Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen
Autoren: Helen Hodgman
Vom Netzwerk:
Küche versteckt. Jonathan meinte, er würde die Polizei rufen, wenn sie nicht bald verschwänden. In der Zwischenzeit warteten wir und vertilgten alles, was nicht mehr bis Montag halten würde.
    » Weißt du, Schätzchen, ich hab einfach eine Scheißangst vor Menschen. Besonders, wenn sie sich in Gruppen zusammenrotten. Geht es dir nicht auch so?«
    Ich sagte nicht Nein. Offenbar hatte ihn die Meute aufgekratzter Athleten, die fest daran glaubten, dass Jonathan schwul war, was sie ihm mittels einer Tracht Prügel austreiben wollten, aus dem Gleichgewicht gebracht.
    » Ich meine nicht nur die Bande da oben«, fuhr er fort. » Die sind ein viel zu offensichtlicher Teil des Problems. Richtig Angst machen mir die Leute in den sogenannten besseren Vorstädten. Die Golfspieler, die dafür sorgen, dass andere nicht in ihren Club aufgenommen werden, weil in dieser sogenannten klassenlosen Gesellschaft jeder auf seinem Platz bleiben soll. Diese Anhänger des großen Gotts der Pfeffermühle, die sich über alles Ungewöhnliche kaputtlachen und vor allem Angst haben, das neu und anders ist. Das ist jetzt nicht besonders gut ausgedrückt. Macht nichts. Vergiss es. Ist einfach nur dummes Zeug.«
    So dumm war es gar nicht. Ich musste an die Frauen am Strand denken. Ja, mir ging es genauso. Vielleicht hatte ich Angst vor ihnen – aber Angst war wenigstens besser als Arroganz. Als ich wegen meiner Schwangerschaft in voreiliger Panik die Arbeit bei Jonathan kündigte, vereinbarten wir, Freunde zu bleiben. Dienstag schien ein guter Tag dafür zu sein. Dienstags wollte ich in die Stadt kommen und mich mit ihm treffen.
    Normalerweise aßen wir an einem Ecktisch in Küchennähe zu Mittag, damit er in Stoßzeiten problemlos einspringen und mit herumwirbeln konnte. Das Mittagessen war immer anregend, und immer trank ich reichlich und redete zu viel. Er hörte selten zu.
    Später, nachdem er zugemacht hatte, ging ich mit ihm in seine Wohnung. Während er schlief, um sich für den nächtlichen Rummel zu rüsten, streifte ich durch die Zimmer, hörte seine Platten und Tonbänder und saugte die Atmosphäre auf. Er war der erste Mensch, den ich kannte, der einen Kopfhörer besaß, obwohl er ihn eigentlich gar nicht brauchte, weil sich seine Wohnung über einem Lagergebäude befand.
    *
    Das rosagraue Vinylradio mit den goldenen Drehknöpfen, das meine Eltern mir zum siebzehnten Geburtstag geschenkt hatten, war für mich uninteressant geworden. Ich brachte es in die Garage zu den anderen ungeliebten Sachen. Die Garage füllte sich mit immer mehr Müll: Als Erstes waren die Hochzeitsgeschenke dort gelandet, auf denen sich dann alte Zeitungen, Zeitschriften und unanständige, aus dem Ausland eingeschmuggelte Heftchen stapelten. Kaputtes, das vielleicht noch zu reparieren war. Unmengen von ganz normalem Müll, den ich nicht herausstellte, weil ich mich vor unseren zornigen Müllmännern, die widerwillig einmal die Woche gegen zwei Uhr nachts im Kriechtempo vorbeigefahren kamen, schämte. Sie akzeptierten keinen Müll in Kisten, sondern nur zwei sauber desodorierte Plastikmülleimer pro Haushalt. Entnervt fragte ich mich, was andere mit ihrem überschüssigen Müll anstellten. Ein Großteil wanderte sicher in die Gärten, auf Komposthaufen und in Verbrennungsöfen, doch beide Möglichkeiten waren mir nicht ganz geheuer, sie wirkten irgendwie gefährlich. Also entsorgte ich den peinlichen Abfall in der Garage. Nach einer Weile gab ich es auf, ihn in Kartons zu packen. Ich machte nur noch die Tür einen Spalt weit auf, gerade weit genug, dass mein Arm durchpasste, und schleuderte die alten Konservendosen und Flaschen so weit wie möglich hinein.
    Nachdem ich es einige Monate so gemacht hatte, stellte ich entsetzt fest, dass die Doppeltür der Garage sich nach außen zu wölben begann. Aus Angst, überführt zu werden, stapelte ich Ziegelsteine vor die Tür und versuchte den Müll einfach zu vergessen. An heißen Tagen glaubte ich einen schwachen, ekelerregenden Geruch wahrzunehmen. Außerdem kamen alle Hunde der Gegend vorbei und schnupperten wollüstig winselnd an den Türen. Ich wurde nervös und stellte mir die Keime und Ratten vor, die dort draußen gediehen und bald in wuselnden Kolonnen herausströmen würden, um über sonnengebräunte Babys in Kinderwägen herzufallen.
    In den Gelben Seiten fand ich eine Entrümpelungsfirma. Sie versprachen vorbeizukommen und sich meines Problems anzunehmen, obwohl ich kein Gewerbe betrieb – vielmehr war ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher