Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller]
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Halb acht Uhr morgens. Noch tat ihm der Kopf nicht weh, er hatte offenbar so viel getrunken, dass der Kater erst noch kommen würde. Lauri erinnerte sich zwar daran, dass er völlig durchnässt gewesen war, aber nicht, wie er zu Katherine gekommen war. Und er wusste auch nicht mehr, ob er sich seine nassen Kleider selbst ausgezogen oder ob Katherine ihm geholfen hatte.
    Seine Brieftasche lag auf einer kleinen Kommode neben der Tür.
    »Ach ja, ich wollte eine Sache überprüfen«, sagte Katherine.
    Sie nahm die Brieftasche und öffnete das Fach, in dem sich Lauris Kreditkarte befand.
    »Sei vorsichtig«, sagte Lauri schnell.
    Katherine runzelte die Stirn. Ganz vorsichtig zog sie die Kreditkarte hervor und hielt sie in den Fingern.
    »Der eine Rand ist sehr scharf«, warnte Lauri. »Er besteht aus einer Art künstlichem Diamantkristall.«
    »Ich hatte mir schon gedacht, dass es sich hier wieder um etwas besonders Gemeines handelt.«
    Auf der Kommode stand in einer hohen Vase ein Strauß Rosen. Katherine nahm den Strauß aus dem Wasser und schnitt mit dem Rand der Kreditkarte leicht in die Stiele. Die Stielenden fielen auf den Teppich. Einige Blütenblätter segelten hinterher.
    »Gott behüte!« Katharine zog hörbar den Atem ein. »Was hattest du damit vor? Wolltest du die Kinder zerstückeln?«
    »Ich weiß ich es wirklich nicht«, sagte Lauri hilflos. »Ich hab wohl nicht besonders gründlich nachgedacht. Und ich war in Sorge um dich.«
    »Du bist doch nicht ganz gesund«, schnauzte Katharine. »Du hast die beiden Jungen wahrscheinlich schwer verletzt. Man sollte dich hinter Schloss und Riegel stecken.«
    Lauri kratzte sich das Kinn und starrte an die Decke.
    »Da könntest du recht haben«, räumte er matt ein. »Das wäre wahrscheinlich eine ganz gute Idee, aus der Sicht des Gemeinwohls.«
    Lauri drehte sich um und betrachtete durchs Fenster das morgendliche Lichtermeer.
    »Am besten wäre es wohl, mich einzuschläfern«, sagte er. »Wie einen Hund, der für den Menschen gefährlich geworden ist.«
    »Hah!«, rief Katharine aus. »Wie witzig! Eigentlich ein ganz guter Gedanke!«
    Lauri wandte den Blick wieder Katharine zu.
    »Es ist deine Schuld, dass ich immer noch lebe. Wenn du mir nicht den Druckverband angelegt hättest ... Außerdem, wenn du davor nicht nach Sierra Vera gekommen wärst, hätte ich mir schon längst das Hirn herausgeballert und über die Wände des Wohnzimmers verteilt. Als Tapetenschmuck. Ich fand, die hatten ein wenig Auffrischung nötig.«
    »Jetzt soll ich an all dem auch noch schuld sein!«
    »Laut einem chinesischen Sprichwort bist du für einen Menschen, dem du das Leben gerettet hast, bis an dein Lebensende verantwortlich.«
    »Das wurde beim Erste-Hilfe-Kurs des Roten Kreuzes nicht genügend hervorgehoben«, knurrte Katharine verbittert. »Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dich verbluten lassen. Andererseits wäre ich dann jetzt um drei Millionen Dollar ärmer. Eigentlich um noch mehr, wenn man die Steuerrückerstattungen und die Erträge des investierten Kapitals berücksichtigt.«
    Lauri wickelte sich in die Decke und trat ans Fenster. Er betrachtete die insektengroßen Autos und die Menschen, die achtzig Stockwerke unter ihm wie kleine Ameisen herumwimmelten. Die Sonne schimmerte schon hinter den Wolkenkratzern.
    »Vielleicht könntest du eine Therapie machen«, schlug Katharine hilfsbereit vor.
    Lauri hörte, wie Katharine sich hinter ihm bewegte, zum Kleiderschrank ging und etwas vom Bügel nahm.
    »Ich gehe jetzt jedenfalls zum Seelenklempner«, fuhr sie fort. »Auch ich habe meine Dämonen.«
    Lauri wusste im Wesentlichen darüber Bescheid, was es mit Katharines Dämonen auf sich hatte. Mit einigen davon hatte er nichts zu tun, aber an der Existenz einiger anderer trug er selbst die Schuld. Es schmerzte ihn, dass er die Last vergrößert hatte, die Katherine mit sich herumtrug.
    Er erinnerte sich an die ersten Worte, die Katharine noch etwas zögernd ausgesprochen hatte, als sie ihn vor ein paar Jahren im Büro der Einheit zur Bekämpfung des Atomterrorismus bei der Regierung der Vereinigten Staaten aufgesucht hatte. Die Einheit hatte sechshundert Mitarbeiter, aber Katharine hatte von jemandem ausgerechnet seine Visitenkarte bekommen.
    »Ich weiß, dass ich wahrscheinlich einen großen Fehler begehe, indem ich hierherkomme«, hatte Katherine gesagt. »Aber ich glaube, dass meine Sache wirklich wichtig sein könnte.«
    Dann hatte sie Lauri direkt angesehen.
    »Du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher