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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit
Autoren: Gail Carriger
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Conall Maccons Stellvertreter, Professor Lyall, um. Lord Maccon hatte zumeist ein viel ruhigeres Temperament, wenn sein Beta anwesend war. Dies schien, wie Alexia inzwischen begriffen hatte, der eigentliche Sinn eines Betas zu sein – ganz besonders eines Betas von Lord Maccon.
    »Ah, Professor Lyall, wie schön, Sie wiederzusehen!« Sie lächelte erleichtert.
    Professor Lyall, der besagte Beta, war ein schlanker, rötlichblonder Gentleman unbestimmten Alters und von angenehmem Wesen, genau genommen so umgänglich, wie sein Alpha griesgrämig war. Er lächelte sie breit an und lüpfte grüßend den Zylinder, der von erstklassigem Schnitt und aus bestem Material war. Seine Halsbinde war ähnlich dezent; obwohl fachmännisch gebunden, war der Knoten bescheiden.
    »Miss Tarabotti, wie schön, Sie einmal wiederzusehen.« Seine Stimme war sanft und freundlich.
    »Hören Sie auf mit den Schmeicheleien, Randolph«, bellte Lord Maccon. Der vierte Earl of Woolsey war viel größer als Professor Lyall und trug beinahe ständig eine finstere Miene zur Schau. Jedenfalls blickte er stets finster drein, wenn er sich in Gegenwart von Miss Alexia Tarabotti befand, und zwar seit jenem Zwischenfall mit dem Igel (der nun wirklich und wahrhaftig nicht ihre Schuld gewesen war). Davon abgesehen hatte er unverschämt hübsche goldbraune Augen, mahagonifarbenes Haar und eine besonders schöne Nase. Die Augen funkelten Alexia gegenwärtig aus schockierend intimer Nähe an.
    »Wie kommt es, Miss Tarabotti, dass jedes Mal, wenn ich ein Schlamassel in einer Bibliothek beseitigen muss, Sie sich rein zufällig mittendrin befinden?«, verlangte der Earl von ihr zu wissen.
    Alexia bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick und strich sich über die Vorderseite ihres grünen Taftkleids, um es nach Blutflecken abzusuchen.
    Anerkennend beobachtete Lord Maccon sie dabei. Miss Tarabotti mochte ihr Gesicht zwar jeden Morgen im Spiegel mit einer gehörigen Portion Kritik betrachten, aber an ihrer Figur gab es absolut nichts auszusetzen. Er hätte weit weniger Seele und erheblich weniger niedere Triebe haben müssen, um diese appetitliche Tatsache nicht zu bemerken. Natürlich ruinierte sie ihre Anziehungskraft stets sofort wieder, indem sie den Mund aufmachte. Seiner bescheidenen Erfahrung nach gab es auf der ganzen Welt keine Frau, die noch entnervend schlagfertiger war.
    »Bezaubernd, aber unnötig«, meinte er mit einem Hinweis auf ihre Bemühungen, nicht vorhandene Blutstropfen von ihrem Kleid zu wischen.
    Alexia rief sich in Erinnerung, dass sich Lord Maccon und seine Art erst seit Kurzem zivilisiert benahmen. Man durfte einfach nicht zu viel von ihnen erwarten, ganz besonders nicht unter heiklen Umständen wie diesen. Allerdings erklärte das natürlich nicht Professor Lyall, der stets äußerst kultiviert auftrat. Sie schenkte ihm einen anerkennenden Blick.
    Lord Maccons Miene wurde noch finsterer.
    Miss Tarabotti dachte darüber nach, ob der Mangel an zivilisiertem Verhalten möglicherweise einfach nur an Lord Maccons Herkunft lag. Gerüchte besagten, dass er erst seit vergleichsweise kurzer Zeit in London lebte – und dass er von allen barbarischen Orten ausgerechnet aus Schottland hergekommen war.
    Der Professor hüstelte leise, um die Aufmerksamkeit seines Alphas auf sich zu lenken. Der gelbe Blick des Earls heftete sich mit solcher Eindringlichkeit auf ihn, dass er beinahe brannte. » Aye ?«
    Professor Lyall stand über den Vampir gebeugt und untersuchte gerade interessiert die Haarnadel. Ein makellos weißes Taschentuch aus Linon um die Hand gewickelt, stocherte er in der Wunde herum.
    »Sehr wenig Gekleckere, ehrlich gesagt. Beinahe keine Blutspritzer.« Er beugte sich vor und schnupperte. »Eindeutig Westminster«, stellte er fest.
    Der Earl of Woolsey schien zu verstehen. Er richtete seinen durchdringenden Blick auf den toten Vampir. »Er muss sehr hungrig gewesen sein.«
    Professor Lyall drehte die Leiche um. »Was ist denn hier passiert?« Er zog eine kleine hölzerne Pinzette aus seiner Westentasche und pflückte etwas vom Hosenboden des Vampirs. Dann hielt er kurz inne, kramte in seinen Manteltaschen und holte ein kleines Lederetui hervor. Er klappte es auf und entnahm ihm ein äußerst bizarr aussehendes, brillenartiges Ding mit kreisrunden Gläsern. Es war goldfarben, mit mehrfachen Linsen auf einer Seite, zwischen denen sich eine Art Flüssigkeit zu befinden schien. Außerdem war der seltsame Apparat mit kleinen Knöpfen und
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