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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht
Autoren: Patrick Dunne
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zu ihnen und hielt das Schädelfragment wieder in die Höhe.
    Pfarrer Kamarda saß immer noch zusammengesunken im Stuhl.
    Hakan stand neben ihm und richtete die Pistole auf Jane und Orhun.
    »Der Priester, der Bruno beistand, bot ihm ein Kruzifix an, das er küssen sollte«, fuhr Perselli fort. »Er wandte den Kopf ab. Und aus dieser Geste beziehen wir unsere Entschlossenheit, die Welt von dem gekreuzigten Gott zu befreien.« Er zeigte auf die Kreuzigungsszene hinter ihm. »Ich habe entdeckt, dass diese Kirche nie säkularisiert wurde, sondern einfach nur geschlossen, weil sie bei den Leuten beliebt war. Sie heißt außerdem Kalvarienkirche, übersetzt Schädelstätte, oder genauer Schädeldach, wie ich hier eines in der Hand halte. Brunos Schädel ist nämlich zerborsten, als sein Gehirn in der Hitze des Feuers kochte. Das ist der einzige Teil seines Körpers, der die Flammen überstanden hat. Und er ist heute hier bei uns, um Zeuge eines Ereignisses zu werden, das das Christentum im Mark erschüttern wird …« Er drehte sich um und legte das Schädeldach wieder auf den Altar.
    Jane sah, wie Kamarda eine ruckartige Bewegung mit den Schultern machte. Sie hatte dieselbe Bewegung schon ein-, zweimal bemerkt, wenn Perselli ihm den Rücken zukehrte, und gedacht, er wolle seine steifen Muskeln lockern. Jetzt begriff sie, dass er den Strick zu lösen versuchte, mit dem seine Hände gefesselt waren.
    Perselli hielt ihnen weiter den Rücken zugewandt, während er die Zeitbüchse näher zu dem Lesepult schob. Dann schloss er die Vision des Gorman. Er drehte sich um und nahm seinen Monolog wieder auf. »Der Kalvarienberg war auch eine Hinrichtungsstätte … und ihr drei werdet heute hier sterben, als Zeichen für meine Ankunft als Antichrist …«
    In diesem Moment wusste Jane, dass er wahrhaftig wahnsinnig war.
    »Aber mir wird vergeben werden«, sagte Perselli mit Triumph in der Stimme. »Eines der schwersten Vergehen Brunos in den Augen der Kirche war, dass er sie zwang, sich der Logik der christlichen Vergebung zu stellen. Und worin besteht diese Logik? Dass alle Menschen – alle, die je gelebt, alle, die je gesündigt, je gemordet, je vergewaltigt oder gefoltert haben – am Ende Vergebung erlangen. Selbst der Antichrist. Ist es nicht so, Priester?«
    Pfarrer Kamarda reagierte nicht.
    Perselli nahm die Handschrift vom Lesepult. Dann hob er die Ikone auf und stellte sie aufrecht auf das Pult. »Und jetzt ist es an der Zeit, das Datum des Jüngsten Gerichts zu entschlüsseln, das mir verraten wird, wann meine Herrschaft beginnt …«
    Er hielt einen Moment inne, dann trat er vor und sprach Jane an. »Das Rätsel lautet: ›Das Datum des Jüngsten Gerichts habe ich auf dieses Pergament geschrieben. Bis es gefunden und als wahr erkannt wird, kann niemand es aus diesem Buche lesen.‹ Und Gorman sagte, die Ikone würde das Ende der menschlichen Geschichte verkünden. Ich bin mir sicher, Sie haben es selbst schon herausgefunden, Signora.«
    Das hatte sie. Und sie konnte das Muster auf dem Pergament sehen, das auf die Rückseite der Collalba-Ikone geklebt war. Die Buas hatten das Datum des Jüngsten Gerichts bewacht.
    Perselli ging wieder zum Altar und betrachtete die Markierungen auf der Rückseite der Ikone. Dann bewegte er den ersten Regler.
    Pfarrer Kamarda stand von seinem Stuhl auf.
    Hakan versuchte, ihn festzuhalten, als er sich umdrehte und auf Perselli zutaumelte.
    Kamarda fiel beinahe gegen den Altar, aber es gelang ihm, die Ikone von dem Lesepult zu reißen. Perselli stand wie erstarrt da, als Kamarda an dem Pergament kratzte und es zu zerfetzen begann. Im nächsten Moment war Hakan bei dem Priester und zerrte ihn vom Altar fort. Die Ikone fiel bei dem Kampf zu Boden, und Perselli kniete nieder, um sie aufzuheben.
    Orhun sah seine Chance gekommen und lief auf den Altar zu, wo Perselli seine Pistole hatte liegen lassen.
    Inzwischen hatte Hakan den Priester von sich gestoßen und zielte auf seinen Kopf.
    Jane sprang auf. »Erschießen Sie ihn nicht«, rief sie, aber Hakan lachte sie aus.
    Jane wandte das Gesicht ab, als der Schuss losging.
    Als sie wieder hinsah, lag Kamarda auf dem Boden, und Hakan zielte mit der Beretta auf Orhun, der gerade Persellis Pistole aufheben wollte.
    Perselli, der Pergamentschnipsel vom Boden aufgesammelt hatte, stand auf und blickte von Orhun zu Jane. Er wirkte etwas lächerlich, wie er die Ikone und die gefundenen Papierfetzen an die Brust drückte. »Erschieß die beiden«, sagte er
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