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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition)
Autoren: Nora Scholz
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kann. Fühlst du dich nicht manchmal einsam?«
    »Ich fühle mich immer einsam«, sagte Kl ara, »das gehört wohl dazu. Und glaube nicht, dass es mir großen Spaß macht.«
    »Warum machst du es dann? Und du hast doch uns, mich und Karl.«
    »Ich glaube, ich kann nicht anders. Es macht süchtig, und wenn man mal angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören, sondern noch schlimmer, man muss es immer weiter treiben, sonst langweilt man sich zu Tode.«
    »Und was machst du, wenn du mal nicht das richtige As im Ärmel hast?«
    Klara richtete sich auf.
    »Ist noch nie passiert«, sagte sie, und es klang beinahe bedauernd.
    »Aber wenn du ohnehin weißt, dass du gewinnst, dann bist du kein richtiger Hasardeur«, sagte Maria.
    Klara sah zu ihr hinauf. In ihrer Stimme zi tterte etwas. »So blöd bin ich nun auch wieder nicht, dass ich nicht ganz genau weiß, dass er mich jederzeit verlieren lassen kann.« Sie stand auf und legte die Hand auf den rauen Stoff der Hängematte. Die Muskeln in ihrem Unterarm spannten sich an. Das Schaukeln hörte auf.
    »Und ich weiß nicht, was ich täte, ohne dich. Und Karl. Ohne euch gäbe es mich gar nicht.«
    Klara riss das Tuch von ihrem Kopf und rannte los. Mit einem wilden Platschen lief sie in den See hinein. Die Enten stoben auseinander. Maria brachte wieder Schwung in die Hängematte und sah ihr nach, sah ihrem kahlen Kopf zu, wie er wippend die bereits im Niedergang begriffene Sonne reflektierte und ab und zu für einen viel zu langen Moment unter der spiegelglatten Oberfläche des Sees verschwand, als tauche er in flüssiges Blei.
    Maria schwang sich aus der Hängematte und zog das grüne Papierherz hervor, das Klara stets in dem Buch aufbewahrte, das sie gerade las. Sie betrachtete es und steckte es dann wieder zurück. Ein brennender Vogel stürzte flügelschlagend auf ein in der Morge nsonne golden erglühendes Meer herab .

 
     
     
    I
    Außen

 
     
     
    Mein Kopf schmerzt sehr. Der alte Mann an der Rezeption hat mir einen Arzt gerufen, der meinen Kopf in eine weiße Bandage gewickelt hat. Ich sehe aus wie eine Mumie. Ich wollte lachen, als ich mich im Spiegel sah, doch es schmerzte zu sehr. Ich muss weitgehend unbeweglich herumsitzen, den Kopf ganz ruhig halten, darf nicht in die pralle Sonne gehen, nicht lachen und mir keine Sorgen machen. Das hat der Doktor gesagt, der mich jeden Abend besuchen kommt. Ich sitze dann am Pool in der Abendsonne, trinke alkoholfreie Fruchtbowle mit dem Strohhalm und sehe zu, wie der Wind die Palmen streift und das Wasser kräuselt, in dem nur noch einige eifrige Rentner ihre Pflichtschwimmstunden absolvieren.
    »Guten Abend«, sagt der Doktor und legt seit einigen Tagen die Hand zur Begrüßung auf meinen Arm. »Guten Abend«, sage ich und versuche ein Ananasstück mit dem Strohhalm aufzuspießen. Er setzt sich neben mich und wir unterhalten uns ein wenig. Dann bietet er mir den Arm und wir gehen in mein Zimmer, wo der Doktor meinen Verband wechselt. Er setzt sich aufs Bett und ich gehe vorsichtig vor ihm in die Knie, damit er besser an die Wunde kommt und das Licht im Rücken hat. Er nimmt die weißen Mullbinden ab, taucht kleine Wattestücke in eine sehr wohlriechende Flüssigkeit, tupft damit vorsichtig meine Wunde ab und verbindet sie dann wieder.
      Es macht mir zu schaffen, ebenso, wie ich es genieße, unser allabendliches Ritual. Der Doktor erlaubt sich keine Abweichungen, und ich gebe mir redliche Mühe, ihn nicht herauszufordern, obwohl diese Harmonie in Verbindung mit der Stille, die während des Verbandwechselns in dem kleinen Zimmer herrscht, und der Nähe zwischen mir und dem Doktor mit seinen sanften Händen, die meine Stirn berühren und manchmal meine Haare streifen, hart an der Grenze dessen ist, was ich ertragen kann. Vor leisen Tönen habe ich Angst.
       Der Doktor hat eine sehr leise, angenehme, leicht gebrochene Stimme, die mich nervös macht und in meinen Handgelenken eine Vibration verursacht. »Bald können wir den Verband abnehmen«, sagt er jedes Mal. Dann hilft er mir auf, packt seine Tasche zusammen und verabschiedet sich. »Bis Morgen«, sagt er. »Bis Morgen«, sage ich und versuche zu lächeln, was ich aber nicht darf. »Maria«, sagt der Doktor leise und streicht mit dem Finger über meine Wange, »No laugh.« Es klingt wie ›No love‹. Ich stehe da mit meinem Verband um den Kopf und möchte ihm die Tür nachwerfen, dass es einen Knall gibt.
     
     
     
    »Aber weißt du«, sagte Klara spät in der Nacht,
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