andere«, ging es ihr durch den Kopf, als sie sich in die wie jeden Tag überfüllte U-Bahn von New York City zwängte. Die Leute um sie herum hingen ihren Gedanken nach oder lasen die Tageszeitung. Jeder war ganz für sich.
    Aus der U-Bahn aussteigen, die Station hoch, einen Block weitergehen, durch die Drehtür in das riesige Bürogebäude, den Pförtner grüßen, in den Lift hinein, mit anderen unwilligen Mitmenschen in den 6. Stock hochfahren, dann raus ins Großraumbüro und auf den Stuhl fallen lassen. Tag ein, Tag aus, das Gleiche. Ich bin genau das geworden, was ich nie sein wollte: ein funktionierender Großstadtmensch, der seinen Job hasst und darauf hofft, dass irgendetwas ihn aus seiner Lethargie reißt
. Kate zog eine Grimasse und fuhr sich durchs Haar, das wie üblich aussah, als hätte es viel zu selten einen Kamm gesehen. Sie schaltete den PC ein, gleichzeitig zog sie sich ihr Headset über die Ohren und drückte auf den blinkenden Knopf an ihrem Telefon. »Guten Morgen, hier ist die Multi Medex Cooperation«, trällerte sie freundlich ins Mikrofon »Mein Name ist Kate Wilson. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Endlich, Mittagspause! Kate ging zu ihrer Kollegin Lucy, die wie immer wild gestikulierend auf ihr Mikro einredete. Sie musste schmunzeln, und die mandelförmigen Augen der zierlichen Asiatin blinzelten Kate belustigt an. Kate zeigte demonstrativ auf ihre Armbanduhr und Lucy nickte so heftig, dass ihr das glatte schwarze Haar tief ins Gesicht fiel. Innerhalb von Sekunden wurde der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung abgewürgt, und die Asiatin schmiss ihr Headset auf den Schreibtisch. Kate lachte. »Es ist immer dasselbe mit dir. Vor lauter Arbeit vergisst du sogar die Mittagspause. Dir scheint der Job ja richtig Spaß zu machen.« »Na klar. Dir etwa nicht?« Kate brummte etwas Unverständliches. »Los, lass uns nach nebenan ins Bistro gehen. Ich habe richtig Kohldampf.«
    Das Bistro war gut gefüllt. Kate und Lucy genossen ihren Lunch. Lucy brachte das Kunststück fertig, auch noch mit vollem Mund weiter zu plappern und Kate konnte sich das Lachen über den munteren Redeschwall nicht verkneifen. »Du Kate, ich habe Neuigkeiten von Charlene. Sie wird bald ihr Kind bekommen.«
    Kate stutzte. »Ich dachte, sie wäre noch nicht so weit. Ist sie nicht erst im 6. Monat?«
    »Nein, das hat anscheinend nicht gestimmt. Sie war wohl etwas durcheinander mit dem, ähm, Empfängnistermin. Sie muss die ersten Schwangerschaftszeichen nicht bemerkt haben. Na, ist ja auch egal. Hauptsache sie bekommt endlich ihr Kind. Wie
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