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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein
Autoren: Sylvia Halcour
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Schatten hinter mir und Sascha löste sich von seinen Frauen.
    Wir drei waren beinahe die letzten, die den Club verließen.
    Sascha schien wunderbar gestimmt. Sorglos lächelnd sah er an mir vorbei. Ich war noch immer unsichtbar. Es hat keinen Sinn, er will dich nicht, dachte ich unglücklich. Ein Taxi knirschte über das Pflaster. Ich fasste mir ein Herz und hob meine Hand. Nun war es beschlossene Sache, die Nacht war vorbei. Es war an der Zeit aufzugeben. Das Taxi hielt direkt vor meinen Füßen. Nun also verabschieden und einsteigen!
    Ich machte einen Schritt auf Sascha zu, um mich mit zwei Küsschen auf die linke und rechte Wange zu verabschieden, wie man es bei Freunden macht. Vielleicht fragt er dich nach deiner Nummer?, fiel es mir ein, obwohl das vor Christian sicherlich nicht leicht wäre. Ich hielt Sascha meine Wange hin, doch er blieb starr wie ein Fels, bewegte sich nicht.
    Irritiert wich ich zurück. Der Trümmerhaufen unserer geheimen Verbindung, scherzte ich innerlich, aber fühlte sogleich, dass sein Blick mir das Einschlafen schwer machen würde. Schnell wandte ich mein Gesicht von ihm ab.
    »Warte!«, rief Christian, als ich gerade einsteigen wollte. Er lächelte das erste Mal. »Bekomme ich keinen Kuss zum Abschied?«
    »Wo schläfst du jetzt?«, fragte ich an Sascha vorbei.
    Christian zuckte mit den Schultern.
    »Wenn es dich nicht stört auf der Matratze zu schlafen...«, sagte ich und wurde still. Totenstill. Die Angst zu Scheitern nahm mir den Atem.
    Christian lachte. »Alles klar.«
    Gemeinsam kletterten wir ins Taxi. Ich hatte keine Matratze und wahrscheinlich fuhren die Züge wieder ab sechs, aber keiner von uns war allein.
    Ohne sich von Sascha zu verabschieden, knallte Christian die Autotür hinter sich zu. Saschas Siegerlächeln war verschwunden.
    Auf der Fahrt blickte ich verschwommen aus dem Fenster der Rückbank. Ich betrachtete die gelben, roten und grünen Lichtpunkte, die, wenn der Wagen beschleunigte, zu kurvigen, bunten Schlangen wurden. Nach einiger Zeit wurde mir schlecht.
    Während wir schweigend die Treppen zu meiner Wohnung hinaufgingen, versuchte ich mir vorzustellen, wie es sich anfühlen würde, nun alleine zu sein, um zu wissen, was es für einen Sinn machte, jetzt mit ihm zusammen zu sein. Freu dich doch, dachte ich, du hast jemanden, der dich in den Arm nimmt, an den du dich anlehnen kannst. Du bist nicht verloren in dieser Wohnung, die mir, seit Leo abends nicht mehr kam, oft wie ein Grab erschien. Ich nahm mir vor, seine Gesellschaft zu genießen, aber als ich ihn auf meinem Bett sitzen sah, steif und fremd, ahnte ich, dass es nicht funktionieren würde.
    Unschlüssig, was nun zu tun, setzte ich mich neben ihn. Seine Hand fuhr meinen Rücken auf und ab und seine Lippen legten sich auf meinen Mund. Ich versuchte, in seinen Berührungen einen Hauch von Gefühl, etwas Schützenswertes, Wertvolles, zu spüren, aber es war vergebens. Mit gespitzten Lippen gab er mir einen Kuss auf den Hals. Neben diesen setzte er einen weiteren. Und daneben wieder einen. Nach unzähligen kleinen, hölzernen Küsse waren wir miteinander vereint. Es war weder schön noch schmerzhaft und wir schauten die ganze Zeit aneinander vorbei.
    Nächstes Wochenende würde ich zu Hause bleiben, schwor ich mir, als ich die Decke über meine nassen Schenkel zog. In dem Gefühl, sie gehörten nicht zu mir, schlief ich ein.
     

Mit anderen Augen
     
    »Wie ging es dann weiter?«, fragte Pierre und sah mich durch seine roten Strähnen an. Mit seinen dünnen Beinen balancierte er den Stuhl, auf dem er saß, in einer Kippstellung. Ich hatte immer Sorge, dass er nach hinten überfiele und mit dem Kopf gegen eines der Regale knallte. Der Alte würde uns endgültig der Bibliothek verweisen. Dabei waren die Kaffeepausen für mich der einzige Grund, morgens aufzustehen und in dieses Institut zu gehen.
    »Wenn du dich nicht gerade hinsetzt, sag ich überhaupt nichts mehr«, drohte ich Pierre, doch der ließ sich nur weiter nach hinten sinken, so dass seine Beine in der Luft baumelten. Er hatte halboffene Lederschuhe an, die ihm sehr feminine Füße verliehen und ihn als Mann für mich in endlose Ferne rückten. Johannes wirkte daneben groß und maskulin. Teilnahmslos blätterte er in einem Buch, das er sich aus einem der Regale gezogen hatte. Ich war mir nicht sicher, ob er las. Gesagt hatte er bisher kaum etwas.
    »Also-o?«, fragte Pierre und setzte sich mit einem Ruck gerade hin.
    »Vielen Dank«, sagte ich und
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