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0564 - Die Gruft der schwarzen Wölfe

0564 - Die Gruft der schwarzen Wölfe

Titel: 0564 - Die Gruft der schwarzen Wölfe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Düstere Wolken jagten am schwarzblauen Nachthimmel, als sie aus der Finsternis emporkrochen. Pelzige Kehlen intonierten einen Gesang, der Menschen erschauern ließ, wenn sie ihn in der Nacht vernahmen. Die silberweiße Scheibe des Vollmonds kämpfte sich immer wieder durch die vom Wind getriebenen Wolkenschleier und strahlte hinab zu ihren Kindern, beschenkte sie mit ihrem bleichen Licht.
    Rote Augen glühten. Schwarzes Fell wurde vom fahlen Schein des Mondes getroffen. Spitze Zähne blitzten auf in diesem unwirklichen Licht, und immer noch sangen die Kreaturen ihr unheimliches, grauenvolles Lied.
    Zia erschauerte.
    Diesmal war es an ihr, ein Opfer zu reißen.
    Sie begann zu laufen.
    Finde einen Zweibeiner!
    Schlage die Beute, reiße sie mit deinen Fängen. Trinke das warme, pulsierende Blut. Nimm die Angst und den Schmerz in dich auf, die Verzweiflung der Verlorenen. Stärke dich an der unseligen Kraft.
    Töte!
    Es mußte sein. Vielleicht war es ihre einzige Chance, eines Tages wieder sie selbst zu werden.
    Noch während sie rannte, erschrak sie.
    Sie hatte sieh erinnert.
    Sie kannte wieder ihren Namen.
    Was war geschehen?
    Was veränderte sich?
    Wie lange hatte sie ihren Namen nicht gekannt, war nur ein Geschöpf der Nacht gewesen, so wie die anderen, verdammt und verflucht!
    Doch jetzt wußte sie wieder, wie sie hieß!
    Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
    Sie war - sie war gewesen, damals, vor langer Zeit… sie war Zia Thepin…
    Wer oder was auch immer das war…
    ***
    »Wölfe? Du bist verrückt«, sagte Alain Marceau stirnrunzelnd. »Es gibt keine Wölfe mehr, schon lange nicht. Allenfalls noch im Zoo.«
    »Aber ich habe sie gehört«, erwiderte Gaston Aranet. »Und zwar ziemlich deutlich. So heulen nur Wölfe. Es muß ein ziemlich großes Rudel gewesen sein.«
    Alain tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Kann es sein, daß du bei den Atomtests in der Südsee zufällig etwas Strahlung abbekommen hast? Daß du deshalb jetzt wirr im Kopf bist? Wölfe… Mann, Gaston, begreif doch: Wölfe sind in ganz Europa schon vor einem Jahrhundert ausgerottet worden! Folglich können da draußen keine herumheulen. Vielleicht erlaubt sich jemand einen makabren Scherz und läßt ein Tonband mit voller Lautstärke laufen.«
    Gaston, Leutnant zur See bei der französischen Marine und derzeit auf Heimaturlaub, seufzte. »Komm mit! Hör es dir selbst an!«
    »Ich bin doch nicht blöd«, murmelte Alain. »Draußen regnet’s. Nenn mir einen einzigen vernünftigen Grund, weshalb ich mich in diese scheußliche Nacht begeben soll.«
    »Zum Beispiel, um dich selbst zu überzeugen. Und außerdem bist du nicht aus Zucker, du wirst also nicht wegen ein paar Regentröpfchen dahinschmelzen.«
    Alain winkte ab. »Egal, ich glaube nicht an deine Wölfe.«
    Gaston zuckte mit den Schultern. »Wie du meinst.«
    Er ging zum Schrank, öffnete ihn und nahm eine Pistole heraus. Seine Dienstwaffe, die er auch mit sich führte, wenn er von Bord ging. Nicht, weil er sich ohne Waffe unsicher fühlte oder ein Hobby daraus machte, sondern weil ihm das Tragen der Waffe auch im zivilen Freizeitbereich vorgeschrieben war.
    Er war Offizier auf einem der Schiffe der »Atomflotte«, wie sie von einigen Zeitungen spöttisch genannt wurde -jene Schiffe der Kriegsmarine, die während der Atomwaffentests in der Südsee dafür zu sorgen hatten, daß niemand unbefugt ins Sperrgebiet eindrang.
    Kameraden seines Schiffes waren es gewesen, die die »Rainbow Warrior II«, das Schiff der Greenpeace-Organisation, gekapert hatten. Leutnant G. Aranet hatte sich bei der Aktion nicht besonders wohl gefühlt, und er war froh, jetzt zwei Wochen Urlaub zu haben. Es war schon erstaunlich, daß sie ihm diesen Urlaub ausgerechnet jetzt genehmigt hatten. Vielleicht gerade, weil er dem ganzen Geschehen recht skeptisch gegenüberstand.
    Es war die Admiralität, die ihm vorschrieb, die Dienstwaffe grundsätzlich am Mann zu halten - aus Sicherheitsgründen.
    Aber wer würde ihn schon bedrohen, nur weil er zu den armen Teufeln gehörte, die gegen Protestler vorzugehen hatten? Und gegen den Bombenterror, der derzeit in Frankreich wütete, schützte ihn auch die Pistole nicht.
    Aber Befehl war Befehl, also schleppte er die Zimmerflak mit sich.
    Sehr zum Unbehagen Alain Marceaus.
    Doch jetzt war Gaston fast froh darüber, die Waffe bei sich zu haben.
    Er ging wieder hinaus. Vielleicht schaffte er es, einen der Wölfe zu erlegen und damit Alain zu überzeugen. Es gefiel ihm
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