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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht
Autoren: Patrick Dunne
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innehalten ließ, war der Schock jetzt eben. Hast du es nicht gespürt? Ein Erdbeben.«
    Jane und Orhun wechselten einen Blick. »Nein«, sagten sie gleichzeitig und schauten aus ihrem jeweiligen Fenster, sahen aber nichts Ungewöhnliches.
    »Ich habe es durch das Lenkrad gespürt«, sagte der Fahrer in einwandfreiem Englisch. »Da …« Er deutete zur linken Seite der Windschutzscheibe.
    Eine Rauchwolke, aus der Funken stoben, stieg über dem rund zehn Kilometer entfernten Vulkan auf der anderen Seite der Stadt auf.
    »Neapel sehen und sterben, hm?«, sagte Jane.
    Der Fahrer warf ihr einen Blick über die Schulter zu und grinste.
    »Im Fernsehen zeigen sie Bilder von Lava, die vom Vesuv herunterfließt«, sagte Giuseppe. »Treibt euch nicht zu lange hier herum.«
    »Das werden wir nicht«, sagte Jane. »Erzähl uns noch mehr von dem, was heute Morgen passiert ist.«
    »Okay. Während Signora Flamigni und ich auf Polizei und Sanitäter gewartet haben, berichtete sie, ihr Mann sei kurz vor zehn in die Galerie gegangen und sie sei um 10.25 Uhr eingetroffen. Sie hörte Stimmen im Büro, und als sie hineinging, sah sie Pfarrer Kamarda aufstehen und die Hände in die Luft strecken. Sie begriff, dass jemand hinter der Tür stehen musste, der eine Waffe auf ihn richtete, aber sie konnte nicht sehen, wer es war. Und dann sah sie ihren Mann zu Füßen Kamardas liegen, und sie wusste, dass er angeschossen worden war und der Pfarrer sich um ihn gekümmert hatte. Dann sah sie das Blut auf dem Boden und wurde ohnmächtig.«
    »Und die Ikone war verschwunden«, sagte Orhun. »Wurde sonst etwas gestohlen?«
    »Offenbar nicht. Und ich kann nur vermuten, dass Kamarda von dem Täter oder den Tätern mit vorgehaltener Waffe abgeführt wurde. Warum man ihn nicht auf der Stelle erschossen hat, weiß ich nicht. Aber vielleicht ist es ein gutes Zeichen.«
    »Vielleicht«, sagte Jane ohne große Überzeugung.
    »Was hatte die Polizei dazu zu sagen?«, fragte Orhun.
    »Aus der Richtung ihrer Fragen ging klar hervor, dass sie glauben, Kamarda habe mit jemandem unter einer Decke gesteckt, der ihn hintergangen hat und die Ikone auf dem Schwarzmarkt verkaufen will.«
    »Sehr viel wahrscheinlicher war es eine Sekte namens KOSS , die ihre Anschauungen auf den Prophezeiungen eines Mönchs gründen, dem die Ikone gehörte«, sagte Jane. »Ich erzähle dir ein andermal alles über sie, aber jetzt, glaube ich, solltest du ausschlafen so gut es geht und morgen in aller Früh zu deiner lieben Frau zurückfahren.«
    »Genau das werde ich wohl tun. Ich habe schon wieder genug vom Stadtleben. Und dann muss ich auch noch an einem aktiven Vulkan vorbeifahren.«
    »Eins noch, Giuseppe«, fragte Orhun. »Hat Kamarda ein Handy bei sich? Und wenn ja, könnten Sie mir die Nummer geben?«
    »Er hat eins, aber es war nie an, wenn ich angerufen habe. Allerdings muss er meine SMS bekommen haben.«
    »Es war unwahrscheinlich, dass er dir geantwortet hätte, Giuseppe«, sagte Jane.
    »Aber nicht, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. Sondern weil er nicht wollte, dass sich jemand in seine Pläne einmischt. Er hat Signora Flamigni erzählt, der Erlös der Ikone würde in die Entwicklung des Tourismus in Collalba fließen. Und ich glaube, er hat ihr die Wahrheit gesagt.«
    Orhun und Jane wechselten einen Blick, enthielten sich jedoch eines Kommentars. Giuseppe gab Orhun die Nummer des Priesters, dann ließen sie ihn in Ruhe.

52
    Eine knappe Stunde, nachdem sie am Flughafen abgeholt worden waren, kroch ihr Wagen durch die engen Straßen der Innenstadt. In den Läden waren die Lichter an, und die Gehsteige waren voll Einheimischer und Touristen. Von Mopeds und Rollern abgesehen kam der Verkehr auf der Straße jedoch kaum voran.
    Orhun vertrieb sich die Zeit, indem er die Nachrichten auf seinem Handy durchsah. »Hm, scheint, als würde die Lage allmählich außer Kontrolle geraten«, sagte er und las eine vor. »Ein russisches U-Boot mit Atomwaffen an Bord ist vor Tel Aviv in territorialen Gewässern Israels aufgetaucht. Der Kreml sagt, jeder Versuch, es anzugreifen, wird zu einem Schlag gegen die Stadt führen.«
    »Hm. Heißt es nicht, ab einem bestimmten Punkt sind diese Dinge aufgrund der Eigendynamik, die sie entwickeln, nicht mehr umkehrbar?«
    »Weit kann dieser Punkt nicht mehr entfernt sein … aber Moment, hier ist etwas, das Wirkung zeigen könnte … Die Palästinenser melden sich endlich zu Wort und fordern alle beteiligten Kräfte auf, vom Abgrund
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