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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit
Autoren: Gail Carriger
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von sechs Jahren ein netter Gentleman vom öffentlichen Dienst mit silberweißem Haar und einem silbernen Gehstock erklärt, ein Werwolf-Experte. Zusammen mit ihrem dunklen Haar und der markanten Nase war die Außernatürlichkeit etwas, wofür Miss Tarabotti ihrem verblichenen italienischen Vater zu danken hatte.
    Miss Alexia, sechs Jahre alt, hatte höflich zu dem genickt, was der nette silberhaarige Gentleman ihr gesagt hatte. Danach hatte sie Unmengen griechischer Philosophie gelesen und sich mit Themen wie Vernunft, Logik und Ethik auseinandergesetzt. Wenn sie keine Seele hatte, dann hatte sie auch keine innere Moral, weshalb sie der Meinung war, es wäre am besten, eine Art Alternative zu entwickeln. Ihre Mama hielt sie für einen Blaustrumpf, was seelenlos genug war, soweit es Mrs Loontwill betraf, und sie war schrecklich betrübt darüber, dass ihre älteste Tochter einen so starken Hang zu Bibliotheken entwickelte. Es wäre zu ärgerlich, sich jetzt mit ihr auseinandersetzen zu müssen.
    Lord Maccon schritt entschlossen auf die Tür zu, in der eindeutigen Absicht, Mrs Loontwill zu holen.
    Alexia gab nach. »Oh, also schön!« Mit einem Rascheln ihrer grünen Röcke ließ sie sich auf einem mit pfirsichfarbenem Brokat bezogenen Chesterfield-Sofa in der Nähe des Fensters nieder. Ebenso amüsiert wie verärgert stellte der Earl fest, dass sie es geschafft hatte, ihr Ohnmachtskissen aufzuheben und wieder auf die Couch zu legen, ohne dass er irgendeine schnelle Bewegung bemerkt hätte.
    »Ich ging in die Bibliothek, um in Ruhe einen Tee zu trinken. Mir wurde versprochen, dass es auf dem Ball etwas zu essen geben würde. Für den Fall, dass Sie es noch nicht bemerkt haben, es scheint nichts Essbares im Haus zu sein.«
    Lord Maccon, der eine beachtliche Menge an Nahrung benötigte, und das meiste von der eiweißhaltigen Sorte, hatte es bemerkt. »Der Duke of Snodgrove ist dafür berüchtigt, sehr zurückhaltend zu sein hinsichtlich zusätzlicher Ausgaben für die Bälle seiner Frau. Lebensmittel standen vermutlich nicht auf der Liste akzeptabler Darreichungen.« Er seufzte. »Dem Mann gehört halb Berkshire, und er bietet seinen Gästen nicht einmal ein anständiges Sandwich.«
    Miss Tarabotti gestikulierte mitfühlend mit beiden Händen. »Genau meine Rede! Dann werden Sie also verstehen, dass ich mir mein eigenes Mahl bestellte. Darf man von mir verlangen, dass ich verhungere?«
    Der Earl musterte ihre üppigen Kurven wenig höflich von oben bis unten, stellte fest, dass Miss Tarabotti an genau den richtigen Stellen gut gepolstert war, und entschied, sich nicht von ihr dazu verleiten zu lassen, Mitleid für sie zu empfinden. Er behielt seine finstere Miene bei. »Ich vermute, das ist genau das, was der Vampir dachte, als er Sie ohne Anstandsdame antraf. Eine unverheiratete Frau allein in einem Zimmer, und das in diesem aufgeklärten Zeitalter! Wäre Vollmond, hätte sogar ich Sie angegriffen!«
    Alexia musterte ihn scharf und griff zu ihrem Messingschirm. »Mein lieber Sir, ich würde gern miterleben, wie Sie das versuchen!«
    Als Alpha war Lord Maccon ein wenig unvorbereitet auf solch kühne Widerworte, sogar angesichts seiner schottischen Herkunft. Überrascht blinzelnd sah er sie einen Sekundenbruchteil an, dann nahm er seinen verbalen Angriff wieder auf. »Ihnen ist doch hoffentlich bewusst, dass die modernen gesellschaftlichen Gepflogenheiten aus einem guten Grund existieren?«
    »Ich war hungrig, da sollten Zugeständnisse gemacht werden«, entgegnete Alexia, als wäre die Angelegenheit damit erledigt. Sie konnte nicht verstehen, warum er darauf herumhackte.
    Inzwischen fischte Professor Lyall, von den beiden unbeachtet, geschäftig in seiner Westentasche nach etwas. Schließlich zog er ein leicht ramponiertes Schinkensandwich mit Essiggurke hervor, das in ein Stück braunes Papier gewickelt war. Ganz Kavalier bot er es Miss Tarabotti an.
    Unter normalen Umständen hätte der schändliche Zustand des Sandwichs Alexia abgestoßen, doch es war so nett gemeint und wurde ihr mit solcher Bescheidenheit gereicht, dass sie einfach nicht anders konnte, als anzunehmen. Tatsächlich war es ziemlich lecker.
    »Das ist köstlich!«, stellte sie überrascht fest.
    Professor Lyall grinste. »Ich habe immer welche zur Hand, für den Fall, dass seine Lordschaft besonders reizbar wird. Solche Gaben halten die Bestie meistens unter Kontrolle.« Er runzelte die Stirn und fügte noch eine Einschränkung hinzu. »Außer bei
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