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Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen
Autoren: Helen Hodgman
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zu spät, um zu fragen.
    Ollie und die Avonberaterin fanden allein nach draußen. Die Fliegengittertür fiel hinter ihnen ins Schloss. Unheimlich leise.
    *
    Ich blieb hinter den Jalousien. Manchmal schob ich zwei Plastiklamellen mit den Fingern auseinander und spähte hindurch.
    Ich beobachtete, wie sich meine Nachbarin um ihren Rasen kümmerte. Ich sah die Nachmittagskavalkade zum Strand ziehen. Ich notierte die verstreichenden Tage. James’ Mutter kam oft vorbei, um nach Angelica zu sehen. Manchmal nahm sie das Baby mit. Eines Nachmittags kam sie mit ein paar Keksen. Sie machte uns Tee. Ich musste mich zu einem Plauderstündchen mit ihr setzen. » Du weißt, dass ich mich nicht einmischen will, meine Liebe, aber hast du mal daran gedacht, zum Arzt zu gehen? Ich mache mir solche Sorgen um dich. Und der arme James auch, das weiß ich, auch wenn er mir gegenüber natürlich niemals etwas sagen würde. Aber ich merke es ihm an.«
    » Ich war beim Arzt. Ist aber schon lange her. Er hat mir Tabletten verschrieben.«
    » Oh, das ist gut. Ich bin froh, dass du so vernünftig bist. Und, tun sie dir gut?«
    » Das weiß ich noch nicht. Ich war noch nicht in der Apotheke, um sie abzuholen.«
    » Aber warum denn nicht, du dummes Ding?« Sie lächelte gütig. » Komm, gib mir das Rezept, jetzt sofort. Ich gehe gleich los und hole sie. Wenn ich das gewusst hätte! Du weißt doch, du hättest mich nur fragen müssen. Ich hätte sie gerne für dich abgeholt.«
    Ich holte das Rezept aus dem Krug. Darunter sah ich den Stein. Ich strich das zerknüllte Papier glatt und reichte es meiner Schwiegermutter. Sie zog los zur Apotheke.
    Ich brachte das Teegeschirr in die Küche und spülte es ab. Ich ging zurück und holte den Krug vom Kaminsims. Die Waffe fiel mir in die Hand. Sie wirkte vertraut. Ich kannte ihre Form, spürte die scharfen Kanten. An der Schnittseite war immer noch grüne Farbe zu sehen. Ich steckte sie in die Hosentasche.
    James Mutter kam mit den Tabletten und einem Beißring für Angelica zurück. Sie habe nicht widerstehen können, erklärte sie, heutzutage würden sie so hübsche und nützliche Dinge für Babys machen. Sie holte ein Glas Wasser und sah mir genau dabei zu, wie ich eine Tablette schluckte.
    » Vergiss nur nicht, sie regelmäßig zu nehmen«, wies sie mich an. » Wenn man sich nicht an die Anweisungen hält, funktionieren diese Dinger nicht. Dreimal täglich, heißt es auf der Flasche.«
    Ich sah ihr nach, als sie wegfuhr. Ich lachte, winkte und warf ihr Kusshände hinterher. Zurück im Haus, stellte ich mich vor Angelica und blickte sie an. Sie lag bewegungslos auf der bunten Decke in ihrem Hummerkorb-Laufställchen. Ich schloss die Finger fest um meinen Stein, so fest, wie ich aushalten konnte. Ich hatte ihn jetzt immer dabei. Das Fläschchen steckte ich in den Krug.
    Dreimal täglich kippte ich es heraus und schluckte eine kleine blaue Pille. Sie machten den Körper ruhig und regungslos. Drinnen rasten die Gedanken und suchten nach dem Ausgang. Dann beruhigten auch sie sich, wurden langsamer und zogen sich weit zurück. Die vielen Einzelstränge liefen zusammen und verbanden sich zu einer stillen, ruhigen Stimme dicht unter meiner Schädeldecke. Ich schlief zusammen mit James ein und wachte erst am anderen Morgen wieder auf.
    » So eine Überraschung«, sagte James am ersten Tag, als er wach wurde und ich noch neben ihm lag. Er stand sofort auf und machte mir Frühstück. Er ließ mich als Erste die Zeitung lesen und pfiff vor sich hin, während er sich für die Arbeit fertig machte.
    Tag für Tag lag ich im Bett und sah ihm beim Anziehen zu. Hinter meinen Augenlidern ein Film in Technicolor: Die sieben Zwerge marschierten pfeifend zur Arbeit. Als ich eines Morgens kichernd zusah, wie Schneewittchen ihnen nachwinkte, beugte sich James übers Bett.
    » Ich seh dir in die Augen, Kleines«, murmelte er und küsste mich zum Abschied. » Ich komme heute Abend früh heim. Allmählich schaffe ich es, mich besser zu organisieren. Lerne, keine Zeit zu vergeuden.« Auf Zehenspitzen schlich er davon, um Angelica nicht zu wecken. Ich träumte weiter.
    *
    Es war sehr heiß und schon fast Mittag. Angelica quengelte vernachlässigt in ihrem stickigen Zimmer. Ich hatte das Gefühl, dass sie alle Luft im Haus verbraucht hatte. Ich musste raus. Ich wollte den Strand in der Leere der glühenden Mittagshitze sehen.
    Meine Nachbarin war nicht im Vorgarten. Ich war schon fast an ihrem Haus vorbei, als ich ihre Stimme
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