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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Vorwort zur deutschen Ausgabe
    Während wir dieses Vorwort schreiben, ist Europa im Aufruhr. Die Krise der Eurozone setzt sich fort, und das Ausmaß der Konflikte sowohl innerhalb der europäischen Staaten als auch zwischen ihnen ist alarmierend. Überall fragt man sich, ob der Euro – und vor allem die Europäische Union – die Krise überleben wird. Viele sind davon überzeugt, dass der gesamte europäische Vereinigungsprozess ein Fehler war oder dass er zumindest mit der Währungsunion zu weit gegangen ist.
    In solchen Momenten der Ungewissheit und Besorgnis kann leicht vergessen werden, was Europa in den vergangenen 65 Jahren erreicht hat – und warum.
    * * *
    Als der Zweite Weltkrieg am 8. Mai 1945 endete, lagen große Teile Europas in Trümmern, und Deutschland wurde zuerst von der Roten Armee, die es auf Zerstörung und Rache abgesehen hatte, und dann von den alliierten Streitkräften überrollt. Aber schon vorher war es verwüstet. Hamburg, Köln, Düsseldorf, Dresden und viele andere Städte waren durch Flächenbombardements dem Erdboden gleichgemacht worden. Allein in den letzten beiden Wochen der Schlacht um Berlin feuerte die Rote Armee dort ca. 40000 Tonnen Granaten ab, wonach kaum noch ein Viertel der Gebäude bewohnbar war. Rund 20 Millionen Deutsche waren obdachlos, und 10 Prozent der Vorkriegsbevölkerung hatten den Tod gefunden. Bald darauf trafen zudem Wellen vertriebener und meist mittelloser Deutscher aus Osteuropa ein. Frankreich, Belgien und den Niederlanden erging es nach den Blutbädern und Plünderungen während der deutschen Besatzung nicht besser, und Großbritannien sollte Jahre benötigen, um sich von seinen gewaltigen Kriegsaufwendungen und den Folgen der deutschen Bombardierungen zu erholen.
    Auch die wirtschaftliche Lage war katastrophal. Am Kriegsende war Europa zurückgefallen, und kaum jemand verfügte über Kühlschränke oder über Zentralheizungen oder hatte Wasserklosetts, die in den Vereinigten Staaten selbstverständlich waren. In Großbritannien hatte man nur in der Hälfte der Häuser fließendes heißes Wasser oder eine Innentoilette, in etwas mehr Wohnungen verfügte man über ein eingebautes Bad, und die 40 Millionen Einwohner besaßen nur 5000 Fernsehapparate. Der Kapitalbesitz war durch den Krieg vernichtet worden, und für die zivile Industrie existierte kaum noch hinreichend Investitionskapital.
    Auch in politischer und sozialer Hinsicht hatten die Menschen wenig Grund zum Optimismus. Viele dachten, dass die Demokratie im größten Teil Europas nicht Fuß fassen könne und dass manche Länder konservativ-autoritär und andere kommunistisch werden würden. Zudem schien die Geschichte darauf hinzuweisen, dass ein weiterer Krieg bevorstand.
    Aber zur allgemeinen Überraschung kam es in Europa nicht erneut zum Krieg, sondern die europäischen Demokratien gediehen und wurden stärker. Vielleicht am verblüffendsten ist, dass Westeuropa bis zum Ölpreisschock von 1973 die wirtschaftlich erfolgreichsten drei Jahrzehnte seiner Geschichte erlebte. Obwohl viele europäische Staaten in den späten 70er und frühen 80er Jahren diverse Krisen meistern mussten und einige unter beängstigend hohen Arbeitslosenzahlen litten, haben sich auch die vergangenen dreißig Jahre als recht positiv für Europa erwiesen. Es hat sein Wachstum fortgesetzt, auch wenn der Abstand zwischen ihm und den reicheren Ländern wie den Vereinigten Staaten und Kanada gewachsen ist.
    Wie erklärt sich diese erstaunliche Wende im Schicksal Europas?
    * * *
    Über den Erfolg oder das Scheitern von Nationen wird viel geschrieben. Manche behaupten, dass die Geographie der entscheidende Faktor sei: Gewisse geographische Faktoren, etwa ein gemäßigtes Klima und ein ungehinderter Zugang zum Meer oder Bodenschätzen wie Kohle, seien förderlich für das Wirtschaftswachstum, andere dagegen nicht. Manche betonen kulturelle Faktoren: Bestimmte Werte und Verhaltensweisen, beispielsweise die protestantische Ethik oder vielleicht judäisch-christliche Ideale oder das nordische oder deutsche Arbeitsethos, seien hilfreich für die Wirtschaftsentwicklung, während südeuropäische oder afrikanische Einstellungen eher ein Hindernis bildeten. Noch andere sehen die Ursache bei einer aufgeklärten oder unaufgeklärten politischen Führung: Manche Regierungen würden in ihrem Staat für Wohlstand sorgen, weil sie die Probleme durchschauten oder den richtigen Rat erhielten, während andere überholten Ideen oder
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