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Gottessoehne

Gottessoehne

Titel: Gottessoehne
Autoren: Tyra Reeves
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war, hing ausladend über einem blauen Faltenrock. Noch vor Monaten hätte man Mrs. Marsh als stark übergewichtig bezeichnen können. Dann hatte sie sich von einem Tag auf den anderen für eine Radikalkur entschieden, dessen glückliches Ergebnis der Verlust etlicher Kilos war, aber unglücklicherweise eine enorme Bauchschürze über Marsh’s Hüften hinterlassen hatte. Der weitere negative Nebeneffekt des Abnehmmarathons war ihre chronisch schlechte Laune, die sie mit Vorliebe an Kate und Lucy ausließ. Nicht, dass Mrs. Marsh zu moppeligeren Zeiten von sonnigem Gemüt gewesen wäre, aber die Schikanen an ihren Untergebenen hatten in dem Ausmaß zugenommen, in dem die Pfunde gepurzelt waren.
    Eines Tages, sie war noch mieser gelaunt als sonst, rief sie Kate außer der Reihe zu einem Mitarbeitergespräch in ihr Büro. »Mrs. Wilson, ich würde gerne mit Ihnen über Ihre Arbeitsleistung sprechen.« Kate nickte kurz und drückte sich tiefer in den Stuhl, den ihr die Chefin angeboten hatte. »Mir ist in letzter Zeit aufgefallen, dass sie nicht mehr mit dem nötigen Elan bei der Sache sind.«
    »Wieso? Wie kommen Sie darauf?«
    »Nun, ich habe das Gefühl, dass Ihnen die Arbeit nicht allzu viel Spaß macht. Das hat mir auch ein Kollege aus Ihrem Team anvertraut.«
    »Und, darf ich erfahren, welcher meiner Kollegen so etwas behauptet?«
    »Den Namen darf ich Ihnen aus Diskretionsgründen nicht verraten. Nur, durch diese Aussage ist mein Eindruck von Ihnen bestätigt worden. Ihnen fehlt die Freude an Ihrem Job.« »Nein«, erwiderte Kate sofort, wenn auch nicht ganz wahrheitsgemäß, »ich bin gerne hier und mir macht die Arbeit Spaß. Es ist nämlich so, dass…«
    »Das mag ja alles sein,« unterbrach sie Mrs. Marsh im harschen Ton, »aber, wenn ich Ihre Leistungen mit denen der anderen Mitarbeiter vergleiche, liegen Sie eindeutig im unteren Drittel. Ihre Kollegen bearbeiten mehr Kundenanrufe als Sie, und die Kundenzufriedenheit ist auch deutlich höher als bei Ihnen.« Kate wandte ihren Blick zum Fenster und versuchte verzweifelt die Tränen zurückzuhalten. »Also, Mrs. Wilson, strengen Sie sich in Zukunft mehr an und bleiben Sie abends ein oder zwei Stunden länger, das machen Ihre Kollegen auch oft so. Dann ist Ihr Schreibtisch am nächsten Tag aufgeräumt und bereit für neue Herausforderungen. Sie werden sehen, dann wächst die Freude an Ihrer Tätigkeit. Aber letztendlich zwingt Sie niemand hier zu bleiben. Wenn Sie verstehen, was ich meine?« »Ja, ich verstehe Sie. War das jetzt alles?« »Ja, das war’s. Sie dürfen wieder zurück an Ihren Platz.«
    Mit einem Kloß im Hals und voller Wut im Bauch hatte Kate das kleine Büro verlassen. Lucy fragte voller Mitgefühl, ob es schlimm gewesen wäre und Kate antwortete ihr, es sei ihr egal, was Mrs. Schwabbelbauch über sie dächte. Von diesem Moment an hatte die Teamleiterin ihren Spitznamen weg. Manchmal pikste Kate zwar ihr Gewissen, wenn sie ihre Chefin so betitelte, aber so konnte sie wenigstens etwas Dampf ablassen, wenn die versteckten Demütigungen und Spitzen der Vorgesetzten ihr zu viel wurden.
    »Was gibt es denn hier zu lachen? Ich würde gerne mit lachen. Ist ja schön, wenn die Kollegen so viel Spaß bei der Arbeit haben.« Der schneidende Ton der Teamleiterin, versetzte die beiden Freundinnen in Hab-Acht-Stellung. »Ja, gerne«, antwortete Kate süßlich und drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme kam. »Wenn Sie möchten, können Sie uns ja am Wochenende begleiten, Mrs. Marsh. Dann hätten wir alle drei doch etwas zu lachen. Es wäre bestimmt schön, wenn wir unsere Teamleiterin auch privat näher kennenlernen könnten.«
    Mrs. Marsh zog die Oberlippe nach oben, zeigte ihre großen Zähne und entgegnete in ähnlich süßlichem Ton: »Zu gerne, Mrs. Wilson, aber auf mich wartet mein Mann und er mag es nicht, wenn ich mich am Wochenende irgendwo herumtreibe. Aber, vielen Dank für das Angebot. Bitte gehen Sie nun an Ihre Arbeit, die Mittagspause ist längst vorbei.«
    Die Teamleiterin verließ mit raschen Schritten das Großraumbüro, Kate zwinkerte Lucy zu, verdrehte demonstrativ die Augen, um sich dann brav an ihren Schreibtisch zu setzen.
    Endlich konnte Kate nach Feierabend in ihre Wohnung zurückkehren. Sie fühlte sich leer und schlapp, als wäre ihre gesamte Energie zwischen endlosen Telefonaten zerrieben worden. Doch ihre Laune verbesserte sich schlagartig, nachdem sie von Bangla und Desh freudig begrüßt worden war. Kate machte es
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