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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller]
Autoren: Bastei Lübbe
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wirst mir doch keine Schwierigkeiten machen, weil ich beschlossen habe, hierherzukommen? Nicht wahr?«
    Lauri hatte ihr das Versprechen gegeben, aber es war ihm nicht gelungen, es zu halten, denn Kenneth Andrew hatte seine Einwände vom Tisch gewischt. Sobald er sein Versprechen gegeben hatte, war Katharine mit ihrer Horrornachricht herausgerückt.
    »Hat Lithium 6 eine Bedeutung?«, hatte sie gefragt. »Ich meine, kann man damit etwas wirklich Schlimmes anrichten?«
    Lauri hörte Katharines Schritte, als sie sich ihm näherte. Sie trug einen Morgenrock aus schwarzer Seide, der mit grünen und roten Drachen bestickt war. Über dem Arm hatte sie einen hellgrünen Bademantel, den sie Lauri reichte.
    »Nimm den hier. Ich glaube nicht, dass deine Sachen schon trocken sind.«
    Katharine war hochgewachsen und nur wenig kleiner als Lauri. Ihr wohlgeformter Körper hätte sich als Modell für jedes klassische Gemälde geeignet, abgesehen davon, dass jemand vielleicht ihre Schultern, die die einer Schwimmerin waren, für zu breit gehalten hätte. Katharines dunkel mahagonifarbenes, leicht gelocktes Haar fiel ihr den halben Rücken hinab. Die großen, oft ein wenig traurigen Augen hatte sie von ihrer ukrainischen Mutter oder von der armenischen Großmutter geerbt. Der etwas dunklere Teint verlieh Katharine noch zusätzlich eine gewisse Exotik.
    »Kann ich einen Kaffee kochen?«, fragte Lauri.
    »Würdest du auch gleich ein paar Eier braten?«
    »Du brauchst noch nicht aufzustehen«, wehrte Lauri ab.
    »Ich kann ja doch nicht mehr schlafen«, sagte Katharine und ging die Zeitung holen. Lauri zog den Bademantel an, den Katharine ihm gebracht hatte, schaltete die Kaffeemaschine ein, schlug vier Eier in die Pfanne und warf die Schalen in den Eimer für den organischen Müll. Er stellte fest, dass er gerade geleert worden war. Auch sonst herrschte in Katharines Wohnung kein solches Durcheinander wie in derjenigen, wo Lauri Katharine seinerzeit verhört hatte, als er noch für die Regierung der Vereinigten Staaten arbeitete. Katharines Küche war gut ausgerüstet und geschmackvoll eingerichtet. Offenbar hatte sie einen kleinen Teil der drei Millionen Dollar, die Lauri ihr verschafft hatte, und der Steuerrückerstattung, die der Staat ihr noch obendrauf gezahlt hatte, in die neue Wohnung investiert. In dem Regal, das die ganze Wand bedeckte, stand neben Sachbüchern viel Belletristik. Lauri ging die Buchrücken durch. Danach zu urteilen interessierte Katherine sich weiterhin für Kernphysik, Umweltprobleme und Menschenrechte sowie für die Geschichte der Ukraine, Südrusslands, der Türkei und Armeniens.
    Lauris Handy klingelte. Es lag auf der kleinen Kommode in der Nähe der Badezimmertür. Offenbar war es aus seiner Jackentasche gefallen, als Katharine in der Nacht seine Kleider zum Trocknen aufgehängt hatte. Lauri sah nach der Nummer des Anrufers. Sie sagte ihm nichts.
    »Nurmi.«
    Auf dem Bildschirm des Handys erschien das Bild einer weißhaarigen Frau.
    »Mein Name ist Annelies Schrader«, stellte sich die Anruferin vor. Die Stimme war dunkel und angenehm. Ruhig. Die Anruferin registrierte offenbar, wie Lauri gekleidet war.
    »Ich weiß, es ist noch früh am Morgen«, entschuldigte sich Frau Schrader, »aber trotzdem hoffe ich sehr, dass Sie heute oder in den nächsten Tagen Zeit haben, mich zu treffen. Sind Sie sehr beschäftigt?«
    »Also, im Moment habe ich nichts Besonderes vor ... Aber könnte ich zuerst erfahren, worum es geht?«
    »Näheres würde ich Ihnen am liebsten erst dann erklären, wenn wir uns treffen. Aber es geht um die Klimaerwärmung und ein – sagen wir, futuristisches Sonnenkraftwerk eines neuen Typs.«
    »Das klingt ja ganz interessant. Ich verstehe nur nicht, was das mit mir zu tun hat.«
    »Das kann ich Ihnen erklären, wenn wir uns sehen. Ich bitte Sie, ich bin extra nach New York gekommen, um Sie zu treffen.«
    »Es fällt mir schwer, das zu glauben.«
    Die Anruferin lachte, und es war ein leises, warmes, kicherndes Lachen. Lauri bedeckte das Telefon mit der Hand und sah Katherine an.
    »Eine Frau aus Europa möchte mich treffen. Es handelt sich um ein neuartiges Sonnenkraftwerk.«
    Katharine sah Lauri verwundert an.
    »Vielleicht hat das irgendwie mit Alice zu tun«, überlegte Lauri laut. »Mit etwas, womit sie sich beschäftigte. Alice interessierte sich für Sonnenenergie.«
    Wieder sprang eine kleine Kreissäge in seinem Bauch an. Zum millionsten Mal.
    »Alice hat mir ihr gesamtes Eigentum
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