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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2
Autoren: Alfred Bekker
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emporschweben. Ganz kurz füllten sich seine Augen dabei wieder mit Finsternis. »Eines Tages werde ich mit diesem Schwert so gut kämpfen, wie du es vermagst, Gorian.«
    »Eines Tages werden wir mit diesen Klingen Morygors Schicksalslinie kreuzen und ihn besiegen!«
    »Wir?« Torbas hob die Augenbrauen. »Ich bin gern dabei, aber Morygor sieht in mir offensichtlich nicht eine so bedeutende Gefahr für seine Zukunft. Schließlich hat er bisher nur versucht, dich von seinen Schergen töten zu lassen.«
    »Meister Thondaril lässt euch rufen!«, vernahmen sie beide eine weibliche Stimme.
    Gorian drehte sich um. Ein ebenmäßiges Gesicht, ruhige meergrüne Augen und seidiges, bis über die Schultern fallendes Haar. Sheera trat aus dem Eingang der Höhlenwohnung,
in der die Gesandtschaft des Ordens der Alten Kraft untergebracht war.
    Die junge Frau blickte von Torbas zu Gorian. »Warum war dein Geist so verschlossen, dass es unmöglich war, dich mit einem Gedanken zu rufen?«, fragte Sheera stumm und ohne dabei auch nur die Lippen zu bewegen. Dann fiel ihr das Blut auf. » Schon wieder?« , erreichte Gorian ihr Gedanke, in dem tiefste Besorgnis mitschwang.
    Ein mattes Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht. »Es ist nicht so schlimm«, behauptete er.
    »Ich werde noch einmal ein paar Heilsteine auflegen müssen«, sagte sie nun laut. »Aber das scheint das Problem auf Dauer nicht zu lösen. Vielleicht solltest du doch die Hilfe von Meister Aarad annehmen.«
    Meister Aarad war ein ausgebildeter Heiler, der die Gesandtschaft des Ordens der Alten Kraft in Gryphenklau leitete. Er genoss das besondere Vertrauen des Königs von Gryphland, dem Reich der Greifenreiter, was vornehmlich darin begründet lag, dass er dessen kränkliche jüngste Tochter bisher am Leben erhalten hatte, obwohl alle einheimischen Ärzte sie längst aufgegeben hatten. Damit war er natürlich ein nahezu idealer Botschafter des Ordens beim gryphländischen König.
    Gorian allerdings traute niemandem mehr so ohne Weiteres, seit sich sogar der Hochmeister des Ordens als Verräter entpuppt hatte. Und vielleicht fürchtete er auch, die Wahrheit über diese Wunde zu hören: dass es kein Heilmittel gegen die Blutungen gab und dass sich sowohl sein Körper als auch seine Seele während des Aufenthalts in Morygors Reich so sehr mit dunkler Magie aufgeladen hatten, dass diese Kräfte einfach hinausmussten, in welcher Form auch immer.

    Gorian erwiderte den Blick von Sheeras meergrünen Augen. Eines der wenigen Dinge, die sich nicht verändert hatten, seit sie Morygors Reich verlassen hatten und an Bord der Gondel des Greifenreiters Centros Bal nach Gryphenklau gelangt waren, schien ihm die grenzenlose Faszination und Zuneigung zu sein, die er für dieses Mädchen empfand – und die Gewissheit, dass ihrer beider Schicksalslinien miteinander verwoben waren.
    Die eigentümliche Vertrautheit, die Gorian ihr gegenüber empfand, war nicht im Mindesten erschüttert, und das beruhigte ihn irgendwie.
     
    Die siebentürmige Kathedrale von Toque am Oberlauf des Bar war ein Wahrzeichen des Glaubens an den Verborgenen Gott.
    Toque, mitten im Herzland des Heiligen Reichs gelegen, war auch die Residenzstadt des Herzogs von Quellanien, aber die Kathedrale allein war etwa doppelt so groß wie das herzogliche Schloss und die eigentliche Stadt, die ihren Reichtum vor allem den vielen Pilgern verdankte, die jedes Jahr zu Hunderttausenden herbeiströmten und das Gebiet um die Kathedrale im Sommer monatelang zu einer gewaltigen Zeltstadt anschwellen ließen. Vom heiligen Wasser einiger Heilquellen erhoffte man sich Linderung von Krankheiten oder gesunden Nachwuchs oder Vergebung von Sünden. Selbst den einen oder anderen bekehrten Oger-Söldner, der in seinem früheren Leben Menschenfleisch als Delikatesse empfunden hatte, zog es her, um in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen zu werden.
    Man sagte, dass jedes zweite Haus in Toque ein Gasthaus sei und die Zahl der Einwohner im Winter kaum ein Zehntel
dessen erreichte, was man in den reisefreundlichen Sommermonaten an Volk zu sehen bekam.
    Es war Spätsommer, aber es wehte ein so eisiger Wind über die quellanischen Felder bis in die westlich des Bar gelegene Tiefebene von Garilanien, wie in manch hartem Winter nicht. Und immer wieder gab es Schnee- und Hagelschauer aus einem grauen Himmel. Die Sonne zeigte sich nur als großer verwaschener Lichtfleck, der durch die Wolkendecke schimmerte und zusätzlich noch zur Hälfte von
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