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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht
Autoren: Patrick Dunne
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und legte seine Sachen auf den Altar.
    Hakan zielte auf Orhun. Ein Schuss ertönte.
    Aber es war Hakan, der zu Boden stürzte.
    Jane sah den jungen Mann, der sie vom Flughafen abgeholt hatte, an sich vorbeirennen und Perselli zurufen, er solle die Hände hochnehmen.
    Perselli ignorierte ihn und streckte die Hand nach seiner Pistole aus.
    Die Kugel des Fahrers traf Perselli im Gesicht und trat am Hinterkopf wieder aus. Blut spritzte über die Schädel des Altarbilds hinter ihm.
    Der Fahrer vergewisserte sich, dass Orhun in Ordnung war, dann kam er zu Jane.
    Jane zitterte unkontrollierbar und ließ sich von ihm halten. Über die Schulter des jungen Mannes sah sie, wie Orhun den Kopf schüttelte, als er auf Persellis auf dem Rücken liegende Gestalt hinunterblickte. Dann nahm sie aus dem Augenwinkel wahr, wie Hakan auf die Pistole zukroch, die ihm aus der Hand gefallen war.
    »Demir!«
    Orhun sah, was los war. Er hob Persellis Waffe auf und ging ruhig zu Hakan hinüber. »Das ist für Chaim Elon – gute Reise«, sagte er und drückte ab.
    Der Vesuv spie Feuer. Eine Lavafontäne schoss in den Himmel, und zinnoberrote Flüsse ergossen sich über die Hänge des Bergs. Eine riesige Wolke aus Rauch und Asche stieg über ihm in gewaltige Höhen und breitete sich wie ein Mantel über die Bucht von Neapel. Bei jedem neuen Ausstoß von Lava erzitterte der Boden, und das Geräusch der Eruption drang über die Bucht.
    Orhun und Jane saßen auf der obersten Treppenstufe am Zugang zur Piazza. Der Fahrer stand hinter ihnen und johlte und klatschte bei jedem neuen Feuerstoß des Vulkans.
    Orhun legte den Arm um Jane. »Alles in Ordnung?«
    Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie immer noch zitterte. »Geht schon«, sagte sie und tätschelte ihm mechanisch die Hand. Sie wusste nicht einmal mehr, wer dieser Mann war.
    Ein neuer Lavastrom begann, den Berg hinunterzufließen, wie ein Riss, der sich in seiner Flanke auftat.
    »Wunderschön, in gewisser Weise, nicht?«, sagte Orhun und suchte mit der freien Hand nach seinem Smartphone.
    »Schön … und erschreckend zugleich«, erwiderte sie und sah ihn von der Seite an.
    Orhun bediente mit dem Daumen die Tastatur.
    Jane sah zu der Aschewolke hinauf. Sie schien aufs Meer hinauszutreiben, weg vom Flughafen. Aber würde es in nächster Zeit Flüge geben?
    »Aha«, sagte Orhun. »Ich habe die neuesten internationalen Nachrichten hier, falls Sie sie hören wollen.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Jane.
    Orhun überhörte es und las von seinem Display ab. »Als Antwort auf die Aufforderung der Palästinenser an alle Seiten, keinen Atomkrieg zu riskieren, hat der iranische Revolutionsführer das palästinensische Volk dazu aufgerufen, sich zu opfern, damit der Islam triumphieren kann. Das sei ihr Schicksal, sagt er.«
    »Er ist natürlich Schiit«, bemerkte der Fahrer, der mitgehört hatte. »Die meisten Palästinenser sind Sunniten. Die dürfen ruhig Märtyrer spielen.«
    »Hey, Klugscheißer, wo bist du eigentlich geblieben, heute Abend?«, fragte Orhun. »Ich sagte doch, du sollst nach zwei Stunden nach uns sehen.«
    »Tja, so machen wir es hier eben«, sagte der Fahrer. »Wir leben immer am Abgrund.«
    »Hm.« Orhun war nur mäßig amüsiert.
    »Wisst ihr, was ich gerade gedacht habe«, sagte Jane. »Dieses ganze Zeug mit dem Jüngsten Gericht? Für irgendwen ist immer Jüngstes Gericht. Für die drei toten Männer hat es bereits stattgefunden. Für viele der Menschen auf dem Schiff da draußen gilt dasselbe. Eines Tages wird für mich Jüngstes Gericht sein und für euch beide ebenfalls.«
    Alle schwiegen eine Weile und sahen dem Vulkan zu. Zwischen den Stößen hörten sie ein anhaltendes Hupen von der Stadt aufsteigen. Die Bevölkerung Neapels hatte sich endlich in Bewegung gesetzt, und die für ihre Ungeduld berüchtigten Autofahrer steckten im größten Stau fest, den die Stadt je gesehen hatte.
    Jane schlüpfte unter Orhuns Arm hervor, stand auf und klopfte sich ihre Jeans ab. »Ich muss los«, sagte sie und machte sich auf den Weg die Treppe hinunter. »Ich habe meinen Kindern etwas versprochen …«
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