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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2
Autoren: Alfred Bekker
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der Priesterschaft des Verborgenen Gottes. Gesänge, die um magische Hilfe jener mächtigen Wesenheit baten, denn nach Auffassung der Priesterschaft war jede Magie eine gnädige Gabe des Verborgenen Gottes und nicht ein Talent
des Einzelnen, wovon die Lehre des Ordens der Alten Kraft ausging. Aber der Verborgene Gott schien taub gegenüber dem Flehen seiner Gläubigen.
    Bis zum Morgengrauen wurde das Schneetreiben immer dichter. Den Fluss zu überqueren war nahezu unmöglich geworden. Er war zwar inzwischen halb zugefroren, und immer größere Eisstücke brachen von dem heranfließenden Gletscher ab und lagerten sich aneinander, aber es war lebensgefährlich, den Fuß auf dieses Brucheis zu setzen. Dennoch gab es genug Verzweifelte, die es trotzdem versuchten. Ihre Schreie gingen im allgemeinen Lärm unter.
    Die quellanischen Felder, wie man die Ebene östlich des oberen Bar allgemein nannte, waren inzwischen eine einzige grauweiße und mit einer hüfthohen Schneeschicht bedeckte Einöde. Auch der letzte Turm des herzoglichen Schlosses war unter dem Druck des Eises zerbrochen. Einzig die gewaltigen Mauern der siebentürmigen Kathedrale trotzten noch dem frostigen Hauch aus Morygors Reich, aber Schneeverwehungen türmten sich klafterhoch an ihnen auf.
    Der Schneefall hörte auf, und eine kalte, fahle Sonne stand am Himmel, gut die Hälfte verdeckt von der Schwärze des Schattenbringers. Die Luft war eisig klar, und man konnte weit über die Ebenen sehen. Hundert Leviathane rückten in breiter Front über den Horizont, jeder von ihnen zwanzig oder mehr Schiffslängen messend und im Bauch jeweils eine ganze Armee von Frostkriegern, die jederzeit ausgespien werden konnten.
    Schneller als westreichische Galeeren und heiligreichische Koggen das Meer von Ost-Erdenrund durchpflügten, glitten die gewaltigen Wesen über die weiße Decke aus Eis und Schnee. Untote Armbrustschützen aus Torheim hatten
sich auf den Rücken der Giganten positioniert, die breiter als jede Brücke und jede Straße waren, die je von Menschen-oder Ogerhand erschaffen worden war. Die jeweilige Eskorte, bestehend aus Tausenden von orxanischen Wollnashornreitern, stand nicht selten in Gefahr, von den gewaltigen Leibern der Leviathane erdrückt zu werden, zumal diese trotz ihrer beachtlichen Größe eine enorme Geschwindigkeit vorlegten, bei der die Wollnashörner gerade noch mithalten konnten.
    Wie eine Flutwelle drang diese Streitmacht auf einer Breite, die den gesamten Horizont einnahm, in Richtung des Flusses Bar voran. Während die Gesänge in der Kathedrale anhielten, stürzte bereits der erste der sieben Türme unter dem Druck eines der Leviathane in sich zusammen …
     
    Gorian starrte auf die verblassenden Bilder in der ovalen, etwa mannsgroßen, flimmernden magischen Sphäre, die Meister Thondaril erzeugt hatte. Thondaril hob die Hand mit den Ringen eines Meisters in den Ordenshäusern der Magie und des Schwertes und ließ die Sphäre langsam in seiner Handfläche verschwinden. Sein wie aus Stein gemeißeltes Gesicht wirkte noch ernster, als man es ohnehin schon von ihm gewohnt war.
    Außer Gorian und Meister Thondaril befanden sich noch Torbas, Sheera und Meister Aarad in dem Raum, der zur Wohnhöhle der Ordensgesandtschaft in Gryphenklau gehörte. Die Stadt der Greifenreiter war nahezu völlig in ein gewaltiges Felsmassiv hineingeschlagen worden. Künstliche Wohnhöhlen waren mit dem natürlichen Höhlensystem verbunden worden – Höhlen, in denen früher wilde Greifen gelebt hatten und die nun als Stallungen für diese riesenhaften Mischwesen aus Vogel und Löwe dienten.

    Dass es dem Orden gestattet war, seine Gesandtschaft in einer dieser Wohnhöhlen einzurichten, konnte durchaus als Ausdruck besonderer Wertschätzung angesehen werden. Die Gesandtschaft des Heiligreichischen Kaisers jedenfalls befand sich in der zu Gryphenklau gehörenden separaten Hafenstadt am Fuß des Felsmassivs, und obwohl sowohl der Orden als auch der Kaiser beide Repräsentanten desselben Landes waren, zeigte der König auf diese Weise ziemlich deutlich, wessen Anwesenheit am gryphländischen Königshof höher geschätzt wurde.
    Gorian betastete mit der Hand die Schulter, an der er während seines Kampfes mit Honyrr verletzt worden war. Rächer – sein eigener Dolch – hätte ihn beinahe getötet. Gorian hatte sich noch schnell ein frisches Hemd angezogen, bevor er schließlich als Letzter den Raum betreten hatte. Aber von den bewegten Bildern, die Meister
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