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Killeralgen

Killeralgen

Titel: Killeralgen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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Prolog
    Französische Alpen, August 1914
    Hoch über den majestätischen schneebedeckten Gipfeln kämpfte Jules Fauchard um sein Leben. Minuten zuvor war sein Flugzeug mit einer Wucht, die seine Zähne bis in die Wurzeln erzittern ließ, gegen eine unsichtbare Wand aus Luft gekracht.
    Jetzt warfen Auf- und Abwinde das leichte Flugzeug hin und her wie einen Drachen an einer Schnur. Fauchard kämpfte gegen die heftigen Turbulenzen, die seinen Magen Purzelbäume schlagen ließen, mit der Geschicklichkeit, die ihm seine strengen französischen Fluglehrer eingebläut hatten. Dann hatte er diesen stürmischen Abschnitt hinter sich, genoss die seidenweiche, ruhige Luft, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass diese beinahe seinen Untergang besiegelte.
    Nach dem Stabilisieren seiner Maschine hatte Fauchard einem nur zu menschlichen Impuls nachgegeben. Er schloss die müden Augen. Seine Augenlider flatterten und sackten herab und schlossen sich endgültig, als wären sie mit Bleigewichten beschwert. Sein Geist driftete ab in schattige, von unendlicher Sorglosigkeit erfüllte Gefilde. Sein Kinn sackte auf die Brust.
    Seine schlaffen Finger lockerten ihren Griff um den Steuerknüppel. Das kleine rote Flugzeug schlingerte wie betrunken durch eine Phase, die von französischen Piloten
perte de vitesse
genannt wird, Steuerlosigkeit, während es über eine Tragfläche abrutschte, um jeden Moment ins Trudeln zu geraten.
    Glücklicherweise nahm Fauchards Innenohr eine Störung des Gleichgewichts wahr, und Alarmsignale ertönten in seinem schlummernden Gehirn. Sein Kopf ruckte hoch, und er erwachte halb benommen und hatte Mühe, seine wirren Gedanken zu ordnen. Sein Nickerchen hatte nur einige Sekunden gedauert, aber in dieser Zeitspanne hatte das Flugzeug einige hundert Fuß an Flughöhe verloren und war im Begriff, in einen Sturzflug überzugehen. Blut pulsierte in Fauchards Schädel. Sein wie wild hämmerndes Herz fühlte sich an, als würde es jeden Moment seine Brust sprengen.
    In den französischen Flugschulen wurde den Flugschülern beigebracht, ein Flugzeug mit der gleichen Behutsamkeit zu lenken, wie ein Pianist die Tasten seines Instruments streichelt, und Fauchards endlose Trainingsstunden erwiesen sich jetzt als in jeder Hinsicht wertvoll. Indem er geradezu zärtlich die Kontrollen bediente, achtete er darauf, nicht zu übersteuern, und holte das Flugzeug nahezu unmerklich in eine horizontale Fluglage zurück. Zufrieden, dass die Maschine stabilisiert war, stieß er zischend die angehaltene Luft aus und schickte gleich einen tiefen Atemzug hinterher. Dabei schnitt die eisig kalte Luft wie Glasscherben in seine Lunge.
    Der stechende Schmerz riss ihn aus seiner Lethargie. Endlich wieder hellwach, rief Fauchard sich das Mantra ins Gedächtnis zurück, das seine Entschlossenheit während seiner verzweifelten Mission aufrechterhalten hatte. Seine gefrorenen Lippen weigerten sich, die Silben zu bilden, aber die Worte hallten durch sein Gehirn.
    Wenn du versagst, müssen Millionen sterben.
    Fauchard biss die Zähne erneut zusammen. Er rieb den Raureif von den Gläsern seiner Pilotenbrille und warf einen Blick über die Motorhaube. Die Hochgebirgsluft war so klar wie feiner Kristall, und sogar die entferntesten Details waren in fotografischer Deutlichkeit zu erkennen. Dicht gestaffelte Reihen gezackter Berggipfel reichten bis zum Horizont, und winzige Dörfer klammerten sich an die Abhänge saftig grüner Alpentäler.
    Aufgeplusterte weiße Wolken erinnerten an Haufen frisch gepflückter Baumwolle. Der Himmel erstrahlte in einem grenzenlosen satten Blau. Der Sommerschnee, der die Bergspitzen bedeckte, schimmerte im violetten Licht der untergehenden Sonne.
    Fauchards vom fehlenden Schlaf gerötete Augen fingen all diese erhabene Schönheit ein, während er die Ohren spitzte und dem Auspufflärm lauschte, der vom 80 PS starken Gnome-Sternmotor erzeugt wurde, der die Morane-Saulnier N antrieb.
    Alles lief gut. Der Motor brummte gleichmäßig wie vor seinem fast tödlich verlaufenen Nickerchen. Fauchard war beruhigt, doch der Beinaheabsturz hatte sein Selbstvertrauen erschüttert. Er begriff zu seiner Verblüffung, dass er soeben eine völlig fremde Gefühlsregung erlebt hatte.
Angst.
Nicht vor dem Tod, sondern vor dem Versagen. Trotz seiner eisernen Entschlossenheit erinnerten seine schmerzenden Muskeln ihn weiterhin daran, dass er wie jeder andere ein Mensch aus Fleisch und Blut war.
    Das offene Cockpit gewährte ihm nur eng
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