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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit
Autoren: Gail Carriger
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Vollmond, natürlich. Wäre ein schönes Schinkensandwich mit Gurke doch nur alles, was dann nötig ist.«
    Interessiert richtete sich Miss Tarabotti auf. »Was genau machen Sie denn bei Vollmond?«
    Lord Maccon wusste sehr wohl, dass Miss Tarabotti absichtlich versuchte, vom Thema abzulenken. Bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit getrieben verlegte er sich darauf, sie beim Vornamen zu nennen. »Alexia!« Es war ein langes, vielsilbiges, lang gezogenes Knurren.
    Sie wedelte mit dem Sandwich in seine Richtung. »Äh, wollen Sie die Hälfte davon abhaben, Mylord?«
    Seine Miene wurde noch finsterer, falls so etwas überhaupt möglich war.
    Professor Lyall schob das Brilloskop hoch auf die Krempe seines Zylinders, wo es wie ein fremdartiges zweites Paar mechanischer Augen aussah, und sprang in die Bresche. »Miss Tarabotti, ich glaube nicht, dass Sie ganz begreifen, wie heikel Ihre Lage ist. Sollte es uns nicht gelingen, überzeugende Beweise für eine Notwehrsituation vorzulegen, könnten Sie wegen Mordes angeklagt werden.«
    Alexia schluckte den letzten Bissen so schnell hinunter, dass sie sich verschluckte und husten musste. »Was?«
    Lord Maccon war noch relativ neu in der Gegend von London. Gesellschaftlich noch völlig unbekannt hatte er den Alpha von Woolsey Castle herausgefordert und gewonnen. Selbst wenn er nicht in Wolfsgestalt auftrat, verursachte er den jungen Damen Herzklopfen, denn er strahlte eine gefällige Mischung aus Rätselhaftigkeit, Überlegenheit und Gefahr aus. Nachdem er von dem enteigneten ehemaligen Rudelführer dessen Posten bei BUR, seinen Adelsrang und Woolsey Castle erlangt hatte, mangelte es ihm nie an Dinner-Einladungen. Dadurch war für seinen mit dem Rudel geerbten Beta eine anstrengende Zeit angebrochen: Er musste stets einen protokollarischen Tanz aufführen und Lord Maccons zahlreiche gesellschaftliche Entgleisungen ausbügeln. Dessen unverblümte Direktheit schien bereits auf Professor Lyall abzufärben. Es war nicht seine Absicht gewesen, Miss Tarabotti zu schockieren, aber auf einmal wirkte sie äußerst kleinlaut.
    »Ich saß einfach nur da«, erklärte Alexia, während sie das Sandwich beiseite legte, da ihr der Appetit vergangen war. »Er stürzte sich auf mich, völlig unprovoziert. Seine Fangzähne waren gefletscht. Ich bin mir sicher, wäre ich eine normale Tageslicht-Frau gewesen, hätte er mich völlig ausgesaugt. Ich musste mich einfach verteidigen.«
    Professor Lyall nickte. Ein Vampir hatte in einem Zustand extremen Hungers nur zwei gesellschaftlich akzeptable Möglichkeiten: von verschiedenen bereitwilligen Drohnen zu schlürfen, die zu ihm oder seinem Haus gehörten, oder unten am Hafen bei Bluthuren zu bezahlen. Schließlich schrieb man das neunzehnte Jahrhundert, und man konnte nicht einfach hergehen und ungebeten und unangekündigt jemanden beißen! Sogar Werwölfe, die sich bei Vollmond nicht beherrschen konnten, stellten sicher, dass sie genug Claviger um sich hatten, die sie in solchen Nächten einsperrten. Er selbst hatte drei dieser Schlüsselträger, und es waren fünf von ihnen nötig, um Lord Maccon unter Kontrolle zu halten.
    »Glauben Sie, dass er unter Zwang in diesen Zustand geriet?«, fragte der Professor.
    »Sie meinen, dass er eingesperrt wurde, bis er dicht vor dem Verhungern stand und nicht mehr Herr seiner Sinne war?« Lord Maccon dachte über diese Theorie nach.
    Professor Lyall klappte sein Brilloskop wieder von der Krempe und besah sich die Handgelenke und den Hals des toten Mannes. »Keine Anzeichen für Gefangenschaft oder Folter, aber bei einem Vampir ist das schwer zu sagen. Sogar in einem Zustand des Blutmangels würden die meisten oberflächlichen Verletzungen in …« Er verstummte kurz, schnappte sich Lord Maccons Metallrolle und den Stift, tauchte die Spitze in die klare, zischende Flüssigkeit und machte ein paar schnelle Berechnungen. »… in etwas über einer Stunde verheilen.« Die Berechnungen blieben eingeätzt auf dem Metall zurück.
    »Und was dann? Ist er entkommen oder wurde er absichtlich freigelassen?«, fragte Lord Maccon.
    »Auf mich wirkte er geistig völlig normal«, warf Alexia ein. »Abgesehen von dem Angriff, natürlich. Er war in der Lage, eine anständige Unterhaltung zu führen. Er hat sogar versucht, mir zu schmeicheln. Muss noch ein recht junger Vampir gewesen sein. Und …« Sie machte eine theatralische Pause und sagte dann mit Grabesstimme: »Er hatte ein Fangzahn-Lispeln.«
    Professor Lyall sah
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