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Ungezaehmtes Verlangen

Ungezaehmtes Verlangen

Titel: Ungezaehmtes Verlangen
Autoren: Pamela Palmer
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    1
    Auf der ganzen Welt gab es nur eine einzige Frau, die wusste, wie das Leben auf der Erde erhalten werden konnte.
    Und diese Frau hatte man verloren.
    Das therianische Geschlecht nannte sie die Strahlende , denn sie allein sorgte dafür, dass die Natur ihre Wächter, die Krieger, mit Energie versorgte. Durch die Strahlende waren sie in der Lage, die letzten Dämonen, die Drader , aufzuspüren und zu vernichten, bevor diese ihrerseits die Therianer und die Menschen auslöschen konnten. Im Gegenzug schützten die Krieger die Strahlende mit ihrem Leben.
    Was äußerst schwierig war, denn sie wussten nicht, wo – oder wer – sie eigentlich war.
    Während Lyon die acht Krieger über einen felsigen Weg hoch über dem Wasserfall des wilden und gefährlichen Flusses Potomac durch die Dunkelheit führte, verzog er das Gesicht. Verdammt, sie hatten vielleicht sogar zwei Strahlende verloren. Die alte war tot, und die neue, von der Gottheit zur Nachfolgerin auserkoren, hatte sich bislang noch nicht gezeigt. Und die Lage verschlechterte sich zusehends.
    Lyon war nur mit einem Seidenhemd und Jeans bekleidet und spürte den kalten Felsen unter seinen nackten Fußsohlen, als er den Weg verließ, um den Stein der Göttin zu erreichen. Für den Fall, dass die Drader angriffen, hielt er in jeder Hand ein Stilett bereit. Die Wasseroberfläche unter ihm wurde vom Vollmond angestrahlt, der die ganze Nacht erhellte.
    »Was zum Teufel tun wir denn um drei Uhr morgens hier?« Wie üblich klang Jag gereizt.
    Lyon grollte tief in seiner Kehle. Es war das wütende Grollen des gereizten Löwen, der jederzeit in ihm lauerte.
    Jag hatte nicht viel für die anderen übrig, was allerdings auf Gegenseitigkeit beruhte. Lyon wandte sich dem Krieger zu und registrierte sofort den wohlbekannten streitlustigen Ausdruck in Jags Augen sowie das höhnische Lächeln, das um seine Lippen spielte. Mit den Tarnhosen und dem armeegrünen T-Shirt nahm Jag seine Rolle als Krieger manchmal etwas zu wörtlich. Keiner von ihnen hatte auch nur einen einzigen Tag in der Armee der Vereinigten Staaten gedient. Es war ein ungeschriebenes Gesetz unter den Kriegern, sich aus allen menschlichen Angelegenheiten herauszuhalten.
    »Hat dir der Löwe die Sprache geraubt, Kätzchen?«, hakte Jag nach.
    »Was glaubst du denn, was wir hier um diese Uhrzeit tun? Wir speichern Kraft für unsere Tiere.« Er sprang auf den Pfad hinunter, den er schon gesucht hatte. Jag folgte dicht hinter ihm.
    »Du schleppst uns also mitten in der Nacht hierher, nur weil du , der große Anführer, versagt hast?«
    Lyons Selbstkontrolle wurde bis aufs Äußerste strapaziert, da ihn seine tierischen Instinkte heftig drängten, diesem Idioten die Gurgel zu zerfetzen. Aufgrund der zunehmend kritischen Lage war er selbst gereizt und verlor allmählich die Selbstbeherrschung. Seine Fingerspitzen brannten, dann schossen seine Krallen hervor. Mit einem Knurren nahm er beide Messer in eine Hand, drehte sich herum, schleuderte Jag mit der freien Hand gegen einen Felsen und grub die Klauen in seinen Hals.
    Eine Blutspur rann Jags Hals hinunter, doch aus seinen Augen sprach keine Angst, sondern lediglich ein Anflug von Schadenfreude, dass er Lyon hatte so weit bringen können. Selbst wenn Lyon die Kontrolle vollkommen verlieren sollte, konnte er Jag doch nicht wirklich etwas antun. Körperlich waren sie einander durchaus gewachsen. Gestaltwandler waren nicht so empfindlich.
    Lyon hätte auf Jags höhnische Bemerkung gern mit einer schlagfertigen Antwort reagiert und den überheblichen Krieger damit in die Schranken verwiesen. Das Problem war nur, dass ihm keine einfiel. Jag hatte ja vollkommen recht. Lyon hatte tatsächlich versagt, denn er hatte die neue Strahlende nicht gefunden. Also knurrte er nur und ließ den Mann mit einem Ruck los, wich zurück und zog die Krallen ein. Seine Muskeln bebten vor Verzweiflung, als er den Felsen der Göttin hinunterkletterte.
    Wenige Monate nach dem Tod der alten Strahlenden sollte eine therianische Frau mit dem Abdruck einer Klaue auf der Brust erwachen. Diese Klaue sah gewöhnlich wie eine lang verheilte Narbe aus.
    Dies galt als das Zeichen der Auserwählten.
    Es war Lyons Aufgabe, sie zu suchen, zu finden und die Macht auf sie zu übertragen, damit alle Krieger neue Kraft erhielten. Denn Lyon, der Suchende , war als Einziger in der Lage, sie zu finden. Da er wusste, dass sie nicht sofort gezeichnet wurde, hatte er zunächst noch gewartet. Doch allmählich war schon
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