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Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab
Autoren: Arnaldur Indridason
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Jahre gegründet, als der Kalte Krieg auf dem Höhepunkt war.
    Hauptsächlich war sie damit betraut, die Aufklärungsbilder auszuwerten, die über der Sowjetunion, China, Kuba und anderen Ländern aufgenommen wurden, die der USA als feindlich gesinnt galten. Seit dem Ende des Kalten Krieges bestand ihre Aufgabe unter anderem darin, die Terroristencamps in den Ländern östlich des Mittelmeers zu beobachten und die Kämpfe auf dem Balkan zu verfolgen. Die Organisation verfügte insgesamt über acht Satelliten auf Erdumlaufbahnen von achthundert bis fünfzehnhundert Kilometer Höhe.
    An der Spitze des militärischen Geheimdienstes stand ein General namens Vytautas Carr. Im Augenblick betrachtete er die Monitore, die im Kontrollraum in der oberen Etage eine ganze Wand einnahmen, und studierte aufmerksam die Aufnahmen, deretwegen er gerufen worden war. Wegen der zwölf enormen 15

    Computeranlagen, die ohne Unterlass in einem abgetrennten Teil des Raumes surrten, wurden die Temperaturen im Haus niedrig gehalten. Zwei bewaffnete Posten bewachten die Tür.
    Über die ganze Breite des Saales standen vier Reihen mit flimmernden Computerbildschirmen.
    Carr war um die siebzig und eigentlich längst im Pensionsalter, aber in seinem Fall hatte die Organisation eine Ausnahme gemacht. Er war fast zwei Meter groß, und das Alter hatte ihm noch nichts anhaben können. Sein ganzes Leben hatte er beim Militär gedient; er hatte in Korea gekämpft und war eine der dynamischsten Führungspersönlichkeiten des Geheimdienstes, der die Organisation mit aufgebaut und geprägt hatte. Er trug keine Uniform, sondern einen zweireihigen Anzug. Die Bildschirmwand spiegelte sich in seiner Brille.
    Hinter ihr verbargen sich kleine, stechende Augen, die auf zwei Bildschirme in der linken oberen Ecke starrten.
    Einer der beiden Monitore zeigte Bilder aus dem Archiv der Organisation, das viele Millionen Satellitenbilder aus den vergangenen vier Jahrzehnten umfasste. Auf dem anderen Schirm waren neue Aufnahmen zu sehen. Die Bilder, die Vytautas Carr betrachtete, waren über Island aufgenommen worden, über einem kleinen Gebiet im Südosten des Vatnajökull. Das ältere Bild stammte aus dem vorherigen Jahr, das jüngere war erst wenige Stunden alt. Auf dem älteren Bild war nichts Ungewöhnliches zu erkennen, nur die schneeweiße Eisfläche des Gletschers und vereinzelte Spalten, aber auf dem neuen Bild konnte man in der unteren linken Ecke einen kleinen Fleck ausmachen. Die Aufnahmen waren grobkörnig und hatten einen Grauschleier, aber mit einiger Nachbearbeitung zeigten sie ein präzises und detailgenaues Bild. Carr bat darum, den Fleck zu vergrößern, und das Bild veränderte seine Auflösung, bis der schwarze Punkt den ganzen Schirm ausfüllte.
    »Wen haben wir in Keflavík?«, fragte Carr den Mann am Kontrollpult, der die Bilder zeigte.
    16

    »Wir haben niemanden in Keflavík«, erwiderte der.
    Carr dachte nach.
    »Holen Sie mir Ratoff ans Telefon«, sagte er dann.
    »Hoffentlich ist das nicht wieder ein Phantom wie damals ‘67«, fügte er hinzu.
    »Wir haben bessere Satelliten als damals«, sagte der Mann, den Telefonhörer schon in der Hand.
    »Wir haben noch nie ein so klares Bild vom Gletscher gehabt.
    Wie viele wissen über diese neuen Aufnahmen Bescheid?«
    »Nur der Rest der Acht-Uhr-Schicht, das sind drei Leute, abgesehen von mir und Ihnen natürlich.«
    »Wissen sie, worum es geht?«
    »Sie haben keine Ahnung. Ihnen sind die Bilder noch nicht einmal aufgefallen.«
    »Belassen wir es dabei«, sagte Carr und verließ den Raum. Er folgte einem langen Gang, bis er zu seinem Büro gelangte und die Tür hinter sich schloss. Das Telefon blinkte.
    »Ratoff auf Leitung zwei«, ertönte eine Stimme aus dem Hörer. Carr zog eine Grimasse und drückte die Taste.
    »Wie lange brauchen Sie, um nach Keflavík zu kommen?«, fragte Carr unvermittelt.
    »Was ist Keflavík?«, fragte die Stimme im Telefon.
    »Unser militärischer Stützpunkt in Island«, antwortete Carr.
    »Island? Morgen Abend könnte ich dort sein. Was ist los?«
    »Wir haben eine äußerst klare Aufnahme vom größten Gletscher des Landes. Er scheint uns jetzt endlich etwas wiedergeben zu wollen, was wir vor vielen Jahren dort oben verloren haben. Wir brauchen einen Mann in Keflavík, der dort bei unserer Operation alle Fäden in der Hand hält. Zwei Spezialeinheiten werden Sie dorthin begleiten, die Ausrüstung können Sie sich selbst zusammenstellen. Sagen Sie, dass es sich 17

    um
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