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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2
Autoren: Alfred Bekker
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Meisterschaft in allen fünf Häusern des Ordens erringen, richtig?«
    »In der Gruft von Felsenburg werden uralte Caladran-Schriften aufbewahrt«, fuhr Thondaril zwischenzeitlich fort. »Schriften, aus denen wir vielleicht etwas mehr darüber erfahren, ob sich der Schattenbringer durch die Sternenmagie der Caladran beeinflussen lässt. Meister Aarad hat auch schon beim Landesherrscher angefragt, ob uns die Reise nach Felsenburg gestattet wird.«
    »Kann man denn in Gryphland nicht frei reisen?«, fragte Gorian erstaunt.

    »Nicht nach Felsenburg. Dorthin darf man nur nach vorheriger Genehmigung, denn auch der gryphländische Reichsschatz ist dort untergebracht. Die Burg liegt in einem nahezu unbewohnten und wüstenartigen Ödland zwischen den mittelgryphländischen Bergen und Mitulien. Das Gebiet ist so unwegsam, dass man ohne Greifen kaum dorthin gelangt.«
    »Es ist die menschenfeindlichste Gegend, die ich je gesehen habe«, erklärte Aarad.
    »Ihr seid also schon dort gewesen«, sagte Gorian.
    Der Ordensgesandte in Gryphenklau nickte. »Ja, vor Jahren erhielt ich zur Vervollkommnung meiner Heiler-Fähigkeiten die Erlaubnis, in den alten Schriften dort zu forschen. Damals stand es sehr schlecht um die Tochter des Königs, und ich nehme an, dass ich nur deswegen die Erlaubnis erhielt. Übrigens tauchen immer wieder mal bruchstückhafte und wohl auch falsche Abschriften aus den Beständen Felsenburgs auf dem Schwarzmarkt von Gryphenklau auf und werden dort zu horrenden Preisen gehandelt.«
    »Warum fliegen wir nicht gleich zu den Caladran?«, wollte Gorian wissen. »Wenn man noch irgendetwas gegen Morygor ausrichten will, wird man ohnehin ein Bündnis aller noch freien Völker schmieden müssen, und da sollten nicht ausgerechnet die mächtigsten Magier fehlen, oder?«
    »Die erste Schwierigkeit besteht schon allein darin, einen Gryphländer zu finden, der uns mit seinem Greifen zu den Inseln der Caladran fliegt«, antwortete Aarad. »Beide Länder sind nämlich traditionell miteinander verfeindet, auch wenn das im Heiligen Reich wenig bekannt ist, denn es hat schon seit tausend Jahren keine offenen kriegerischen Auseinandersetzungen mehr zwischen Caladran und Greifenreitern gegeben. Der Grund dafür ist, dass keiner stark genug
wäre, den anderen zu besiegen, jedenfalls nicht, ohne einen unverhältnismäßig hohen Preis dafür zu zahlen. Diese Feindschaft hat mit den Caladran-Schriften in Felsenburg zu tun. Sie wurden nämlich geraubt.«
    Thondaril ergriff wieder das Wort. »Würden wir eine der Schriften mit zu den Inseln der Caladran bringen, würde man das als Friedensangebot verstehen – jedenfalls wenn wir in einer Greifengondel reisen oder zumindest ein Dokument vorweisen, mit dem wir beweisen, im Auftrag des Königs von Gryphland zu handeln. Dann gelänge es uns vielleicht, die Caladran als Verbündete zu gewinnen.«
    »Dann sollten wir so bald wie möglich nach Felsenburg aufbrechen«, meinte Gorian.
    »Die Zustimmung des Königs steht noch aus«, sagte Aarad.
    »Haltet Ihr es für möglich, dass ihm bereits von anderer Seite Versprechungen gemacht wurden?«, äußerte Sheera eine Befürchtung, die ihr auf einmal kam.
    »Von Morygor?«, fragte Aarad.
    »Wenn er das Geflecht der Schicksalslinien und Wahrscheinlichkeiten so gut zu überblicken vermag, wie wir annehmen, dann weiß er von unserem Plan und wird versuchen, ihn zu vereiteln«, stimmte Thondaril ihrer Sorge zu.
    »Ich kenne den Herrscher seit langem und kann mir das eigentlich nicht vorstellen«, erklärte Aarad. »Andererseits weiß ich nicht, was er tun wird, stünde es so schlecht um seine Tochter, dass auch ich ihr nicht mehr zu helfen vermag …«

2
    Der Totenalb
    Gorian saß in sich versunken neben dem Steingreifen und führte seine geistigen Übungen durch. Dazu hätte ihm in der Gesandtschaftshöhle auch eine Zelle zur Verfügung gestanden, denn schließlich war man dort auf Gäste, die dem Orden angehörten, bestens eingestellt. Aber er sah es mittlerweile als zusätzliche Herausforderung an, denselben Grad geistiger Versenkung auch außerhalb der Abgeschiedenheit einer Ordenszelle zu erreichen.
    Es herrschte klares Wetter, und der strahlend blaue Himmel erinnerte ihn an jenen Moment, als er im Boot seines Vaters erwachte und emporsah. Es war jener Augenblick, in dem seine Erinnerungen einsetzten und zu dem seine Gedanken immer dann zurückkehrten, wenn er in besonderer Weise versuchte, sich innerlich für kommende Aufgaben zu wappnen und
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