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Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen
Autoren: Helen Hodgman
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Welt kam. Dort werden sie von Geburt an darauf programmiert. » So können die Winde abgehen, und für das Baby ist es bequem«, hieß es. Nicht nur das: Gerade brachte es auch ihr Plastikhöschen sehr vorteilhaft zur Geltung. Es hatte eine extravagante Rosette aus Plastikrüschen in verschiedenen Pastelltönen. Ich hatte es am Vortag im Babyregal unserer Drogerie entdeckt und gekauft.
    Selbstzufrieden wartete ich auf begeisterte Reaktionen.
    » Ach, wie süß. Ach, ist die niedlich. Du kümmerst dich wirklich gut um sie, Liebes, das muss ich sagen.«
    Mir schwanten all die schrecklichen Dinge, die sie nicht sagte. Wir haben beide ein Problem damit, wie wir uns anreden sollen. Sie hat sich für » Meine Liebe« oder » Liebes« entschieden. Ich habe mich für nichts entschieden.
    » Geh doch und mach dir einen Kaffee, wenn du magst. In der Dose müssten auch noch ein paar Kekse sein.«
    Ich ging. Mir blieb noch eine Viertelstunde, bis der Bus am oberen Ende der Straße vorbeifahren würde, und ich war am Verhungern. Mit dem fertigen Kaffee und der Keksdose unterm Arm kam ich ins Schlafzimmer zurück.
    » Hast du keinen Teller gefunden, Liebes? Du hättest dich nur umsehen müssen.«
    Die Zeit wurde knapp. Der Rest unserer Unterhaltung war ein wenig undeutlich, weil ich den Mund voller Keks hatte. Ich bekam ihn auch mit Kaffee nicht runter, er klebte immer wieder fest.
    » Du solltest gehen, sonst verpasst du noch den Bus. Ich will nicht, dass du ihn wegen mir verpasst.«
    » Auf Wiedersehen.«
    Ich küsste sie auf die Wange, wie sie es von mir erwartete, und streichelte dem Baby über die Plastikrosette.
    » Ich versuche, pünktlich zu sein.«
    » Keine Sorge, Liebes. Du weißt doch, wie gern ich sie ganz für mich allein habe. Nun lauf schon, und mach dir einen schönen Tag.«
    Ich lief, und zwar schnell. Mein linker Sandalenriemen gab nach und riss, während ich die Straße entlang zur Hauptstraße rannte. Gerade noch rechtzeitig: Ich sah den Bus in hohem Tempo näher kommen. Er hielt an, die pneumatischen Türen schwangen auf. Ich stieg die Stufen hoch, bezahlte beim Fahrer und ließ mich in den nächsten Sitz fallen. Dann kurbelte ich das Fenster herunter und warf die andere Sandale raus. Barfuß und frei. Donnerstags konnte man gar nicht dick genug auftragen.
    *
    In der Stadt stieg ich in einen anderen Bus um, einen eckigen und langsamen, der aufs Land hinausfuhr. Frühmorgens brach er mit Postsäcken und Hühnerkäfigen beladen zu einer Tour durch die umliegenden Buschlanddörfer auf, spätabends kehrte er wieder zurück. Der Fahrer war jung und schmierig. Ich hielt ihn für einen Engländer. Die Haare hatte er zu einer wunderbar öligen Schmalzlocke frisiert. Sicher hinterließ sie grässliche Flecken auf seinem Kissen und überall, wo er den Kopf hinlegte. Er trug einen lila Anzug und blaue Wildlederschuhe. Auf dem Armaturenbrett hatte er ein japanisches Transistorradio stehen, das bei jedem Straßenloch gegen die Frontscheibe schlug. Es hielt nie genau die Frequenz und hatte ein angenehm verschwommenes Grundrauschen, das ab und zu von einem lauten Knistern unterbrochen wurde. Der Bus hatte Atmosphäre. Zu der trug an diesem Tag noch eine weibliche Rasenbowling-Mannschaft bei, die zu einem Wettkampf draußen auf dem Land fuhr. Die Damen saßen paarweise nebeneinander und okkupierten die eine Seite des Busses. Witze und Eiersandwiches machten die Runde. Ihre gestärkten weißen Kleider und einheitlichen Kappen gaben ein ganz eigenes Knistern von sich. Die Clubabzeichen aus bunter Emaille blinkten und blitzten siegessicher in der Sonne; die strammen braunen Waden steckten in sterilen weißen Socken. In Kontrast zu so viel klinischer Reinheit wirkte der Fahrer noch schmutziger als sonst. Hinten im Bus lagen Berge von Zeitungen und geschnittene Weißbrotlaibe in rot-weißem Wachspapier.
    Es ging los. Quietschend setzte sich der überladene Bus in Bewegung und kroch durch die Vororte, bis ein dünner Strom von Holzhäusern allmählich in einem Becken aus rostenden Autokarosserien, verrottenden Matratzen und ramponierten Bierdosen versiegte. Die Telegrafenmasten gingen weiter. In straffer gerader Linie zogen sie aus dem Chaos der Stadt, marschierten ohne Rücksicht auf Geografie und natürliche Grenzen von Horizont zu Horizont und spielten Streiche mit der Perspektive.
    Die Damenmannschaft stieg als Erstes aus. Sie verließ den Bus kurz hinterm Flughafen und verschwand in einem kleinen Holz-Clubhaus am
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