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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition)
Autoren: Nora Scholz
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schüttete Milch hinein. Vorsichtig setzte sie die Katze vor den Teller auf den Tisch. Die Katze schleckte gierig die Milch, mit geschlossenen Augen, ihre rosafarbene Zunge kratzte über den Teller und Klara schüttete immer mehr Milch nach.
    » Ich werde sie Maria schenken«, sagte Klara plötzlich, »findest du nicht auch, dass sie in letzter Zeit so traurig wirkt?«
    Karl brummte.
    Am Nachmittag nahm Klara die Katze, setzte sie in den Korb und brachte sie ein paar Straßen weiter, wo Maria wohnte. Sie hatte vergessen, eine Mütze mitzunehmen, und der kalte Wind schmerzte und schlug ihr die viel zu große Kapuze des Mantels immer wieder von ihrem kahlen Kopf. Sie klingelte an der Tür. Es dauerte eine Weile, bis der Türöffner ertönte. Klara stieg mit dem Korb in der Hand die Treppe hinauf und betrat durch die angelehnte Tür Marias Wohnung. Maria war im Badezimmer, nur in ein Handtuch gewickelt. Als sie Klaras Stimme im Flur hörte, sprang sie erschrocken heraus. »Du bist es!« rief sie. »Ja«, sagte Klara, »wen hast du erwartet?« »Ich – niemanden«, sagte Maria, »was hast du da?« »Ein Geschenk für dich«, sagte Klara und brachte den Korb in die Küche. Maria nahm einen Morgenmantel von dem Haken an der Badezimmertür und folgte ihr. Klara stellte den Korb auf den Küchentisch und nahm die Katze heraus. »Sieh mal«, sagte sie und streckte Maria den Arm entgegen, »für dich.«
    » Klara«, sagte Maria, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, »Klara, das kannst du doch nicht...« Sie nahm die winzige Katze und hielt sie auf der Handfläche vor ihr Gesicht. »Süßes kleines Schätzchen, tussiges Spätzchen«, flüsterte sie, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Dann riss sie sich zusammen und hielt Klara die Katze wieder hin. »Das kann ich nicht annehmen«, sagte sie. »Doch, natürlich kannst du«, sagte Klara, »wieso denn nicht?«
    » Weil ich... weil ich... das eben nicht annehmen kann«, stotterte Maria, und Klara sagte, »was für ein Unsinn. Natürlich kannst du.«
    Klara nahm die Decke aus dem Korb und trug sie in Marias Schlafzimmer. Sie legte sie auf den Boden, holte eine Untertasse mit Milch aus der Küche und zerrte Maria am Ärmel mit sich ins Schlafzimmer. Sie nahm ihr die Katze aus der Hand und setzte sie auf die weiche, weiße Decke, wo sie sich sofort wo hlig zusammenrollte und laute, unbeholfene Schnurrgeräusche von sich gab. »Siehst du, sie fühlt sich wohl bei dir«, sagte Klara, und Maria schluckte ihre Tränen hinunter. »Danke, Klärchen«, flüsterte sie und umarmte Klara so fest, dass die keine Luft mehr bekam. »Was hast du denn bloß?«, fragte Klara, aber Maria gab einen Ton von sich, der genauso gut ein Schluchzen wie auch ein Lachen sein konnte. »Nichts, was soll ich haben, ich weiß auch nicht, das ist so, so unglaublich lieb, ich hab mir doch immer so sehr eine Katze gewünscht.« »Ich weiß«, sagte Klara, deshalb schenke ich sie dir ja.«
     
    Als Klara gegangen war, griff Maria zum Telefon.
    »Sie hat mir eine Katze geschenkt!«, rief sie in den Hörer.
    » Ich weiß«, brummte Karl. »Sie fand, dass du so traurig bist, in letzter Zeit.«
    » Ich – traurig!« rief Maria. »Da hat sie wohl Recht. Wir müssen das aufhören, hörst du?«
    » Ja«, sagte Karl.
    Maria schwieg. »Ich will das aber nicht aufhören«, sagte sie dann.
    » Ich auch nicht«, sagte Karl.
    » Aber Klara...« sagte Maria, »das ist eine Sünde.«
    » Unsinn«, sagte Karl, in einem Tonfall, als würde er jemanden zitieren, »was ist denn mit dir passiert, die einzige Sünde ist es, sich erwischen zu lassen, und jetzt muss ich auflegen, sie kommt«, sagte Karl, und die Verbindung brach ab.
    » Idiot«, flüsterte Maria in das leere Tuten des Hörers hinein.
     
    Klara hängte ihren Mantel an die Garderobe und ging ins Wohnzimmer, wo Karl saß und in einer Zeitung blätterte. »Wie war’s?« fragte er, »hat sie sich gefreut?«
    » Ja, und wie«, sagte Klara, »aber irgendwas stimmt nicht mit ihr, sie hat geweint.«
    »Frauen«, brummte Karl und drehte eine Seite um.
     
    Maria hielt den Hörer in der Hand und hörte dem lang gezogenen Tuten zu, das aus dem Weltall zu kommen schien. Sie stand unbeweglich und versuchte dem Ton eine Nachricht zu entlocken, eine Botschaft, etwas, das man tun könnte, eine Bestätigung, eine Rüge, eine Strafe, irgendetwas, doch der Ton verklang und ging schließlich in ein hektisches Stakkato aus abgehackten Tönen über, die allesamt wie ein »I«
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