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Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen
Autoren: Helen Hodgman
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ein Gesundheitsrisiko. Zwei Männer mit Schaufeln waren einen ganzen Tag damit beschäftigt, Schicht für Schicht abzutragen. Je tiefer sie vordrangen, umso verdichteter und unangenehmer wurde es. Ab und zu warf ich heimlich einen Blick in die Garage und glaubte, die durch Erosion freigelegten verschiedenen geologischen Schichten in einem Felsen zu sehen: Tausende von Jahren zu einer zentimeterdicken Lage zusammengepresst. Schließlich kratzten sie die Überreste der Hochzeitsgeschenke vom Betonboden und fuhren alles in einem Lkw weg. Das rosagraue Vinylradio mit den Goldknöpfen und dem leuchtenden Frequenzeinsteller lag neben dem Fahrer auf dem Boden. Ich freute mich. Wenigstens hatte es ein gutes Zuhause gefunden. Für zwanzig Dollar hatte ich mir meinen Seelenfrieden und ein Gefühl von Tugendhaftigkeit erkauft. Ich hoffte nur, dass mir niemand auf die Schliche kommen würde.
    Ich hätte mir die Peinlichkeit ersparen können, wenn ich die Männer an einem Donnerstag hätte kommen lassen. Donnerstags war ich nicht zu Hause. Donnerstage begannen immer fröhlich, und sie begannen früh. Fröhlich und früh hätte ich den Kinderwagen über die Straße geschoben, wäre um die Ecke gebogen und dann in die übernächste Straße hinein.
    *
    Der Kinderwagen quietschte, und mein Hirn quietschte im Takt dazu. Es quietschte unter der Anstrengung, sich auszudenken, was ich zu Schwiegermutter sagen sollte, die hinter der nächsten Straßenecke wartete. Schließlich kann man nicht einfach ein Baby abladen und wegrennen. Das hätte sie sich nicht bieten lassen.
    Eigentlich redete ich mit niemandem viel. Schwiegermutter war eine Ausnahme. Sicher lag sie in ihrem mit viel Liebe gehäkelten rosa Bettjäckchen im Bett und wartete schon auf unsere übliche Donnerstagmorgenunterhaltung.
    Ihr Schlafzimmer befand sich im vorderen Teil des Hauses. Große Fenster gingen zur Straße hinaus, schwere Vorhänge waren ohne Grund diskret zugezogen. An einer Seite führte eine Terrassentür, deren rosa Farbe bereits abblätterte, auf eine dunkle Betonveranda. Von der kam man über ein paar Stufen in den Vorgarten. Der Rasen war schrecklich ausgelaugt und morastig – ein sehr unvollkommener Rasen. Vielleicht könnte ich ja ein gutes Werk tun und meine wahnsinnige Nachbarin mitbringen, damit sie ihn sich anschaute.
    Wir liefen die Straße entlang, erschütterten die Schläfrigkeit des frühen Morgens und wirbelten kleine Staubwolken auf. Vorsichtig hielten wir uns am Straßenrand: Sicherheit geht vor. Der Staub wehte davon, um sich in den angrenzenden Häusern über Kaffeetische aus Teakfurnier zu legen. Das fröhliche Summen der ersten Staubsauger des Tages drang an unsere Ohren.
    Ein großer, gewagter Schlenker brachte uns in die Straßenmitte, von wo wir Anlauf nahmen, um ohne stecken zu bleiben über den sumpfigen Rasen zu kommen. Rückwärts polterten wir die Stufen hinauf, die Vorderräder des Kinderwagens drehten sich geräuschvoll in der Luft. Ein letzter beherzter Schubs über die Betonveranda, und wir standen vor der rosa Terrassentür. Sie war offen.
    » Guten Morgen, meine Liebe.« Umgeben von allem möglichen Abfall und den Requisiten einer schlechten Schläferin, thronte sie in ihrem Bett und trank aus einer Thermoskanne Tee ohne Milch und Zucker. Ich ging durchs Zimmer und setzte mich aufs Bett.
    » Guten Morgen.«
    » Wie geht es James? Er hatte versprochen, gestern Abend auf dem Heimweg bei mir vorbeizuschauen, aber er ist nicht gekommen. Sicher wird er mich heute anrufen. Oder abends vorbeikommen.«
    James ist ihr Sohn. Der Jüngste. Der, der am nächsten von zu Hause wohnt. Der, mit dem ich verheiratet bin. James war am Vorabend nicht nach Hause gekommen.
    » Dem geht es gut. Aber er ist müde. Im Moment hat er fürchterlich viel zu tun. Er wird bestimmt heute anrufen.«
    » Du darfst ihn nicht so hart arbeiten lassen, Liebes.«
    Es folgten verschiedene Gesundheitsermahnungen und düstere Prophezeiungen, was James alles passieren könne, wenn er zu hart arbeite.
    Dann kam Angelica an die Reihe. Angelica ist die Tochter von James. Das Baby. Ihre Enkelin. » Wo ist Angelica? Komm, bring sie rein. Ich habe solche Sehnsucht nach ihr.«
    Auf der Decke wurde ein angelicagroßer Platz freigeschoben. Sie wurde aus dem Kinderwagen gehoben und mit dem Gesicht nach unten aufs Bett gelegt. Auch wenn es unnatürlich aussah, mit dem Gesicht nach unten gefiel es ihr am besten. Sie hatte es sich in dem Krankenhaus angewöhnt, in dem sie zur
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