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Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Titel: Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)
Autoren: Bernd Köstering
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begrüßen, ging ich in den Keller, holte eine
Flasche kühles Ehringsdorfer Urbräu und stellte sie auf den Küchentisch.
    »So,
so, das Bier ist dir also wichtiger als ich?«
    »Na,
sagen wir mal: Mich dürstet gleichermaßen nach dir und dem Bier!«
    »Da
habe ich ja noch Glück gehabt, dass du mich zuerst genannt hast.«
    »Stimmt«,
antwortete ich und umarmte sie.
    »Warst
du noch im Goethehaus?«
    Ich sah
sie erstaunt an. »Woher weißt du das?«
    Sie
lächelte. »Nun erstens ist es schon kurz nach sieben …«
    Ich sah
verblüfft auf die Uhr – tatsächlich.
    »…
außerdem habe ich damit gerechnet, weil wir am Wochenende in den Thüringer Wald
wollen und dann keine Zeit mehr fürs Goethehaus bleibt.«
    Ich
schüttelte ungläubig den Kopf. »Du kennst mich schon viel zu gut.«
    Sie
lachte. Und sie lachte nicht einfach so, sondern mit diesem offenen,
sommerfröhlichen Lachen, das ich so an ihr liebte.
    Es gibt
Männer, denen es gar nicht gefällt, dass ihre Frau sie so genau kennt.
Offensichtlich fühlen sie sich dann durchschaubar, berechenbar. Hanna wusste
jedenfalls genau, dass ich einmal pro Woche ins Goethehaus gehen wollte. Besser
gesagt: gehen musste. Dieses Haus ließ mich nicht in Ruhe, lockte mein Inneres
und schenkte mir jedes Mal einen einstündigen Kurzurlaub. Es zeigte mir Goethes
Sammlungsreichtum, seine vielfältigen Interessen und seine Lebensart. Bei jedem
Besuch entdeckte ich etwas Neues. Auch wenn es nur Kleinigkeiten waren, sie
vervollständigten mein Bild von Goethe, Weimar und der Zeit der Klassik. In
manchen Wochen wechselte ich zum Rokokosaal ins Grüne Schloss, dort konnte ich
mich als Mitarbeiter der Bibliothek ab und zu hineinschmuggeln. Jedes Mal ging
das allerdings nicht, da die Besucher oft monatelang auf eine Eintrittskarte
warten mussten und lediglich 30 Minuten im Rokokosaal verweilen durften. Ins
Goethehaus kam ich jederzeit hinein, durch meine Mitgliedschaft in der
Goethegesellschaft sogar kostenfrei.
    »Möchtest
du wissen, was Sophie gesagt hat?«, fragte Hanna.
    »Ja,
natürlich.«
    »Frau
Pajak ist tatsächlich entführt worden. Man hat einen Zettel vor dem
Bühneneingang gefunden, auf dem stand ›Hilfe‹, eindeutig ihre Handschrift, hat
ihr Mann bestätigt.«
    Damit
war meine Frage von heute Mittag beantwortet. Die Ereignisse um Cindys
Entführung vor sechs Jahren gingen mir durch den Kopf. Da auch Hanna damals in
die Geschehnisse hineingezogen worden war, wollte ich das Thema nicht
anschneiden.
    »Bisher
gibt es keine Forderungen der Entführer, nichts dergleichen«, fuhr Hanna fort,
»die Polizei sucht Frau Pajak mit allen verfügbaren Mitteln, Siggi leitet die
Aktion.«
    »Da hat
der Generalintendant also wirklich recht gehabt.«
    »Ja, hat
er. Und wenn sie bis übermorgen nicht wieder auftaucht, wird Frau
Hartmannsberger wohl die Marie spielen.«
    »Nein!«
    »Doch,
doch. Von Wengler sagt, er habe keine andere Wahl. Selbst wenn sie vielleicht
morgen gefunden wird, ist ja fraglich, ob sie in der Lage ist, am Samstag
aufzutreten.«
    »Und
eine andere Schauspielerin aus seinem Ensemble?«
    »Zu
unsicher, sagt er, die kann ja nicht innerhalb eines Tages die Rolle
einstudieren und Frau Hartmannsberger hat die Marie wohl komplett drauf. Er
will unter allen Umständen seine Premiere retten.«
    »Was
ist denn mit Frau Kirschnig?«
    «,Schwere
Grippe, Fieberschübe, keine Chance. Jedenfalls hat der Generalintendant
Liebrich gebeten, morgen ein Treffen mit Frau Hartmannsberger und Herrn Feinert
zu arrangieren. Von Wengler ist deswegen heute Mittag extra bei Benno gewesen.
Es fällt ihm nicht leicht, diesen Schritt zu gehen …«
    »Das
glaube ich.«
    »Benno
hat das auch mit dem OB besprochen, Gärtner gefällt das wohl überhaupt nicht,
er möchte am liebsten die Premiere absagen.«
    »Warum
denn das?«
    »Er
meint, aus Respekt vor Frau Pajak sollte man mit der Aufführung warten, bis sie
wieder auftaucht.«
    »Hmm,
kann man auch nachvollziehen.«
    »Benno
ist auf der Seite des Generalintendanten, hat sich deswegen ziemlich mit dem OB
verkracht.«
    »So?«
    »Ja,
Sophie macht sich ein bisschen Sorgen, weil die beiden sich bisher sehr gut
verstanden haben, na ja, mal sehen, wie es weitergeht.«
    Ich
berichtete Hanna mit wenigen Worten von meinem zufälligen Treffen mit Feinert
und Heckel. Und davon, dass Christoph Heckel eine Ersatzschauspielerin von
außen für unmöglich hält.
    »Oh,
là, là …«, meinte Hanna erstaunt. »Das hört sich nach Ärger an!«
    Ich
nickte.
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